Hamburg. 13 Kinos zeigen am 13. August jeweils einen anderen Film des Suspense-Meisters. Anlass ist sein 125. Geburtstag. Was wo zu sehen ist.
„Er war nicht nur Regisseur, er war ein Imperium.“ Das sagt der Hamburger Jens Wawrczeck über Alfred Hitchcock. Der hanseatische Schauspieler und populäre Sprecher (als Peter Shaw in der Reihe „Die drei ???“) hat zwar nie mit dem britisch-amerikanischen Filmemacher zusammenarbeiten dürfen, gilt hierzulande jedoch längst als einer der größten Hitchcock-Experten.
Insofern konsequent, dass der 61-jährige Wawrczeck, der zur Jahreswende sein lesenswertes erstes Buch mit dem Titel „How to Hitchcock. Meine Reise durch das Hitchcock-Universum“ (bei dtv) und als Hörbuch auf seinem Label Audoba veröffentlicht hat, einer der Gäste bei „Eine Stadt sieht Hitchcock“ ist. An diesem Dienstag tritt Wawrczeck gleich dreimal auf: bei Einführungen im Zeise-Kino zu „Der unsichtbare Dritte“, der in Ottensen als englische Originalfassung „North by Northwest“ mit deutschen Untertiteln läuft, und im Abaton zu „Vertigo – Aus dem Reich der Toten“ sowie nach dem Stummfilmkonzert zu „The Lodger“ im Metropolis.
Das kleine Kino gleich neben der großen Staatsoper macht mit Kurzfilmen, historischen Kinotrailern und seltenem Bonusmaterial bereits um 17 Uhr den Auftakt. Insgesamt sind an diesem Tag in 13 Hamburger Arthouse- und Programmkinos 14 Filme vom Meister des Suspense zu sehen.
Hamburg sieht Hitchcock: Eine (Kino-)Stadt huldigt der Regie-Legende
125 Jahre alt wäre Alfred Hitchcock (1899–1980) am 13. August geworden. Mehr als 50 Spielfilme hat er gedreht, bis in die 1970er-Jahre. Gemessen am Publikumserfolg sowie an der Rezeption durch die Kritik und sogar der Wissenschaft zählt der gebürtige Brite bis heute zu den bedeutendsten und bekanntesten Machern der Filmgeschichte. Auch dank einer bewussten Selbstvermarktung mit Cameo-Auftritten in vielen seiner Werke, erstmals 1927 in seinem Frühwerk „The Lodger“ („Der Mieter“). Sie wurden zu einem Markenzeichen Hitchcocks.
Das Hamburger Special bietet einen interessanten Querschnitt der Schaffenskraft der Film-Legende und führt beim Publikum zur Qual der Wahl. Laut einer kürzlich veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov haben fast 80 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mindestens einen Film des Star-Regisseurs gesehen. Immerhin zwei Drittel der Befragten finden seine Filme „auch heute noch spannend“.
„Über den Dächern von Nizza“, gedreht überwiegend in Monaco und Cannes
Den hierzulande bekanntesten und beliebtesten Hitchcock-Film, „Die Vögel“ (1963), zeigt das Alabama am Dienstag in deutscher Synchronfassung. Das Werk nach einer Kurzgeschichte Daphne du Mauriers mit Tippi Hedren (heute 94) in der Hauptrolle gefällt 72 Prozent noch immer. Und das obwohl in dem Horrorthriller Vögel Menschen angreifen. Doch es muss ja nicht immer komplette Weltuntergangsstimmung herrschen.
Thrill im Badezimmer und eine sommerliche Abkühlung (mit Gänsehaut im klimatisierten Kinosaal) garantieren auch die beliebten Klassiker „Psycho“ (1960) und „Das Fenster zum Hof“ (1954). Die Psycho-Szene mit Anthony Perkins als Serienmörder und Janet Leigh als weiblicher Hauptfigur unter der Dusche gehört dank der Musik und des Schnitts zu den bekanntesten und meistzitierten der Filmhistorie. Das Studio-Kino zeigt den Film ebenso in englischer Originalversion wie das Savoy „Das Fenster zum Hof“ alias „Rear Window“ mit einem im Rollstuhl sitzenden James Stewart und als seiner Verlobten Grace Kelly.
Die spätere Fürstin Gracia Patricia spielte an der Seite Cary Grants auch in „Über den Dächern von Nizza“. Wobei die dank der beiden Protagonisten populäre Thriller-Romanze (zu sehen in deutscher Fassung im Blankeneser Kino) übrigens mehrheitlich in Monaco und in Cannes gedreht wurde.
„Eine Stadt sieht Hitchcock“: Regisseur setzte Buchveröffentlichungen auf seine Art um
Während jener Film Teil der sogenannten Paramount-Ära war, sind Filme wie „Marnie“ (1964, wiederum mit Tippi Hedren und Sean Connery) im Volksdorfer Koralle-Kino und „Frenzy“ (1971) im Winterhuder Filmkunsttheater Magazin zwei eher späte Werke Hitchcocks.
Psychologische Themen wie Eifersucht gepaart mit Boshaftigkeit bis zu Dominanzverhalten und Sexualität und Gewalt spielten dabei eine große Rolle. Ebenso das Schicksal eines unschuldig Verdächtigten oder sogar Verfolgten. Viel Stoff also bei und von diesem Regisseur, der oft Buchveröffentlichungen in seiner unnachahmlichen Art umsetzte.
Und wer beim Titel „Eine Stadt sieht Hitchcock“ auch an eine andere Aktion und Filmemacher denkt, liegt gar nicht falsch. Seit 2016 schon läuft die Reihe „Eine Stadt sieht einen Film“ als jährliches Gemeinschaftsprojekt der hanseatischen Arthouse- und Programmkinos. An einem Sonntag zeigen sie ansonsten einen Filmklassiker made in Hamburg mit Gästen eines Filmteams, welches durch die Kinos tourt. Angefangen von „Absolute Giganten“ vom Regisseur Sebastian Schipper über Hark Bohms „Nordsee ist Mordsee“ (im Jahr 2019), Fatih Akins „Kurz und schmerzlos“ (2020) bis Katja von Garniers „Bandits“ im Vorjahr. Das zehnte Jubiläum jener Reihe folgt jedoch erst 2025. Denn jetzt ist Hitchcock-Time.
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Die Retrospektive dauert im Metropolis sogar noch bis Oktober. Doch als Nachklapp zu „Eine Stadt sieht Hitchcock“ folgt dort am Mittwoch, 14. August, gleich eine weitere besondere Veranstaltung: Autor Thilo Wydra stellt aus Anlass ihrer 125. Geburtstage die erste internationale Doppel-Biografie über „Alma & Alfred Hitchcock“ (so auch der Titel) vor. Denn ohne seine Frau wäre Sir Alfred wohl nicht derart erfolgreich gewesen. Alma Hitchcock (1899–1982), die Drehbuchautorin und Cutterin, stand ihrem Mann mehr als ein halbes Jahrhundert lang mit Rat und Tat zur Seite. Sie hätte am Mittwoch ihren 125. Geburtstag gefeiert.
„Eine Stadt sieht Hitchcock“ Di 13.8., 17.00–ca. 22.30, in 13 Hamburger Kinos von Abaton bis Zeise, Karten je 9,- bis 10,-; www.eine-stadt-sieht-einen-film.de/ Buchpremiere „Eine Liebe fürs Leben: Alma & Alfred Hitchcock“ (Heyne) mit Autor Thilo Wydra und Gästen Mi 14.8., 19.00, anschl. ca. 20.45: Filmvorführung „Im Schatten des Zweifels“ (1942, OmU), Metropolis Kino (U Gänsemarkt), Kleine Theaterstr. 10, Karten zu 11,-/erm. 8,-: T. 040/34 23 53; www.metropoliskino.de/home