40.000 fiebern dem Kampf des Jahres entgegen: Wladimir Klitschko boxt gegen David Haye. Außerdem ist Schlagermove in Hamburg.
Hamburg. Ob am Wochenende in Hamburg "Barfuß im Regen" getanzt wird steht noch nicht fest. Dafür aber, wer auf der Bühne des Schlagermoves singen wird: der selbsternannte "König vom Mallorca", Jürgen Drews. Wer noch spontan in der Hansestadt nach einem Hotelzimmer sucht, der findet im Internet lediglich ein Angebot für 415 Euro für eine Nacht in einem Vier-Sterne-Haus. Die Hotelzimmer in Hamburg sind seit Wochen nahezu komplett ausgebucht. Zum Schlagermove werden wie schon in den vergangenen Jahren mehrere hunderttausend Menschen erwartet. "Wir rechnen mit etwa einer haben Million Besucher“, sagte der Veranstalter der Schlagerparty, Frank Klingner.
Bereits am Freitag wird den Angaben zufolge ab 19.30 Uhr auf dem Heiligengeistfeld zu Klassikern deutscher Schlagermusik gefeiert. Am Sonnabend zieht dann ab 15.00 Uhr die Parade mit Musiktrucks durch St.Pauli.
Aber es findet nicht nur der Schlagermove in Hamburg statt. Denn am Abend kämpfen Wladimir Klitschko und David Haye vor 40.000 Zuschauern im Hamburger Stadion um die Weltmeistertitel der Verbände WBA, IBF und WBO im Schwergewicht. Ausnahmezustand.
Allein knapp 15.000 Box-Fans aus England werden zu diesem Fight erwartet, seit Tagen schon filmt ein TV-Team die schönsten Plätze der Innenstadt für seine Vorberichterstattung ab. Das Duell zwischen dem 35 Jahre alten Ukrainer und dem 30 Jahre alten Briten ist der weltweit "heißeste“ Schwergewichtskampf, seit Vitali Klitschko vor fast genau acht Jahren gegen Lennox Lewis verlor.
Die Brüder Klitschko beherrschen seit Lewis Karriereende die einstige Königsklasse des Boxens nach Belieben. Es gibt keine ernsthaften Gegner für die promovierten Sportwissenschaftler aus Kiew. Die letzten Kämpfe waren deshalb oft einseitige, langweilige Angelegenheiten, in den USA haben sich die Fans deshalb längst den leichteren Gewichtsklassen zugewandt. Nur dieser Engländer, Sohn einer Bibliothekarin und eines Taxifahrers aus Jamaika, hat es seit zwei Jahren geschafft, sich als ernsthafter Herausforderer zu positionieren.
Seit 2009 ließ Haye zweimal bereits verabredete Kämpfe gegen Vitali wegen Vertragsstreitereien im letzten Moment platzen. Er provozierte mit einem geschmacklosen T-Shirt, auf dem er die abgeschlagenen Köpfe der Klitschko-Brüder präsentierte. Er nutzte jede Gelegenheit aus, sich abschätzig über das Brüderpaar zu äußern. "Wladimir ist ein Roboter“, sagte er in Hamburg, "ich werde ihn abschalten“.
Die Beleidigungen und Provokationen dienen natürlich vor allem dem Geschäft. "Ich glaube, dass ich ohne diese kontroversen Sticheleien nicht hier stünde“, sagt Haye. Immerhin hat er es damit geschafft, die ukrainischen Brüder so nachhaltig zu verärgern, dass sie ihre gute Kinderstube schon einmal vergessen. "Haye ist arrogant und eingebildet“, erklärte Wladimir Klitschko, "ich werde ihn bestrafen, damit er wieder etwas Boden unter die Füße bekommt.“
Von dem Ballyhoo abgesehen, ist Haye sicherlich ein ernstzunehmender Kontrahent. Der ehemalige Cruisergewichtsweltmeister hat in seiner Profikarriere nur einmal vor sieben Jahren verloren. Nach seinem Wechsel ins Schwergewicht entthronte er im November 2009 den unbeweglichen "russischen Riesen“ Nikolai Walujew. Haye ist schnell auf den Beinen und mit den Fäusten, und er ist smart. "Ich bin inzwischen ein viel besserer Boxer als vor zwei Jahren“, behauptet er, "viele Experten halten Wladimir für die Nummer eins, aber ich glaube, dass ich das bin.“
Durch den Sieg über Walujew hält Haye den WM-Titel des Verbandes WBA. Schon deshalb ist er für die Klitschkos ein interessanter Gegner, denn nur dieser Titel fehlt noch in der Familiensammlung. Witali ist Champion der WBC, Wladimir trägt die Gürtel der Verbände IBF und WBO. "Unser Traum war immer, alle Titel zu vereinigen“, sagt Wladimir Klitschko, "Samstag werde ich uns diesen Traum erfüllen.“
(abendblatt.de/dapd)