Hamburg. Der Tag-und-Nacht-Rhythmus muss sich erst entwickeln. Was dabei wirklich hilft – und was man auf jeden Fall vermeiden sollte.
Schlaf – oder auch der Mangel desselben – beschäftigt Eltern im ersten Lebensjahr ihres Kindes wie kaum ein anderes Thema. Vor allem in den ersten Monaten scheint es fraglich, ob die Familie überhaupt einmal im Gleichschritt Tag und Nacht bestreiten kann. Das ist kein Wunder, wissen die beiden KinderärztinnenDr. Claudia Haupt und Dr. Charlotte Schulz vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen Hamburg. „Bei seiner Geburt hat ein Baby noch keinen Tag-Nacht-Rhythmus, weil es ja quasi aus der Dunkelheit kommt. Neugeborene haben einen Tag von 24 Stunden, der immer wieder von Schlaf unterbrochen wird.“ Und das kann Eltern, nun ja, schon mal verrückt machen.
Und viele von ihnen wollen wissen: Was ist normal? Diese Frage erleben die beiden Kinderärztinnen in ihrer Praxis immer wieder. Darauf haben sie eine Antwort, allerdings mit Einschränkungen.
Wie lange schlafen Babys? Neugeborenes schläft im Durchschnitt 17 von 24 Stunden
Kinder sind sehr unterschiedlich. „Ein Neugeborenes schläft im Durchschnitt 17 von 24 Stunden. Im Alter von drei Jahren sind es dann durchschnittlich rund 13 Stunden“, sagt Claudia Haupt. „Aber es ist wichtig für die Eltern zu wissen, dass die Varianz dessen, was normal ist, groß ist.“
Dann gibt es Kinder, die Powernaps machen, wenn sie zehn Minuten in der Karre oder im Auto wegnicken, und dann abends nicht zur Ruhe kommen. Und andere brauchen ihr Bettchen, um tagsüber schlafen zu können. Manche brauchen schon mit anderthalb Jahren keinen Mittagsschlaf mehr, andere schlafen noch mit vier Jahren tagsüber.
Babys schlafen legen – KinderDocs raten: „Sie brauchen Signale, dass jetzt Schlafenszeit ist“
Aber Kinder müssen häufig erst lernen, selbst in den Schlaf zu finden. „Sie brauchen Signale, dass es jetzt Schlafenszeit ist, möglichst klare Rituale“, sagt Charlotte Schulz. „Eltern sollten sich frühzeitig klarmachen, dass es wichtig ist, wenn Kinder ein bisschen Autonomie beim Einschlafen lernen.“ Da ist es schon ein Schritt, wenn das Baby vielleicht zum Gesang der Mutter einschlafen kann und nicht nur auf dem Arm oder an der Brust.
Wenn Kinder sechs Monate alt sind, können sie in der Regel acht bis elf Stunden ohne Nahrung problemlos überstehen – eine Voraussetzung dafür, durchschlafen zu können. Hat das Kind aber gelernt, nur auf dem Arm einzuschlafen, fällt es ihm schwer, wenn es nachts einmal wach wird, wieder selbst zurück in den Schlaf zu finden. Denn ohne, dass wir es merken, kommt es jede Nacht am Ende der REM-Schlafphase zu einem Fast-Erwachen. „Das ist etwa alle 90 Minuten der Fall. Und Kinder, die ausschließlich auf dem Arm der Eltern oder an der Brust einzuschlafen gelernt haben, werden dann automatisch wach und können sich nicht selbst regulieren.“
Selbständiges Einschlafen bei Kindern: Diese Tipps helfen Eltern
Deshalb ist es so wichtig, Kindern ab sechs Monate das selbstständige Einschlafen beizubringen. Dafür sind Rituale da – und es gibt, so wissen die Kinderärztinnen, gute Einschlafrituale und auch schlechte. Zu Letzteren etwa zählt, Kinder im Körbchen auf einer laufenden Waschmaschine in den Schlaf zu bringen, weil die so schön schuckelt, oder jede Nacht nach Lübeck und zurück zu fahren, weil das Kind im Auto am besten zur Ruhe findet.
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Zu den guten Voraussetzungen gehören hingegen erst mal viel Bewegung und frische Luft tagsüber. Dann abends die Aktivitäten herunterfahren, keine Medien am Bildschirm mehr schauen (das behindert die Melatonin-Ausschüttung!), ein Buch vorlesen oder zusammen ein Lied singen. „Wir müssen den Kindern klare, nicht allzu lange, aber sich immer wiederholende Signale geben, dass der Tag nun zu Ende geht und es Zeit ist, zu schlafen“, sagt Claudia Haupt.
Welche Rituale sich gut eignen, was von Schlaftrainingsprogrammen zu halten ist und warum das Bett nie als Strafe genutzt werden sollte, erzählen die KinderDocs im gleichnamigen Podcast.