Hamburg. Die niederländische Musik-Comedy-Gruppe begeistert im Ernst Deutsch Theater beim ersten ihrer drei SHMF-Konzerte — sogar mit Alphörnern.

Man nehme ein mechanisches Klavier, lasse es fast permanent wie von selbst klimpern, drapiere auf jenem einen teilbaren Vorhang und auf der großen Bühne noch rund 50 weitere, zum Teil selbst gebaute Instrumente. Sie bilden im Ernst Deutsch Theater die Kulisse für die Gruppe Släpstick, die 2018 unter ihrem früheren Namen Wëreldbänd erstmals an der Mundsburg als Teil des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) gastiert hatte.

„Scherzo“ lautet der Titel des neuen Programms der vier niederländischen Musikkomödianten, verstärkt von einem Edel-Roadie, das Släpstick an diesem Montag und Dienstag noch in Heide und in Neumünster spielt. Am Premierenabend animieren die virtuosen Künstler um Sänger und „Dirigent“ Jon Bittman schon vor Konzertbeginn die Menschen in den ersten Reihen des ausverkauften Saals, mal selbst in die Posaune zu blasen oder am Kontrabass zu zupfen. Wenn nicht bereits dank des Vorjahresgastspiels mit dem Programm „The Roaring Twenties“ – spätestens jetzt sind die Bande zum Publikum geknüpft.

SHMF: Släpstick am Ernst Deutsch Theater in Hamburg, ein anarchischer Spaß mit 50 Instrumenten

Schräge Multi-Instrumentalisten sind alle vier Musiker, alle ausgebildet am Konservatorium. Ihr Können bildet die Grundlage für Stücke wie „The Silly Symphony“, in der Bittman und Co. mehr als ein Dutzend Werke bekannter Klassikkomponisten zum wilden, schnellen Medley verwursten. Darunter Ludwig van Beethoven und Franz Schubert. Just die beiden erweckt Släpstick mit sprechenden Marmorbüsten hinter dem sich öffnenden Vorhang auf dem Klavier frech zum Leben. Bis hin zu einer Jodelschlacht.

Endgültig zum clownesken Konzert wird „Scherzo“, eigentlich ja der Begriff für eine rasche, ausgelassene musikalische Satzform im 3/4- oder 3/8-Takt, als einer der Musiker dem anderen einen Rettungsring über den Kopf zieht und der Zopf Willem van Baarsens den Bogen für die Streichinstrumente ersetzt. Orgelpfeifen (aus Kunststoff) stürzen ein. Rund 50 Schlagwerkzeuge und Blechinstrumente fährt Släpstick auf, dazu noch wie Kai aus der Kiste einen überdimensionalen aufblasbaren Dirigenten.

Släpstick holt zu „Guten Abend, gute Nacht“ zwei riesige Alphörner auf die Bühne

Der logistische Aufwand ist erheblich größer als etwa beim populären Damenquartett Salut Salon oder beim Hamburger Männertrio Bidla Buh, die es auf der Basis von Klassik respektive Hits der 1920er- und 1930er-Jahre beim SHMF ebenfalls gekonnt verstanden haben, Musik und Comedy zu kombinieren. Das Släpstick-Quartett aber treibt es nach Dixieland und Swing auf die Spitze, indem es zu „Guten Abend, gute Nacht“ noch zwei riesige Alphörner auf die Bühne holt.

Übertroffen wird das nur noch von einer Stepptanznummer mit Clogs, Schlittschuhen und Skiern(!). Verrückt, diese Holländer! Nach knapp eineinhalb Stunden gibt es die erste „The Silly Symphony“ noch mal als Publikumsquiz mit Komponisten-Raten inklusive Släpstick-Kappen als Preise.

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Am Merchandising-Stand im Foyer liegen dann außer DVD (mit Buch) zu „The Roaring Twenties“ für 25 Euro noch Kinder-T-Shirts und Baby-Strampler für je 15 Euro – wer’s braucht! Sind eben längst gewiefte Profis, die Anarcho-Komiker von Släpstick.