Hamburg. Der britische Popliterat liefert die Vorlage zur Beziehungskomödie „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ im Winterhuder Fährhaus.

Am Ende tanzen sie sogar, innig (wieder-)vereint zum Coversong „Road To Nowhere“ der französischen Band Nouvelle Vague. Doch die Musik spielt bei dieser Geschichte über Louise und Tom nur eine Nebenrolle. Sie bildet, anders als sonst bei Romanen von Nick Hornby, in der Komödie Winterhuder Fährhaus den Hintergrund-Sound.

Mit „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ hat das modern ausgerichtete Hamburger Boulevardtheater zum Finale seiner Saison 2023/24 erstmals ein Werk des britischen Erfolgsautors („Fever Pitch“, „High Fidelity“, „About A Boy“) herausgebracht. Dessen Leidenschaften sind Fußball und Popmusik. Einige Bücher Hornbys sind längst verfilmt worden, „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ hat ebenfalls das Potenzial zur TV-Sitcom („State of the Union“ von Stephen Frears) oder zur Kinokomödie; der Autor erzählt eine Ehekrise als Comedy.

Komödie Winterhude: Nick Hornby, in Hamburg jetzt sichtbar dank eines Pub-Paares

Angesiedelt ist das Stück im Pub. Hier treffen sich die seit vielen Jahren verheirateten Louise und Tom bei Weißwein und Bier – einmal pro Woche vor ihren Sitzungen bei der Eheberatung. Sie hat ihn aus der gemeinsamen Wohnung komplimentiert, nachdem sie fremdgegangen ist. Tote Hose im Bett. „Der eigentliche Fehltritt, dreimal wiederholt“, sagt Louise. Während er versucht, Hochrechnungen über das Beischlafverhalten seiner Frau anzustellen, lehnt sie Vergleiche ab. Wäre ja so, „als würde man einen 50-Meter-Sprint mit einem Marathon vergleichen“. „Und wir sind der Marathon?“, fragt Tom entgeistert.

Zehn Sitzungen respektive Szenen sind es gemäß der Buchvorlage, in denen schonungslos fast alles auf den Kneipentisch kommt. Dabei kann sich Regisseurin Amina Gusner auf Hornbys Dialogwitz und die gelungene deutsche Romanübersetzung von Ingo Hertzke verlassen. Diese Dialoglastigkeit lässt „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ insbesondere im ersten Teil aber auch etwas statisch wirken.

Nina Kronjäger, bekannt geworden in „Abgeschminkt“, verleiht ihrer Louise einige Facetten

Erst nach der Pause kommt dank mehr Regieeinfällen Bewegung ins Stück und in den Pub, von Bühnenbildner Norbert Bellen mit mächtigem Tresen, einem imposanten Getränkeregal, einem Bierwerbeschild made auf St. Pauli und Mini-Musikbühne (mit zwei Mikrofonen) aufwendig ausstaffiert. Auf dem Bühnchen tobt sich Tom aus, vergisst kurz sein Schicksal als seit Längerem arbeitsloser Musikkritiker. Der versierte Theatermann und Performancekünstler Heiko Senst singt und spielt Tom teils absurd überhöht als einen Schmierlappen und trotzigen Brexit-Befürworter, den man(n) und auch frau mehr und mehr lieb gewinnt.

Nina Kronjäger, renommierte Film- und Theaterschauspielern, vor 30 Jahren in der Kinokomödie „Abgeschminkt“ bekannt geworden und lange mit dem Ende Februar verstorbenen Dramatiker René Pollesch künstlerisch verbandelt, verleiht ihrer Louise einige Facetten. Gekonnt und sympathisch schwankt Kronjäger als beruflich erfolgreiche Mutter zweier Kinder zwischen Selbstbehauptung und Liebe.

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Und ja, die hat hier noch eine Chance. Obwohl das nach der Premiere sehr beifallsfreudige Publikum (auch für Requisiteurin Maja Schipzow als zwischen den zehn Szenen abräumende und brabbelnde Pub-Mitarbeiterin) stets nur indirekt erfährt, was bei der Eheberatung zur Sprache gekommen ist. Immerhin: Beziehungserprobte und -geplagte haben ob des Wiedererkennungswerts einiges zu lachen, wenn sie genau hinhören. Merke: Kommunikation ist alles, im Theater und im wahren (Liebes-)Leben.

„Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ bis 25.8., Di–Sa 19.30, So 18.00, Komödie Winterhuder Fährhaus, Karten zu 22,- bis 42,50 unter T. 48 06 80 80; www.komoedie-hamburg.de