Hamburg. TV-Dokus über die Stimmung im Osten Deutschlands und zwei ZDF-Satiriker wurden geehrt. Der Förderpreis ging an einen jungen Hamburger.

„Es ist nicht die Aufgabe des Journalismus, Populismus zu bekämpfen, aber, ihn abzubilden. Journalismus will keine Wahrheiten bieten, sondern Fakten liefern.“ Kleine, feine, wichtige Unterschiede, mit denen der Schweizer Publizist Roger de Weck darauf hinwies, was seriöser, kritischer Journalismus zu tun und zu lassen hat. Gerade jetzt, in Zeiten, in denen er vielerorts bröselt, zweifelt, bezweifelt, angegriffen und von Austrocknung bedroht wird.

In derart schwierigen Zeiten also, in denen die mit etlichen A-Listern besetzte Jury des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises (benannt nach dem legendären, 1995 verstorbenen TV-Journalisten) sich ganz bewusst, wie Ex-Anchorman Claus Kleber berichtete, nicht einzig von gerade tagesaktuellen Aufreger-Themen bei der Suche nach Preiswürdigem lenken lassen wollte. Ihnen ging und geht es bei dieser prestigeträchtigen Auszeichnung immer noch und immer wieder um das größere Bild – und die, die das sehen können. Die aufmerksame, unaufgeregte, deutliche Einordnung und Wiedergabe von dem, was nun mal da ist.

Hanns-Joachim-Friedrichs-Preise für kritischen TV-Journalismus verliehen

In seiner Keynote hatte de Weck (Schweizer, aber eher kämpferisch als neutral) der Zunft auch einige unangenehme Bewertungen nicht erspart: Der Medienbetrieb sei meinungsgetrieben, der Journalismus faktenorientiert. Und Aufregung – ein Treibstoff und inzwischen auch eine Währung der Branche – sei das Gegenteil von Aufmerksamkeit.

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Bei der diesjährigen Preisverleihung in einem NDR-Studio in Lokstedt wurden aufmerksame Profis von kundigen Profis geehrt. Beobachterinnen und Beobachter, die mit unterschiedlichen Tonfällen aus unterschiedlichen Blickwinkeln Gegenwart abbilden. Eva Schulz und Jan Lorenzen teilen sich 2024 den Hauptpreis. Schulz ist für die jugendorientierte „funk“-Sparte von ARD und ZDF aktiv, ihr „Deutschland 3000“-Format funktioniert auch als Podcast bestens. Für die dreiteilige Reihe „Deutschland, warum bist du so?“ war sie im Sommer in Brandenburg, Thüringen und Sachsen unterwegs, um Stimmungen vor Ort einzufangen.

Ähnlich, aber anders ausgerichtet, waren die beiden Dokumentationen, die Lorenzen im Osten Deutschlands gedreht hat: „Die große Angst“ zeigte, was die aktuellen Wahlergebnisse und die Spaltung der Gesellschaft im alltäglichen Miteinander anrichtet; „Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“ löste gewissenhaft ein, was der Titel verspricht.

Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis: Förderpreis geht nach Hamburg an Paul Schwenn

Wir müssen noch den Schrecken verarbeiten, dass wir jetzt offiziell Journalisten sind“ – die naheliegendste Einstiegs-Pointe, mit der Lutz van der Horst seine Dankesrede beginnen konnte. Er und Fabian Köster, so etwas wie die linke und die rechte Satire-Faust der „heute show“, erhielten einen Sonderpreis, für ihr „heute show spezial: Zwei Besserwessis im Osten“. Der Förderpreis ging in diesem Preis-Jahr nach Hamburg, an Paul Schwenn. Multimedial unterwegs ist dieser junge Journalist, die Ideen-Bandbreite reicht von einem Tinder-Profil mit einem Bild des jungen Stalin bis zu Recherchen über Spielerberater und Prozessen gegen kriminelle Clan-Chefs.

„Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2024“: Verleihung und Diskussion, in der ARD-Mediathek abrufbar.

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