Hamburg. Als im April eine Leiche gefunden wurde, sah es zunächst nicht nach einem Tötungsdelikt aus. Was die Angeklagten im Prozess sagen.

Der Tod spielte sich hinter verschlossenen Türen ab. Und er kam offenbar schleichend, für das ahnungslose Opfer aus dem Nichts. Der Mann hatte wohl keine Chance, sich zu wehren. Wurde er mit Methadon vergiftet? War es Mord? Als sich Martin R. (alle Namen geändert) und drei weitere Männer an jenem 13. April dieses Jahres verabredeten, sah es zunächst nach einem harmonischen und feucht-fröhlichen Treffen von vier Männern aus. Man setzte sich in einer Wohnung zusammen, trank Alkohol und konsumierte Drogen. Doch wenige Stunden später war ein 39-Jähriger tot.

Der Verdacht ist, dass dem Mann ohne dessen Wissen die Ersatzdroge Methadon in ein Getränk gemischt wurde, um ihn umzubringen. Jetzt müssen sich drei Männer im Alter von 26, 38 und 41 Jahren wegen des Vorfalls vom April in einem Prozess vor dem Schwurgericht Hamburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten unter anderem Mord und Raub mit Todesfolge vor. Sie sollen ihr Opfer unter anderem aus Habgier und heimtückisch getötet haben.

Prozess Hamburg: Angeklagte sollen die Tat gemeinsam geplant haben

Zum Prozessauftakt wollte sich keiner der drei Männer mit serbischer, deutscher und syrischer Staatsangehörigkeit zu der Anklage äußern. Zunächst sind 14 Verhandlungstage terminiert. Ein Urteil könnte demnach Anfang Mai gesprochen werden.

Die drei Angeklagten sitzen neben ihren Anwälten vor Prozessbeginn im Gerichtssaal.
Die drei Angeklagten sitzen neben ihren Anwälten vor Prozessbeginn im Gerichtssaal. © DPA Images | Jonas Walzberg

Den Ermittlungen zufolge trafen sich die vier Männer am 13. April dieses Jahres in der Wohnung eines der späteren Angeklagten, um Alkohol und Drogen zu konsumieren. Irgendwann in der Nacht sollen Ali A., Kanat P. sowie Milan S. (Namen geändert) aufgrund eines gemeinsamen Tatplans dem ahnungslosen Vierten in der Runde die Ersatzdroge Methadon in sein Getränk gemischt haben. Damit verfolgten sie den Ermittlungen zufolge das Ziel, ihr Opfer auszurauben. Der Mann habe mit einem Angriff nicht gerechnet und sei wehrlos gewesen, heißt es darüber hinaus in der Anklage. Verstorben ist der Mann demnach entweder noch in der Nacht oder am nächsten Vormittag an einer Überdosis Methadon.

Als das Opfer wehrlos war, wurden ihm Wertsachen geraubt

Nun sollen die Männer dem Opfer die Armbanduhr sowie Bargeld geraubt haben. Ferner tätigten sie laut Anklage auf seinen Namen diverse Bestellungen. Schließlich seien sie mit dem Schlüssel des Opfers in dessen Wohnung gelangt und hätten dort zahlreiche Wertgegenstände gestohlen. Die Rede ist unter anderem von einem iPad, einem Laptop sowie einem iPhone.

Entdeckt wurde der 39-Jährige erst nach einem anonymen Hinweis bei Polizei und Feuerwehr am 15. April, also mindestens einen Tag nach dem Versterben des Mannes. Die Polizei habe die Tür aufbrechen müssen, um in die verdächtige Wohnung zu gelangen, hieß es seinerzeit. Der Leichnam habe unter einer Decke gelegen.

Wurde das Opfer vergiftet? Obduktion brachte Hinweise auf Fremdverschulden

Zunächst hatte es nicht nach einem Verbrechen ausgesehen. Doch nach der Obduktion des Leichnams verdichteten sich die Hinweise, dass der Hamburger durch die heimliche Methadon-Vergabe heimtückisch getötet wurde. Die Mordkommission übernahm die Ermittlungen. Rund zwei Monate nach der Tat wurden die drei Verdächtigen festgenommen und sitzen seit dem 23. Juni in Untersuchungshaft.

Der Tod durch Methadon ist ein dramatisches Phänomen, das in Hamburg speziell durch den Fall der elfjährigen Chantal besondere und tragische Aufmerksamkeit erlangte. Chantal starb am 16. Januar 2012, nachdem sie in der Wohnung ihrer Pflegeeltern eine Tablette Methadon eingenommen hatte.

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Die Schülerin hatte geglaubt, bei der Tablette handele sich um ein Medikament gegen Übelkeit. Danach hatte das Mädchen über Stunden in seinem Bett dahingedämmert, war dann in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen und schließlich gestorben.

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Die Pflegeeltern, ein Paar mit jahrelanger Drogenerfahrung, wurden später in einem Prozess vor dem Landgericht wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen von acht beziehungsweise zwölf Monaten verurteilt. Laut Gericht hatten sie das als Ersatzdroge bekannte Methadon nicht sicher verwahrt, sodass Chantal ungehindert Zugang zu den gefährlichen Tabletten hatte.

Das Gericht ging davon aus, dass die Angeklagten den Tod des Mädchens nicht gewollt hätten, gleichwohl hätten sie ihn in sorgfaltswidriger Weise verursacht, sagte damals der Vorsitzende Richter. Durch ihre langjährige Erfahrung mit Drogen habe das Paar die Gefährlichkeit des Wirkstoffes Methadon gekannt. „Sie wussten, schon eine Tablette ist für ein Kind lebensbedrohlich.“

In dem Prozess, der jetzt vor dem Landgericht verhandelt wird, wird ebenfalls die Wirkung von Methadon eine Rolle spielen. Unter anderem werden Sachverständige gehört, darüber hinaus sind diverse Zeugen geladen.