Werner Thissen ist nicht mehr Erzbischof von Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg - bleibt aber HSV-Fan. Auch der Hansestadt will der 75-Jährige weiter die Treue halten. Bürgermeister Scholz schätzt Thissen als Brückenbauer.

Hamburg. Die Meldung über den Ruhestand für den Hamburger Erzbischof Werner Thissen kam nicht überraschend. Pünktlich zu seinem 75. Geburtstag am 3. Dezember hatte Thissen sein Gesuch nach Rom geschickt. Ganz der Tradition verpflichtet gab der Vatikan am Freitag um 12 Uhr das Ergebnis bekannt: Thissen darf gehen. Seinen Ruhestand will der katholische Theologe vom Niederrhein in Hamburg verbringen. „Aus so einer schönen Stadt wie Hamburg geht man doch nicht weg.“

Seit Anfang 2003 leitet Thissen das flächenmäßig größte Bistum Deutschlands. Es wurde erst 1995 gegründet und umfasst auch Schleswig-Holstein und den Landesteil Mecklenburg. Nach seinem Studium war er Kaplan im westfälischen Dorsten. Er war an leitenden Stellen im Bistum Münster tätig, ehe er 1999 Weihbischof für Borken-Steinfurt wurde.

Thissen ist ein volksnaher Seelsorger, der mit seiner freundlichen, offenen Art Menschen für sich einnehmen kann. „Viel Herzblut, Humor und Ernst“ bescheinigte ihm der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki zu seinem 75. Geburtstag. Thissen sei bescheiden, verbindlich und ein Brückenbauer zwischen katholischer Kirche und Stadt, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD).

Bekannt ist Thissen für seine Fußball-Leidenschaft. Er hätte sich auch eine Karriere als Profi-Fußballer oder Trainer vorstellen können, verriet er einmal. Statt in der VIP-Lounge sitzt er jedoch lieber gemeinsam mit Jugendlichen auf den Rängen. Er wolle im Ruhestand auch öfter das HSV-Stadion besuchen, hat er angekündigt.

Verdienste um die Ökumene

Das entspannte Verhältnis des Erzbistums zur evangelischen Nordkirche ist auch sein Verdienst. Auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg im Mai 2013 war er mehrfach Gast. Bei der Seligsprechung der vier „Lübecker Märtyrer“ warb Thissen unermüdlich dafür, neben den drei katholischen Kaplänen den evangelischen Pastor nicht zu vergessen. Ökumenische Offenheit bescheinigt ihm auch der evangelische Landesbischof Gerhard Ulrich: „Uns christliche Kirchen und Konfessionen verbindet mehr als uns trennt.“

Thissen pflege die richtige Balance zwischen Bodenständigkeit und Weltoffenheit, sagte der jüngst verabschiedete Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg). Thissen ist zuständiger Bischof für das Hilfswerk Misereor. Stetig mahnt er an das biblische Gebot zu teilen. „Die Armut in der Welt schreit zum Himmel.“ Aber auch hier in Hamburg sei Armut zu finden. Für vernachlässigte Kinder und Jugendliche müsse mehr getan werden, fordert er.

Thissen leitet das einzige Bistum über die ehemalige innerdeutsche Grenze hinweg. Die unterschiedlichen Prägungen in Ost und West sind für ihn auch heute noch in den Gemeinden spürbar. Es sei jedoch nicht schlecht, wenn die Gemeinden unterschiedlich sind. Ein besseres Miteinander lasse sich ohnehin nicht von oben organisieren. „Das muss auch ein Stück wachsen.“

Im Ruhestand werde er seinen Lebensrhythmus umstellen müssen, prophezeit er. Bislang sei sein Alltag durch Termine weitgehend durchgetaktet. Künftig werde er mehr Zeit für Verwandte und Freunde haben, die er zu häufig vernachlässigt habe. Auch wolle er sich mehr Zeit für Konzerte, Kino und Theater nehmen. Er werde aber auch im Ruhestand Gottesdienste feiern und Seelsorge-Gespräche führen. Thissen: „Die wichtigsten Dinge mache ich weiter.“