Hamburg. Premiere an einem verwunschenen Ort: Newcomerin Anna Wydra war in der Konzertreihe „Vogelnest Unplugged“ zu erleben. Weitere Termine im Dezember.

  • Anke Schneider startet die „Vogelnest Unplugged“-Konzertreihe in der Hamburger Hebebühne.
  • Newcomer treten vor maximal 80 Besucherinnen und Besuchern auf.
  • Die Reihe finanziert sich durch Spenden und könnte ein Szenetreff werden.

Eine Lichterkette und Efeu ranken sich an dem Mikroständer empor, als Anna Wydra ihre Lieder zur Akustikgitarre singt. Songs, mit denen sie dem Leben eine gewisse Ironie und viel Zärtlichkeit abtrotzt. Ein Stück hat sie erst vor zwei Tagen geschrieben. Ein Premieren-Moment für das Publikum.

Gemeinsam Musik entdecken. Kollektiv zuhören. Und vor allem: Newcomerinnen und Newcomern eine Bühne bieten. Genau deshalb hat Anke Schneider in die Hebebühne in Altona geladen. Genauer gesagt in das Vogelnest, das gemütliche Livemusik-Wohnzimmer des Clubs. Die Discokugel wirft Glanzpunkte in den Raum. Auf Sofas und Sessel, Holztische und Trockenblumensträuße, auf die Bar und die 65 Menschen, die sich an diesem kalten Novemberabend versammelt haben.

Barbesucher sitzen auf Sofas in einem abgedunkelten Raum
Inspirierender Konzertort, auch für Newcomerinnen und Newcomer: die Hebebühne in Altona. © DIE HEBEBÜHNE 2019 | DIE HEBEBÜHNE 2019

80 Leute passen maximal in diesen angenehm verwunschenen Musikort. Die überschaubare Größe gehört zum Konzept. „Für kleinere Acts ist es oftmals schwierig, Clubs zu füllen, die Kapazitäten für 100 oder 150 Gäste haben“, erklärt Anke Schneider. Seit zwei Jahren empfiehlt sie auf ihrem Blog „Nimmst Du mich mit“ vor allem unbekanntere Bands und schreibt über die Musikszene. Als kleinere Clubs wie die Astra Stube in Hamburg schließen mussten, kam ihr die Idee, eine neue Konzertreihe für musikalische Entdeckungen zu etablieren. Zusammen mit Ylenia Lang, Bookerin und Produktionsmanagerin in der Hebebühne, entwickelte sie „Vogelnest Unplugged“.

Neue Hamburger Konzertreihe: „Noch nie haben so viele mitgesungen!“

Um die Einlass-Hürde möglichst niedrig zu halten, spielen die beiden Acts auf Spende. Und tatsächlich füllen sich die beiden Sammelgläser im Laufe des Abends ordentlich mit Scheinen. Anke Schneider und das Team der Hebebühne hoffen zudem auf öffentliche Förderung, um die Auftritte noch besser vergüten zu können. Die nächsten zwei Termine im Dezember und Januar sind auf jeden Fall schon gesetzt.

„Hamburg braucht diese Bühnen und Orte der Begegnungen“, sagt Anna Wydra zwischen ihren Songs. Die junge Hamburger Künstlerin erzählt wahrhaftige Geschichten, die Verbindungen schaffen. Sie singt über Absurditäten, Beziehungen, auch über mentale Herausforderungen. Das Publikum lauscht andächtig, stimmt aber auch mit ein. „Es haben noch nie so viele Leute bei einem Konzert von mir mitgesungen“, sagt Anna Wydra. „Das erfreut mein Künstlerinnenherz. Jetzt weiß ich wieder, warum ich das mache.“

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Ein warmer Energie-Schub ist zu spüren auf und vor der Bühne – auch beim zweiten Teil des Abends mit der Hamburger Band Roller Derby. Erstmals treten Philine Meyer am Keyboard und Manuel Romero Soria an der Akustikgitarre als Duo auf, sachte begleitet von einem Drumcomputer. Die Konzertreihe bietet auch die Chance, neue Konstellationen auszuprobieren. Und die Anwesenden bekommen Stücke zu hören, die offiziell erst im Februar auf dem Debütalbum von Roller Derby veröffentlicht werden.

Am Ende gibt es heftigen Beifall. Und Anke Schneider strahlt glücklich

Die elegischen Songs changieren zwischen Melancholie und Tanzbarkeit. Ein softes Wippen im Publikum. Darunter auch diverse Musikschaffende aus Hamburg. „Vogelnest Unplugged“ hat das Zeug, zum inspirierenden Szenetreff für Musikliebhabende zu werden.

„So eine Konzertreihe ist superwichtig“, erklärt Gitarrist Manuel Romero Soria. Am Ende gibt es heftigen Beifall. Und Anke Schneider strahlt glücklich. Schließlich ist der Name ihres Blog „Nimmst Du mich mit“ ein Aufruf, sich gegenseitig auf Konzerte mitzuziehen. Hinauszugehen. Gemeinsam Kultur zu erleben. Ein Vorhaben, dass bei dieser Premiere voll aufgegangen ist.

„Vogelnest Unplugged“ Mi 18. Dezember + Mi 15. Januar, www.die-hebebuehne.com; www.nimmstdumichmit.de

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