Hamburg. Männer arbeiteten in hochprofessionellem Drogenring. Pro Woche sollen über zwei Kilo Drogen an Hamburger verkauft worden sein.

Frei Haus und mit Mengenrabatt: Bequem wie beim Online-Essenslieferservice konnten Hamburger noch im Jahr 2021 Kokain, Marihuana und Ecstasy bestellen – und zwar rund um die Uhr und sogar ins Hamburger Umland. Aufträge erreichten die Dealer per Whatsapp- oder Signal-Nachricht, Drogentaxis lieferten die Ware dann aus. Mindestens zwei Kilogramm Marihuana, 100 Ecstasy-Pillen und etwa 200 Gramm Kokain soll der Lieferservice wöchentlich unter Hamburger Konsumenten gebracht haben. Gegen zwei von ihnen hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des „gemeinschaftlichen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ erhoben.

Seit einer Razzia zum „Kokstaxikomplex“ im Juli 2021 beschäftigen sich verschiedene Kammern mit einer Vielzahl von Mittätern auf unterschiedlichen Ebenen. Zwei 28-jährige Beteiligte der illegalen Unternehmung bekamen am Freitag das Urteil für ihre Taten: Tobias T. und Alex A. (Namen von der Redaktion geändert), die bereits in Untersuchungshaft saßen, müssen jeweils für mehr als drei Jahre hinter Gittern, sofern das Urteil rechtskräftig wird.

Urteil für Hamburger „Kokstaxi“-Mittäter: mehr als drei Jahre Haft

Illegale Geschäfte so gut organisiert wie ein rechtschaffenes Unternehmen: Der Drogentaxi-Ring arbeitete unter anderem im Schichtsystem, die Beteiligten jobbten arbeitsteilig, nach strengen Regelungen und in ausgemachten Hierarchien zu festgesetzten Löhnen. Tobias T. und Alex A. etwa verdienten mit ihrer Tätigkeit als „Schreiber“ 1200 Euro in der Woche.

Als Scharnier zwischen Kunden und Drogentaxi-Fahrern vermittelten sie die Käufer in Chats an ihre Lieferanten. Unter den Decknamen „Flummi“ und „Jimmy“ nahmen sie Adressen auf und erstellten Interessenten individuelle Angebote. Für das Gericht ein strafschärfender Aspekt. Mehr noch als die Fahrer, die keinen direkten Kontakt zu den Kunden pflegten, seien die nunmehr Verurteilten entscheidend für den Erfolg des Netzwerks gewesen.

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„Flummi“ und „Jimmy“, die vor zwei Jahren 89 beziehungsweise 67 „Arbeitstage“ als Schreiber absolvierten, sind nun zu drei Jahren und neun Monaten beziehungsweise drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Bis zum Strafantritt bleiben sie allerdings auf freiem Fuß. Am Freitag setzte das Gericht ihre Haftbefehle außer Kraft. Beide müssen sich nun zweimal wöchentlich persönlich bei der Polizei melden und dürfen das Bundesgebiet nicht verlassen. Ein Grund zum Aufatmen für die beiden - so zumindest der Eindruck nach der Urteilsverkündung am Freitag.

Strafgericht Hamburg: „Kokstaxi“-Beteiligte zeigen sich reuig

Obwohl einer der beiden bereits eine Vorstrafe wegen Drogenbesitzes habe und der andere nach seinem „Job“ als Schreiber ebenfalls als Drogentaxi-Fahrer Marihuana per Fahrrad auslieferte, gab es nach Überzeugung des Gerichts auch einige gute Gründe, die Strafe zu mildern. Einerseits kommt den Verurteilten zugute, dass sie nach einer Flucht ins Ausland freiwillig wieder in die Bundesrepublik zurückgekehrt sind und sich selbst der Justiz stellten. Andererseits hätten die beiden den Prozess von Anfang an durch ihre Kompromissbereitschaft verkürzt und sich in der Untersuchungshaft tadellos verhalten.

Ihr glaubhaftes, reuebetontes und ausführliches Geständnis wertete die Kammer ebenfalls zu ihren Gunsten. Der Vorsitzende Richter wünschte den beiden 28-Jährigen am Ende der Urteilsverkündung einen „gedeihlichen weiteren Lebensweg und ein gutes Weihnachtsfest“.