Hamburg. Phänomen nimmt zu, sagen Hamburger Ärztinnen. Woran das liegt, was die KinderDocs Eltern raten, wann man zum Arzt gehen sollte.
Chronische Kopfschmerzen haben nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder – und das in zunehmendem Maße. Der Befund der Kinderärztinnen Dr. Claudia Haupt und Dr. Charlotte Schulz vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Hamburg ist besorgniserregend. „Dieses Phänomen nimmt zu, es ist nicht zuletzt auch durch die Corona-Pandemie und ihre Begleiterscheinungen verstärkt worden. Und obwohl wir die pandemischen Probleme nicht mehr haben, sind die Kinder – so scheint es – noch oft in diesem Krisenmodus und leiden weiterhin vermehrt unter Kopfschmerzen“, sagt Claudia Haupt, Landesvorsitzende des Berufsverbands und eine unserer KinderDocs.
Die Rede ist nicht von vereinzelten, akuten Kopfschmerzen, die zum Beispiel einen Infekt begleiten oder dadurch hervorgerufen werden, dass das Kind zu wenig getrunken hat. Von chronischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp sprechen die Mediziner bei Kindern, wenn der Schmerz über mehrere Monate an mehr als 15 Tagen im Monat über mehrere Stunden auftritt. „Wenn Ihr Kind zweimal im Monat oder häufiger über mehrere Stunden am Tag Kopfschmerzen hat, ist das ein Grund, den Kinderarzt aufzusuchen“, rät Charlotte Schulz. Betroffen sind Grundschulkinder und Jugendliche, aber es kommt auch bei Kita-Kindern vor.
Kopfschmerzen – ein Auslöser sind lange Bildschirmzeiten
Die Ärztinnen unterscheiden zwischen Spannungskopfschmerzen, die drückend im ganzen Kopf zu spüren sind. „Da hilft es vielen, wenn sie an die frische Luft gehen und sich bewegen“, sagt Claudia Haupt. Auf der anderen Seite steht die Migräne, meist ein einseitiger Kopfschmerz, der stechend und pulsierend ist. „Diese Kinder und Jugendlichen suchen Dunkelheit und Ruhe, ziehen sich zurück, wollen schlafen.“
„Ein Auslöser für Kopfschmerzen sind auch lange Bildschirmzeiten, das wurde durch die Pandemie noch einmal verstärkt“, sagt Kinderärztin Charlotte Schulz. Schon kleine Kinder sitzen davor, ältere spielen Computerspiele, verfolgen stundenlang hoch konzentriert ganz viele Bilder pro Sekunde. Durch die vorgebeugte Haltung verspannen sich die Nackenmuskeln.
Auch Kurzsichtigkeit kann Ursache sein
Auch Stress in der Schule oder in der Familie kann Auslöser für Kopfschmerzen sein, ebenso wie Schlafmangel, Flüssigkeitsmangel oder Extremsport. Deshalb muss man auch danach fragen, ob dem Kind etwas auf der Seele liegt. „Eine weitere Möglichkeit ist ein Sehfehler, oft fällt es nicht sofort auf, wenn ein Kind eine Kurzsichtigkeit entwickelt hat“, so die KinderDocs. Es spannt die inneren Augenmuskeln so sehr an, dass der Kopf schmerzt. Wenn Kinder häufig Kopfschmerzen haben, sollte man auch zum Augenarzt gehen.
Kopfschmerzen sind in den Praxen der Kinderärztinnen ein häufiger Vorstellungsgrund. Hilfreich ist, wenn Eltern dann bereits ausgefüllte Kopfschmerzprotokolle oder -kalender mitbringen, die viele Kinderärzte auf ihrer Homepage zum Herunterladen anbieten, die man aber auch selbst erstellen kann.
Darin wird vermerkt, wann die Kinder Kopfschmerzen haben, zu welchen Zeiten, wie lange, ob sie von Übelkeit begleitet werden, ob die Schmerzen auch nachts auftreten, ob Schmerzmittel helfen und vieles mehr. „So lassen sich unter Umständen bereits Auslöser herausfiltern“, sagt Charlotte Schulz.
Zum Arzt, wenn Kopfschmerzen plötzlich neu und anhaltend stark auftreten
Die Ärztinnen suchen nach körperlichen Ursachen, führen eine neurologische Untersuchung durch und veranlassen gegebenenfalls auch eine Bildgebung des Kopfes. Bei Ärzten vorstellen sollte man sich mit seinem Kind unbedingt, wenn Kopfschmerzen plötzlich neu und sehr anhaltend stark auftreten oder sich die Kinder nüchtern erbrechen. „Beginnt das Kind plötzlich zu schielen, sollte man es unbedingt ärztlich vorstellen, auch wenn die Kopfschmerzen gar nicht im Vordergrund stehen“, sagt Claudia Haupt.
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Zur Behandlung des Kopfschmerzes muss nicht gleich ein Medikament genommen werden. „Es bieten sich unter Umständen ätherische Öle an“, sagt Schulz. Auch Kinder können Entspannungstechniken lernen, wie beispielsweise eine abgespeckte Version der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen oder autogenes Training.
„Aber manchmal ist es auch wichtig, die eingefahrenen Schmerzbahnen zu unterbrechen, die dazu führen können, dass weitere Schmerzattacken wahrscheinlicher werden“, sagt Claudia Haupt. Sie empfiehlt dann die frühe Gabe von Ibuprofen zum Beispiel in ausreichender Dosis. Bei Zwölfjährigen, die meist ein Gewicht von 40 Kilo überschritten haben, sind das in der Regel 400 Milligramm.