Hamburg. Lustig, spannend und sehr emotional: Der Animationsfilm „Der wilde Roboter“ ist perfektes Kino für Kinder und Mütter.
Am Donnerstag kommt ein besonderer Animationsfilm in die Kinos: „Der wilde Roboter“ erzählt das Abenteuer von Service-Roboter Roz, der auf einer Insel bruchlandet, dort auf wilde Tiere stößt und plötzlich Leihmutter eines Gänsekükens wird. Die Komik trifft vor allem den Nerv bei Kindern und Mütter. Ex-“Tagesschau“-Moderatorin Judith Rakers (48) spricht den Roboter. Im Interview verrät sie, welche Gemeinsamkeiten die Rolle mit ihrem Leben hat. Und warum der Film gerade jetzt so wichtig ist.
- Judith Rakers erfüllt sich mit der Rolle einen langen Kindheitstraum
- Zu „Tagesschau“-Zeiten wurde sie mal als „Sprech-Roboter“ bezeichnet
- Rakers möchte auch bei den nächsten beiden Filmteilen mitwirken
Als das Projekt an Sie herangetragen wurde, haben Sie da sofort gesagt, ‚juhu, ich wollte immer schon mal einen Roboter sprechen‘?
Judith Rakers: Nein, ich wollte nicht unbedingt einen Roboter sprechen, aber ich wollte immer schon mal in einem Zeichentrick- oder Animationsfilm mitwirken. Das ist wirklich ein Kindheitstraum von mir. Ich bin bei meinem alleinerziehenden Vater aufgewachsen und war viel allein zu Hause. Und wenn ich krank war, war ich trotzdem allein zu Hause, weil er in die Praxis musste. Dann hat er in der Videothek VHS-Kassetten für mich ausgeliehen mit Zeichentrickfilmen wie „Bernard und Bianca“, „Dumbo, der fliegende Elefant“ oder „Feivel, der Mauswanderer“, die habe ich geliebt. Ich habe mich dann immer in diese Welten geträumt und mir gewünscht, dass ich eines Tages ein Teil davon sein kann.
Filmfest Hamburg: Wie sich Judith Rakers mit „Der wilde Roboter“ einen Traum erfüllte
Jetzt sprechen Sie die Hauptfigur Roz, einen Service-Roboter, der den Menschen das Leben erleichtern soll. Eigentlich völlig logisch, dass man Sie dafür gecastet hat: Ihre perfekt ausgebildete Nachrichtenstimme passt ideal zur programmierten Sprache.
Stimmt: Als Nachrichtensprecher ist man stets neutral, sehr sachlich, sehr freundlich. Man ist limitiert in der Äußerung seiner Gefühle. Letztlich ist das die Jobbeschreibung von Roz. Tatsächlich hat mich zu „Tagesschau“-Zeiten eine Zeitung mal ziemlich böse als Sprechroboter bezeichnet. Damals hat mich das ziemlich verletzt, heute kann ich darüber lachen. Im Film gelangt Roboter Roz durch einen Unfall auf eine Insel mit wilden Tieren, und dann beginnt das Abenteuer. Denn diese Umgebung verändert den sachlichen Service-Roboter. Und ist eine erstaunliche Parallele zu meinem Leben: Ich bin aufs Land gezogen, in die Natur auf eine kleine Farm mit vielen Tieren, und auch ich habe mich dadurch verändert, habe mit der „Tagesschau“ aufgehört und angefangen, Bücher zu schreiben, ein Online-Magazin und Spiele zu entwickeln. Das war auch wie ein Update. Im Film kümmert sich Roz um ein Gänseküken, Bright Bill. Und auch ich habe in diesem Jahr auf meinem Hof ein Hühnerküken großgezogen. Das habe ich „Tweety“ genannt.
„Der wilde Roboter“: Nicht nur ein Kinder-, sondern auch ein Mütterfilm
Wenn das Gänseküken Bright Bill zum ersten Mal seine „Mutter“ anschaut, das ist schon, na ja, so schön, dass es kitschig ist …
Ich sage: Emotional!
Und dann gibt es Stellen im Film, die superlustig sind, auch für die Erwachsenen: Wenn Roz sagt, dass sie fürs Muttersein nicht programmiert ist, und die mehrfache Opossum-Mutter antwortet: ‚Das ist niemand.‘
„Der wilde Roboter“ ist nicht nur ein Kinderfilm. Er ist auch ein Mütterfilm. Ich habe ja keine Kinder, aber immerhin Tierkinder bei mir zu Hause. Ich kann die Gefühle also ein bisschen nachempfinden.
Sie sind ja ein Stimmprofi. Worin bestand für Sie die größte Herausforderung?
Ich beherrsche mein Instrument Stimme, weil ich seit 30 Jahren damit arbeite. Aber das ist eben noch mal was anderes, als synchron zu sprechen. Die Herausforderung für mich war, möglichst nah an der Originalstimme von Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong‘o zu sein – in den Betonungen, dem Satzrhythmus, der Emotionalität. Roboter Roz macht im Film eine Entwicklung durch, entdeckt, dass er Gefühle hat. Das musste ich auch in meiner Stimme herausarbeiten. Dabei habe ich unglaublich viel gelernt. Zum Beispiel, dass man ‚Hallo‘ nicht nur auf zehn, sondern auf 60 verschiedene Arten sagen kann (lacht).
Animationsfilm will der Angst vor KI und Robotik positiv begegnen
Das Interessante ist, dass ausgerechnet ein Roboter den untereinander verfeindeten Tieren Werte wie Freundschaft und Gemeinschaft nahebringt. In einer Zeit, die von Skepsis oder gar Angst vor künstlicher Intelligenz und Robotik geprägt ist. Welche Rolle spielt da der Film?
Der Service-Roboter ist eigentlich dafür gemacht, Menschen zu unterstützen. Und dann entwickelt er plötzlich Gefühle. Also genau das, wovor wir alle Angst haben, passiert: Die KI entwickelt menschliche Züge, die über die gesteuerte Programmierung hinausgehen. Expertinnen und Experten sind sich ja einig, dass genau das nicht möglich sein wird und dass der emotionale Faktor immer das sein wird, was wir der KI voraushaben. Der Film spielt genau mit diesem Kippmoment, aber er löst es auf sympathische Art und Weise: Denn die Tiere und der Roboter nähern sich an, statt sich Konkurrenz zu machen. So wird der Zukunftsangst, die ja viele von uns haben, nicht mit Pessimismus begegnet, sondern mit einer Offenheit. Letztlich sind die Botschaften des Films universell: Es geht darum, Unterschiede zu überwinden. Egal, ob du Federn, Fell oder eine Roboterhaut hast. Egal, ob du groß oder klein bist oder vielleicht der Schwächling in der Gruppe. Wenn man sich nicht mehr über die Unterschiede definiert, sondern wenn man nach Gemeinsamkeiten sucht, nach dem Positiven, dann ist man stark.
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Wären Sie künftig offen für weitere Sprecher-Jobs?
Ich hoffe natürlich, dass es einen zweiten Teil von „Der wilde Roboter“ geben wird. Die Buchvorlage zumindest ist ein „New York Times“-Bestseller, der aus drei Teilen besteht ...
Letzte Frage, Hand aufs Journalistenherz: Vermissen Sie es trotzdem manchmal, nicht mehr die Nachrichten zu sprechen oder so in der Öffentlichkeit zu sein, wie Sie es mal waren?
Nein, ich vermisse es gar nicht. Es wäre kein Platz gewesen für all die neuen Projekte. Dass jetzt ausgerechnet dieser Traum wahr wird, dass ich in einem Animationsfilm mitwirke, im selben Jahr, in dem ich mit der „Tagesschau“ aufgehört habe, das habe ich fast als ein Zeichen gewertet. Es war richtig, die Komfortzone zu verlassen, um neue Abenteuer erleben und mich weiterentwickeln zu können. Ich glaube, es warten noch einIge Updates auf mich.