Ein Leben für die Elbe und das Meer: Der Autor Hagen Zielke hat ein Buch über den Hamburger Marinezeichner Jan Horstmann geschrieben. Für den 64-Jährigen ist diese Art Marinemalerei etwas Besonderes.

Hamburg. Der Mann ist Sammler, unverkennbar: Wer Hagen Zielke in seiner Wohnung in einem hübschen Gründerzeitbau an der Grindelallee besucht, fühlt sich unvermittelt in eine Art maritimes Museum versetzt: Ein mächtiges Ölbild dominiert das Wohnzimmer. Zwei Fischer sind dargestellt, sie haben sich gerade in eine Nordseedüne gesetzt, daneben ein Korb, sie blicken stier, nachdenklich, Gesichter von harter Arbeit. „Sie warten auf die Flut“ erklärt Zielke und führt weiter durch die Räume, wo er bereits als Student in eine WG eingezogen ist, und wo er nun mit seiner Frau wohnt. Und mit seiner Leidenschaft für Marinemalerei.

Bilder vom Hafen hängen im Flur, im Arbeitszimmer, im Schlafzimmer: Fischkutter unter Segel, große Rahsegler. In Ecken stapeln sich Bilderrahmen. Viele der Bilder zeigen den Hafen Hamburg in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Düster sind sie oft, der Himmel dunkel, nur schwach flimmert Sonne durch die impressionistisch gestalteten Szenen von Orten, die man wie die Landungsbrücken oft wiedererkennt. Eine Folge von den mächtigen Schwaden von Dampf und Ruß, den viele der Schiffe seinerzeit ausstießen – und noch niemand über Landstromanlagen nachdachte. Oft war der Hafen daher dicht verhangen unter einer dunklen Dunstglocke.

Mit „Jan Horstmann“ sind viele diese Bilder signiert. Ein 1982 gestorbener Finkenwerder Maler, der immer noch eine große Fan-Gemeinde in Hamburg hat, wie Zielke sagt. Eben weil er den Augenblick solcher Stimmungen so gut einfangen konnte. Für mehrere Tausend Euro werden manche seiner Bilder unter Sammlern gehandelt. Zielke hat nun erstmals in einem Buch das Lebenswerk Horstmanns zusammengefasst: Viele Motive von der Elbe und der See sind dort zu sehen, dazu biografische und historische Erklärungen des Autors und Sammlers.

„Es war einfach an der Zeit, diesen Maler einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen“, sagt Zielke, der Horstmann-Bilder schon lange sammelt. Das ist aber nicht der einzige Grund für dieses Buch: Für den 64-Jährigen ist diese Art Marinemalerei so etwas wie die Zusammenfassung von zwei roten Linien seines eigenen Lebens.

Zielke wuchs in Cuxhaven auf, sein Vater war Kapitän auf dem berühmten Feuerschiff „Elbe 1“. Er lernte zunächst Tischler, studierte dann an der Fachhochschule Innenarchitektur, später Pädagogik an der Uni, zuletzt war er Lehrer an der Fachoberschule für Gestaltung in Hamburg. Er ist aber auch selbst künstlerisch aktiv, hat Ausstellungen.

Jan Horstmann war seinerzeit im Hafen bekannt wie ein bunter Hund

Und Zielke segelte lange, war sogar Segellehrer und leidenschaftlicher Windsurfer, der mit dem Campingbus die windigen Ecken des Kontinents suchte. Diese Kombination aus Kunst und Küste war es dann wohl auch, die seine Faszination für Marinemalerei schuf. Ein Genre, das es in der Kunstszene nicht immer leicht, aber gerade in Norddeutschland viele Verehrer hat. Fischer aus Finkenwerder, Reeder und Kaufleute aus Hamburg ließen von Horstmann Bilder malen. Noch heute hängen sie in manchen Kontoren. „Das Spannende an ihm ist diese Verbindung aus akademischer Ausbildung und genauem Wissen“, sagt Zielke.

Der 1894 auf Finkenwerder geborene Maler lernte zunächst klassisch den Beruf des Maler-Handwerks, war auf Wanderschaft, machte seinen Meister und hatte ein eigenes Geschäft auf der Elbinsel. Horstmann studierte aber auch an der Kunstgewerbeschule und malte später fast ausschließlich, während das eigene Unternehmen vor allem Frau und Tochter führten.

In seinem Buch beschreibt Zielke, wie der junge Jan Horstmann im beschaulichen Fischerdorf Finkenwerder aufwuchs, wo früher eine große Flotte von Fischkuttern beheimatet war. Er schwamm zwischen den Kuttern und Ewern als Jugendlicher, studierte die Details und fuhr als junger Mann selbst mit hinaus auf See. Später war er immer wieder mit den Hadag-Dampfern der Linie 62 unterwegs, durchstreifte mit dem Skizzenblock den Hafen. „Er war dort bekannt wie ein bunter Hund“, schreibt Zielke. Horstmann skizzierte die Fähren, die großen Segler und Dampfer, wie sie an der Stadtsilhouette vorbeiziehen. „Da stimmt dann alles“, sagt Zielke und zeigt wieder Bilder von Fischdampfern und Seglern in schwerer See. Dunkle Wolken sind wieder zu sehen, grüngraue Wellen, die in der Elbmündung sich aufschaukeln im Spiel zwischen Wind und Tide. Wie die Segel stehen, die Fallen und Schoten – das passe alles zur realen Wind- und Wettersituation, erklärt Zielke.

Jeden Moment, so scheint es auf manchen der Bilder, kann es losgehen mit Regen, Blitz und Donner. Mächtig sind die Wolkenberge, drohend das Wasser. „Ein Augenblick, eine Stimmung, kurz eingefangen“, sagt Zielke begeistert.

Das Buch „Hamburgs Marinemaler Jan Horstmann" (1894–1982) ist im Oceanum Verlag erschienen, hat 192 Seiten, etliche Abbildungen und kostet 34,90 Euro. Vorgestellt wird es am 29.Oktober 2014, 19 Uhr auf dem Museumsschiff MS „Altenwerder“ im Museumshafen Finkenwerder.