Hamburg. Angriff in Schnellrestaurant: 37-Jähriger musste sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Wie nun das Gericht entschied.
Nach dem Angriff rappelte er sich langsam auf. Die Wucht der Attacke hatte er sehr wohl gespürt. Doch erst als Jochen T. (alle Namen geändert) sah, wie sich sein T-Shirt rot von Blut färbte, wurde dem 42-Jährigen klar, dass er mit einem Messer verletzt worden war. Der Täter war ein Angestellter, der wie Jochen T. auch in einem Schnellrestaurant arbeitete. Der Mitarbeiter Mohammed R. hatte den Chef attackiert und schwer verletzt.
Am Dienstag nun erging das Urteil in dem Fall, der in einem Prozess vor dem Amtsgericht Hamburg verhandelt wurde: Mohammed R. erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Schmerzensgeldforderung von 1500 Euro des Opfers erkannte der Angeklagte an. Mit dem Urteil folgte das Gericht den Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Die Verteidigung hatte auf eine Geldstrafe unter 90 Tagessätzen plädiert.
Prozess Hamburg: Angeklagter sagte, er habe Chef bloß „Angst machen“ wollen
Die Anklage hatte dem 37 Jahre alten Mohammed R. vorgeworfen, seinem Chef am 13. Februar vergangenen Jahres mit einem Teppichmesser mehrere Stichverletzungen zugefügt zu haben. Die Attacke erfolgte demnach in einem Büro des Chefs, nur wenige Meter vom eigentlichen Restaurantbereich entfernt. Beim Verlassen des Lokals soll der Mitarbeiter seinem Vorgesetzten angekündigt haben, ihn beim nächsten Mal umbringen zu wollen.
Der Angeklagte hatte im Prozess eingeräumt, seinen damaligen Vorgesetzten angegriffen zu haben. Er sagte aber auch: „Ich wollte ihn nicht verletzen.“ Er habe seinem Chef „nur Angst machen wollen“. Er schilderte, dass die Attacke eine längere Vorgeschichte habe. So habe der Chef ihn über längere Zeit immer wieder mit Sticheleien geärgert. Diese hätten begonnen, nachdem Mohammed R. ein Verhältnis mit einer Kollegin angefangen habe.
Chef soll behauptet haben, dass sein Mitarbeiter Frauen stalke
Richtig massiv seien die boshaften Bemerkungen geworden, nachdem die Kollegin und der 37-Jährige sich wieder getrennt hatten und sie ihren Ex-Freund wenig später bei der Polizei anzeigte. Ihr Vorwurf: Mohammed R. sei ein Stalker. Obwohl ein entsprechendes Ermittlungsverfahren später eingestellt worden sei, hätten Kollegen schlecht über ihn geredet, so der Angeklagte. Insbesondere der Chef habe weiter behauptet, dass er Frauen stalke, hieß es in der Erklärung des Angeklagten. Später habe der Vorgesetzte sogar eine andere Kollegin gewarnt, man müsse sich vor Mohammed R. in Acht nehmen.
Dieses Verhalten, das er als Mobbing empfunden habe, habe er nicht mehr hinnehmen wollen, so der Angeklagte weiter. Deshalb habe er seinen Vorgesetzten in dessen Büro angesprochen und gesagt, „dass ich sofort kündige, wenn er weiter schlecht über mich spricht“. Dass er zu dem Zeitpunkt noch von der Arbeit ein Cuttermesser bei sich hatte, habe er erst verspätet wahrgenommen.
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Dann habe er gedacht, so der Angeklagte, „dass ich dem Boss damit Angst machen könnte, damit er merkt, dass man so nicht mit mir umgehen kann“. Als sein Chef aufgestanden sei, habe er einen Angriff befürchtet. „Ich schlug ihm mit Fäusten gegen die Brust. An das Messer in meiner Hand habe ich gar nicht mehr gedacht. Er fiel zu Boden. Dass er verletzt war, habe ich nicht gesehen.“ Im Prozess hatte er sich bei dem Opfer entschuldigt und gesagt, dass ihn die Tat „außerordentlich“ leidtue.
Opfer von Messerangriff ist in psychologischer Behandlung
Opfer Jochen T. hatte von dem Angriff vier Stichverletzungen davongetragen. Noch schlimmer seien aber die psychischen Folgen des damaligen Angriffs, hatte der 42-Jährige als Zeuge erzählt. Er sei in psychologischer Behandlung, könne schlechter schlafen. „Und ich gucke mich öfter um als vorher.“
In der Urteilsbegründung bezeichnete die Richterin die Tat als „eigentlich völlig wesensfremd“ für den Angeklagten. „Aber weil Sie sich schwer gekränkt fühlten, haben Sie in einer Kurzschlussreaktion so gehandelt und dem Geschädigten dadurch in einem nicht unerheblichen Maße Verletzungen zugefügt. Die Konsequenzen haben Sie jetzt zu tragen.“