Hamburg. Künstlerin überrascht mit einem auf Deutsch gesungenen Choral von Johann Sebastian Bach. Auch ein Stück aus der „Dreigroschenoper“ hat sie im Repertoire.

Cécile McLorin Salvant ist in den vergangenen Jahren häufig in Hamburg aufgetreten. Zweimal hat sie die Elbphilharmonie ausverkauft, zuletzt im März dieses Jahres. 2023 gehörte sie zu den Stars beim Elbjazz-Festival. Jedes Mal wurde sie für ihre Gesangskunst mit Ovationen überschüttet.

Umso erstaunlicher, dass die Laeiszhalle jetzt bei ihrem Konzert nur zur Hälfte gefüllt ist. Diejenigen, die nicht dort waren, haben einen erneut grandiosen Abend verpasst. Schema F gibt es bei McLorin Salvant nicht, jeder Auftritt unterscheidet sich vom anderen, sie und ihr famoses Trio schöpfen aus Dutzenden von Songs, teilweise von ihr selbst geschrieben, teilweise von anderen Komponisten gecovert und neu interpretiert.

Cécile McLorin Salvant in Hamburg: Burt Bacharachs „Promises, Promises“ steht auf der Setliste

Die Bandbreite der afroamerikanischen Künstlerin mit den französischen und haitianischen Wurzeln ist immens. Dieses Mal überrascht sie das Publikum mit einem auf Deutsch gesungenen Choral von Johann Sebastian Bach. „Erkenne mich, mein Hüter“ hat Paul Simon für seinen „American Tune“ benutzt, McLorin Salvant singt erst die deutsche Vorlage, dann Simons Bearbeitung.

Auch Kurt Weills „The World Is Mean“ aus der „Dreigroschenoper“ hat sie im Repertoire. Dazu eigene Songs aus ihren Alben „The Window“ und „Ghost Song“ und den „Haunted House Blues“, den Bessie Smith vor Urzeiten gesungen hat. Auch Burt Bacharachs „Promises, Promises“, früher ein Hit für Dionne Warwick, steht auf der Setliste. Mit so einer Nummer könnte sie sich an das Publikum ranschmeißen, doch das ist nicht ihre Art. McLorin Salvant phrasiert weit weg von gefällig und schafft es so, traditionelle Lieder in die Moderne zu transferieren. Ihr Gesang ist große Kunst mit allen Möglichkeiten, die der Jazz bietet. Sie befreit die Songs durch ihre Interpretationen von allen rhythmischen und melodischen Fesseln.

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Cécile McLorin Salvant: Das Publikum springt von den Sitzen

Möglich wird das durch die drei Musiker, die zurzeit mit der dreifachen Grammy-Gewinnerin auf Tournee sind, allen voran Pianist Sullivan Fortner. Immer wieder ergänzt Fortner sein Spiel mit Pop- und Jazz-Zitaten und überrascht damit selbst seine Mitspieler. Auch McLorin Salvant macht Spaß mit ihrem Pianisten, wenn sie ihn vor den Songs fragt: „Remember this one?“ Natürlich erinnert Fortner sich, denn er zählt zu den versiertesten und technischen brillantesten Klavierspielern, die der amerikanische Jazz derzeit zu bieten hat. Kyle Poole am Schlagzeug und Yasusahi Nakamura am Bass komplettieren dieses aufmerksam aufeinander reagierende Trio. Am Ende ist es wie immer bei Cécile McLorin Salvant: Das Publikum springt von den Sitzen und applaudiert der Sängerin frenetisch. Die überragende Sängerin bedankt sich mit zwei Zugaben.

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