Hamburg. Protest in Hamburg: Nach Abbruch zogen Teilnehmende auch zum Rathausmarkt. Mittlerweile hat sich Demo aufgelöst. Infos im Blog.

„Hamburg steht auf“ lautete der Slogan für die für heute angesetzte Demonstration am Jungfernstieg in Hamburg. Der Protest richtete sich gegen Rechtsextremismus und die AfD.

Die hatte am Donnerstag mit einer für Freitag anberaumten Fraktionssitzung im Rathaus noch für einen kurzfristigen Wechsel beim Veranstaltungsort gesorgt.

Beginn der Demonstration war 15.30 Uhr. Die Polizei rechnete mit 10.000 Teilnehmenden. Der Erste Bürgermeister von Hamburg, Peter Tschentscher war als einer der Redner vor Ort. Laut Abendblatt-Informationen sollten auch Ehrenbürger Michal Otto und Otto-CEO Alexander Birken an der Veranstaltung teilnehmen. Vorab unterstützten auch bekannte Gesichter wie Udo Lindenberg oder FC-St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich den Protestaufruf.

Alle Informationen darüber finden Sie im Blog.

Hamburg-Demo gegen rechts: AfD wirft Tschentscher „Hetzrede“ vor

Nach der Großdemonstration gegen Rechtsextremismus hat die AfD-Bürgerschaftsfraktion schwere Vorwürfe gegen Peter Tschentscher erhoben. Hamburgs Bürgermeister habe als „geistiger Brandstifter“ agiert und damit die Sicherheit des Parlaments und der Abgeordneten gefährdet, hieß es in einer Pressemitteilung am Freitagabend.

„Peter Tschentscher hat heute den demokratischen Grundkonsens verlassen“, wird der parlamentarische Geschäftsführer Krzysztof Walczak zitiert: „In seiner Hetzrede auf dem Jungfernstieg insinuierte er erneut wahrheitswidrig, dass die AfD Deportationspläne hege. Auch verbreitete er erneut die durch nichts belegte Lüge, solche seien auf dem Potsdamer Treffen besprochen worden.“ Damit habe Tschentscher dafür gesorgt, dass „Linksextremisten“ die Bannmeile des Rathauses durchbrochen hätten.

Nach Abbruch der Demonstration waren Hunderte vom Jungfernstieg zum Rathausmarkt weitergezogen und hatten Parolen gegen die AfD skandiert. Die Rechtsaußen-Fraktion hatte am Vortag kurzfristig für Freitag eine Sitzung angesetzt und so dafür gesorgt, dass die Demonstration auf den Jungfernstieg verlegt werden musste.

Nach Demo in Hamburg: Veranstalter melden sich zu Wort

In einer Pressemitteilungen bedanken sich die Initiatoren der Veranstaltung anschließend: „Wir danken allen, die dazu beigetragen haben, diese Kundgebung zu einem so kraftvollen Signal zu machen, und ermutigen die Hamburgerinnen und Hamburger, weiterhin zusammenzustehen und für die Werte einzutreten, die das Fundament einer solidarischen und weltoffenen Stadt bilden.“

Auch Jennifer Jasberg, Vorsitzende der Grünen Fraktion Hamburg, äußert sich: „Die gesellschaftliche Protestbewegung der letzten Tage macht Mut. [...] Die kämpferische Stimmung auf dem Jungfernstieg hat mich beeindruckt, das zahlreiche Erscheinen der Menschen sehr gefreut. Ich danke den Hamburgerinnen und Hamburgern für dieses entschlossene Zeichen gegen Rechtsextremismus.“

Protest am Hamburger Rathausmarkt endet friedlich

Gegen 18.30 Uhr hat sich die Menschenansammlung am Rathausmarkt weitgehend aufgelöst, wie ein Sprecher der Polizei bestätigt. Bisher sei alles friedlich verlaufen.

Angaben dazu, wann genau die Bannmeile vor dem Rathaus aufgehoben wurde, konnte er keine machen. Man hatte die Absperrungen geöffnet, um die großen Menschenmassen zu bewerkstelligen.

Menschen strömen auf Rathausmarkt: Pyrotechnik gezündet

Nach dem Demo-Abbruch sammeln die Menschen vor dem Rathausmarkt.
Nach dem Demo-Abbruch sammeln die Menschen vor dem Rathausmarkt. © Louisa Eberhard

Hunderte Menschen haben sich nach Abbruch der Demo hier mit Flaggen und Plakaten eingefunden. Es ertönen Sprechchöre mit: „Nazis raus, Nazis raus“. Es wurde Pyrotechnik gezündet.

Demonstranten auf dem Rathausmarkt rufen:
Demonstranten auf dem Rathausmarkt rufen: "Ganz Hamburg hasst die AfD"

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    Auch Keno-Julien und sein Kumpel Daniel haben sich nach Abbruch der Demo am Jungfernstieg gemeinsam mit vielen anderen Demonstranten auf den Weg zum Rathausmarkt gemacht, dort stehen sie nun und rufen gemeinsam „Alle zusammen gegen den Faschismus“.

    Der Protest hört auch auf dem Hamburger Rathausmarkt nicht auf.
    Der Protest hört auch auf dem Hamburger Rathausmarkt nicht auf. © Michael Rauhe

    Dafür, dass die Demo vorzeitig beendet wurde, haben die beiden Hamburger Verständnis. „Es geht darum, dass es allen Menschen, die gekommen sind, gut geht. Natürlich ist es schade, dass so viele Leute extra da waren und wir dann vorzeitig weg mussten, aber trotzdem haben wir ein Zeichen gesetzt, dass die Ideologie und der Populismus der AfD nicht zeitgemäß ist und noch nie war“, sagt der 23-jährige Keno-Julien Stieldorf, der als Videograf und Fotograf selbstständig ist.

    „Die Sicherheit muss gewährleistet sein“, da sind sich die beiden einig. Und: „Es ist doch ein gutes Zeichen, dass so viele Leute gekommen sind – mehr als erwartet. Das zeigt einfach, dass wir mehr sind“, findet der 24-jährige Daniel.

    Polizei sagt Demo ab: 50.000 Menschen in der Innenstadt

    Nachdem der Veranstalter der Demonstration auf der Bühne bereits eine Durchsage gemacht hatte, bestätigt die Polizei Hamburg gegen 16.45 Uhr, dass die Demo aus Sicherheitsgründen abgebrochen wird.

    Rund 50.000 Menschen kamen dem Aufruf zur Demo
    Rund 50.000 Menschen kamen dem Aufruf zur Demo "Hamburg steht auf" nach und versammelten sich am Jungfernstieg und in der City. © Marcelo Hernandez / Funke Foto Services

    Laut Polizei sollen mittlerweile 50.000 Menschen vor Ort sein. Man habe auch die Sorge, „dass Menschen in die Alster stürzen könnten.“ Vom Veranstalter heißt es: „Bitte verlassen sie den Platz, aber vorsichtig.“

    Auftritt abgesagt: Thalia-Intendant freut sich trotzdem

    Thalia-Intendant Joachim Lux sollte eigentlich als Redner auftreten, sein Beitrag wurde wegen des Andrangs kurzfristig abgesagt. Trotzdem zeigte er sich mehr als zufrieden von dem Ergebnis: „Als einer derjenigen, der von Anfang an bei der Mobilisierung zu der Demonstration dabei war, bin ich stolz in Hamburg zu leben. Statt der von uns zu Anfang erwarteten 2000 Demonstranten waren mindestens 50.000 da – welch ein unglaublicher Erfolg der bürgerlichen Mitte!“

    Demonstranten vor dem Alsterhaus rufen:
    Demonstranten vor dem Alsterhaus rufen: "Nazis raus"

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      Es sei ein „Wermutstropfen, dass die Veranstaltung wegen Überfüllung abgebrochen“ werden musste. Die Botschaft sei dennoch deutlich: „Die Kultur in Hamburg steht für Weltoffenheit und Freiheit, für Demokratie, für den Schutz von Minderheiten und für die Vielfalt unserer Gesellschaft. All unsere Häuser werden diese Werte verteidigen. Darauf kann man sich verlassen. Denn wir haben etwas zu verlieren, und wir haben etwas zu verteidigen!„ Die Demonstration bezeichnete er als Erfolg, dennoch sei das „nur ein erster Schritt“: „Wir müssen auch selbstkritisch sein. Wenn Politiker opportunistisch Positionen der AfD übernehmen oder sich von Rechtsradikalen erpressen lassen, stärken sie die AfD anstatt sie zu schwächen.“

      Peter Tschentscher und Patrick Esume als Sprecher vor Ort

      Als Tschentscher seinen Platz am Rednerpult betritt, muss er sich kurz gedulden, bis er mit seiner Rede beginnen kann. „Nazis raus, Nazis raus“, ruft die Menge noch sekundenlang und wartet dann darauf, was Hamburgs Bürgermeister zu sagen hat.

      Bürgermeister Peter Tschentscher spricht bei der Demo
      Bürgermeister Peter Tschentscher spricht bei der Demo "Hamburg steht auf"

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        Auch Patrick Esume, Commissioner European League of Football, spricht vor der Menschenmenge: „Als ich angefragt wurde, zu sprechen, habe ich mich schwergetan. Ich glaube, ganz viele da draußen tun sich sehr schwer, die Courage aufzubringen und den Mund aufzumachen. Meine ultimative Motivation war: Ich habe zwei kleine Kinder. Wenn die mich in zehn Jahren fragen: 'Was hast du damals gemacht? Du hattest ne Stimme in den Medien' und ich sag 'gar nichts', würde ich mich zu Tode schämen. Deshalb bin ich hier und sehr stolz darauf, dass ihr hier seid.“

        Peter Tschentscher mit prominenten Unterstützern, darunter auch Patrick Esume (l.) vor der Bühne zur Demo
        Peter Tschentscher mit prominenten Unterstützern, darunter auch Patrick Esume (l.) vor der Bühne zur Demo "Hamburg steht auf". © Marcelo Hernandez / Funke Foto Services

        Polizei Hamburg schätzt Lage bei Demo weiterhin ruhig ein

        Die Aufrufe der letzten Tage haben Wirkung gezeigt: Die Polizei schätzt, dass derzeit mindestens 35.000 Menschen anwesend sind, und zwar in der gesamten Innenstadt. Mittlerweile stehen die Menschen trotz Bannmeile vor dem Rathaus. „Ganz Hamburg hasst die AfD“, skandieren Hunderte.

        Demonstrierende auf den Hamburger Rathausmarkt gezogen.
        Demonstrierende auf den Hamburger Rathausmarkt gezogen. © Friederike Ulrich

        Von einem Polizeisprecher heißt es: „Aktuell ist alles ruhig, aber wir treffen natürlich Maßnahmen, damit nicht noch weitere Personen direkt auf den Jungfernstieg gehen. Es sollen keine Menschenmassen von innen nachschieben“, so ein Sprecher. Deshalb bedienen die U-Bahnen derzeit auch nicht alle Stationen – am Jungfernstieg fahren sie durch.

        Feuerwehr Hamburg äußert sich zu Demo-Einsätzen

        Auf der Bühne immer wieder Thema: Kollaps-Fälle unter den Teilnehmenden. Ein Pressesprecher der Feuerwehr Hamburg bestätigt Einsätze zu Bewusstlosigkeiten, Schürfwunden und anderen Blessuren, die eine Großveranstaltung mitsich bringen kann.

        Die Feuerwehr sei dabei, linksseitig Ecke Mönckebergstraße/ Rathausmarkt, einen Sanitätsplatz einzurichten.

        Demo am Jungfernstieg: Menschen flüchten in Haspa-Filiale

        Der Jungfernstieg füllt sich rapide. Es ist dermaßen eng, dass sich einige schon in die Haspa-Filiale am Jungfernstieg geflüchtet haben. Gegenüber einer Abendblatt-Reporterin äußerten Betroffene Panik. Mitarbeiter stehen vor Ort mit Kaffee für Demonstranten bereit, denen es zu kalt wird.

        Ein Demonstrant ist mit selbstgebasteltem Plakat zur Protestveranstaltung auf dem Jungfernstieg erschienen.
        Ein Demonstrant ist mit selbstgebasteltem Plakat zur Protestveranstaltung auf dem Jungfernstieg erschienen. "Liebe Digga, Liebe!" lautet seine Botschaft gegen Rechtsextremismus. © Genevieve Wood

        Schon 40 Minuten vor Beginn der Demo steht Wiebke Koplin vor der Bühne und schaut sich interessiert nach den hinteren Reihen rum. „Da stehen schon wirklich viele Leute“, bemerkt die Hamburgerin erfreut, „ich bin heute hier, um zu zeigen, dass wir viele Menschen sind, die sich gegen rechte Gesinnungen engagieren. Niemand braucht Rassismus – und die AfD!“ Viele Menschen wüssten gar nicht, was sie da eigentlich wählen, so Koplin.

        Auch Felix Klein besucht die Demo in der Innenstadt mit dabei: Mutter Annegrit. „Wir sind heute hier, weil unsere Verfassung angegriffen wird. Es sollte uns wirklich Sorgen machen, dass wir langsam von Rechtsradikalen unterwandert werden“, sagt der Hamburger eindringlich. Mutter Annegrit fügt hinzu: „Es macht mir große Angst, was hier passiert“.

        Starke Botschaften bei der Demo gegen Rechtsextremismus am Jungfernstieg in Hamburg.
        Starke Botschaften bei der Demo gegen Rechtsextremismus am Jungfernstieg in Hamburg. © Anna Schlichting

        Ebenfalls mit dabei: Die Omas gegen rechts. „Wir erhoffen uns, ein paar Leute zu gewinnen, mit uns gegen diese Strömung zu sein. Es gibt einige Protestwähler, vielleicht können wir hier zeigen, dass es kein guter Protest ist, sich den Rechten an den Hals zu schmeißen“, sagt Christiane Rumpf-Seehafer, die ihr Plakat mit „Omas gegen Rechts“ in der Hand hält.

        Für musikalische Unterhaltung sorgt Stefan Gwildis. Unter Jubel bezieht er Stellung gegen „den braunen Mist“ und singt dann einen Song, der perfekt zum Anlass passt, der die Vielfalt und das Miteinander beschwört: „Bunt!“ mit Zeilen wie „Mögen die Farben unserer Haut auch unterschiedlich sein, so fließt durch uns doch der selbe rote Saft“ und „Diese Welt wurde doch nicht in Schwarz und Weiß gemalt, sie besteht doch nicht aus Nullen und Einsen“. Auch in den überfüllten Alster Arkaden wird kräftig mitgewippt.

        Großer Andrang im Nahverkehr erschwert Anreise zur Demo

        Kurz vor Demo-Start erreichten Nachrichten über eine Störung in der HVV-App die Abendblatt-Redaktion. Die Rede war von Wartungsarbeiten, durch die der Ticketkauf in der App nicht möglich ist.

        Auf Anfrage heißt es von der Hochbahn-Pressesprecherin Constanze Salgues Hintergrund sei ein technischer Fehler beim Dienstleister der Hochbahn gewesen. Überlastungen durch erhöhte Nachfrage seien auszuschließen. Die Störung sei mittlerweile aufgehoben.

        Währenddessen erschwert der große Andrang an den S- und U-Bahnen Teilnehmenden die Anfahrt. Nach Abendblatt-Informationen sind die Bahnen (U1, U3, U5) in Richtung City stark überfüllt. Fahrgäste wurden bereits darüber aufgeklärt, dass alle U-Bahnen mindestens zehn Minuten Verspätung haben. Hochbahn-Sprecherin Constanze Salgues sagt dazu: „Wir fahren im vollen Takt.“ Man befördere die Fahrgäste schnellstmöglich.

        AfD-Fraktionssitzung: Tschentscher und Veit eingeladen

        Nachdem die AfD für Freitag eine Fraktionssitzung anberaumt hatte, und damit kurzfristig der Austragungsort für die geplanten Proteste verschoben werden musste, äußerte sich wenige Stunden vor der Demonstration Fraktionsvizechef Dr. Alexander Wolf in einer Pressemitteilung.

        Einsatzkräfte der Hamburger Polizei haben mit Absperrmaßnahmen am Rathausmarkt begonnen. Im Rathaus findet am Freitag eine Fraktionssitzung der AfD statt – die geplante Demo gegen Rechtsextremismus musste an den Jungfernstieg verlegt werden.
        Einsatzkräfte der Hamburger Polizei haben mit Absperrmaßnahmen am Rathausmarkt begonnen. Im Rathaus findet am Freitag eine Fraktionssitzung der AfD statt – die geplante Demo gegen Rechtsextremismus musste an den Jungfernstieg verlegt werden. © Michael Rauhe/ Funke Foto Services

        Die Partei erlebe „eine Hass- und Hetzkampagne sondergleichen“. Heute wolle man „aus erster Hand“ informieren. Wolf bezieht sich dabei auf die vorangegangene Berichterstattung des Recherchezentrums Correctiv. Für die Sitzung habe man den Juristen Dr. Vosgerau eingeladen, um ihm „kritische Fragen“ zu stellen. Außerdem hatte man den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit eingeladen, um „sich ebenfalls aus erster Hand zu informieren“.

        Demo in Hamburg: Fridays for Future kündigen neuen Protest an

        Noch bevor die Demonstration am Jungfernstieg gestartet ist, hat ein breites Bündins unter der Federführung von Fridays for Future eine weitere Demonstration für nächste Woche Sonntag angekündigt.

        Am 28. Januar soll ab 14 Uhr erneut gegen die AfD und Rechtsextremismus protestiert werden. Annika Rittmann, Sprecherin von Fridays for Future, sagt hierzu in einer Pressemitteilung: „Wir können nicht darauf warten, dass Andere unsere Werte und Vielfalt vor den Rechten verteidigen. Wir müssen es selbst tun. Nächsten Sonntag wollen wir daher das nächste klare Zeichen gegen rechts in Hamburg setzen und uns mit Tausenden schützend vor unsere Demokratie stellen.“

        Demo in Hamburg: Alle Hintergründe im Überblick

        Was ist der Grund für den Protest? Wer wird bei der Kundgebung sprechen? Wie komme ich zur Demo? Das Abendblatt hat alle wichtigen Fragen rund um die Demonstration am Jungfernstieg in Hamburg geklärt.