Hamburg. Hamburg hat eine neue Konzert-Location neben Schanze und St. Pauli. Mehr als 2000 passen rein, ein Ort für alle – inklusive Kinder. Erste Einblicke.
Noch riecht alles etwas neu. Doch die Lüftung summt bereits leise und sorgt für ein angenehmes Klima im Raum. Mit softem Schwung lässt sich über den gummierten Glasboden laufen. Ein guter Grip beim Auftreten. Nicht unwichtig für eine Konzerthalle, die in maximaler Auslastung 2200 Menschen fasst. Und dann ist da natürlich die Aussicht. Schmal und unterschiedlich breit ragen die Fenster gegenüber der großen Bühne in zwei Reihen empor und geben den Blick frei auf Millerntor-Stadion und Heiligengeistfeld, auf Kräne und Hafen, tagsüber bis hin zu den Harburger Bergen. „Auf Wunsch können wir die Fenster auch abhängen‟, erklärt Betreiber Wolf von Waldenfels. Aber warum die beste Deko wegnehmen: das Leuchten der Stadt im Dunkeln.
Diesen Sonnabend soll sie nun endlich eröffnen: Hamburgs neue Livemusik-Spielstätte, die Georg Elser Halle. Im Herzen des Grünen Bunkers an der Feldstraße, genauer gesagt in der ersten Etage der jüngst eingeweihten Dachaufstockung, erstreckt sie sich auf 27 mal 44 Metern in funktionaler Betonästhetik. Eine wichtige Ergänzung für das Konzertleben der Stadt.
Grüner Bunker: Georg Elser liegt in spektakulärer Lage zwischen Kiez und Schanze
„Der Spagat zwischen Clubs wie dem Docks, der Inselparkhalle in Wilhelmsburg und der Sporthalle ist in Hamburg schon sehr groß‟, sagt Malte von der Lancken, der das Booking für die Georg Elser Halle übernommen hat. Das heißt: Diese Locations fassen ein Publikum von 1500, knapp 4000 und rund 7000 Gästen. Die Georg Elser Halle schließt also mit ihrer Kapazität eine Bedarfslücke im 2000er-Bereich. Und die zentrale Lage zwischen St. Pauli und Schanze ist zudem ein spektakulärer Pluspunkt.
Kurz vor dem öffentlichen Soundcheck mit drei Überraschungsbands am Sonnabend herrscht ruhige Geschäftigkeit: Handwerker erledigen fokussiert letzte Arbeiten auf der Balustrade, wo bald ebenfalls Musikfans stehen und mit leichter Vogelperspektive auf das Geschehen blicken können. Unten warten drei lange Tresen auf die Gäste. Und Lichttraversen sowie Boxen hängen bereits über der Bühne.
Georg Elser Halle in Hamburg: Der Betreiber gerät ins Schwärmen
„Für uns ist das eine richtig gute Gelegenheit, eine Konzerthalle zu bekommen, die sowas von up to date ist‟, sagt von Waldenfels – und gerät ins Schwärmen: „Die Anlage ist eine L‘Acoustics vom Feinsten. Die Akustik ist bauseits schon so hergestellt worden, dass sie gut ist – ohne großen Hall.‟
Der Betreiber kann auf reichlich Erfahrungen und Kontakte aus der Livemusik- und Club-Branche bauen: Mit Phonodrome, Powerhouse, Golem und Uebel & Gefährlich hat von Waldenfels immer wieder popkulturelle Freiräume in der Stadt geschaffen und das Kulturleben bereichert. 2017 wurde er für dieses Engagement mit dem Hamburger Club Award ausgezeichnet. Seine Highground Gardens Event GmbH, die nun für die Georg Elser Halle verantwortlich ist, hatte er bereits vor fünf Jahren gegründet. Durch Pandemie und Baustellenverzögerungen rückte die Eröffnung ein ums andere Mal nach hinten. Bereits gebuchte Konzerte mussten abgesagt werden. Ein nervenaufreibendes Geduldsspiel für alle Beteiligten.
Georg Elser Halle in der Feldstraße: Termine fürs Reeperbahn Festival stehen bereits
Jetzt ist die Erleichterung groß, dass es endlich losgeht. Auf der Webseite stehen bereits Termine für das Reeperbahn Festival im September sowie zwei Hip-Hop-Abende im Oktober. Nach und nach wird sich der Konzertkalender der Georg Elser Halle nun füllen. Und zwar ganz bewusst mit Acts aus allen Genres, wie Malte von der Lancken betont. „Die Halle wird sich sukzessive etablieren‟, meint der Booker, der sich ebenfalls um das Programm des nur wenige Meter tiefer gelegenen Clubs Uebel & Gefährlich kümmert.
Von Waldenfels sieht die anderen Mitwirkenden im Musikbunker als wichtige Kooperationspartner. So ist bereits im Gespräch, im Herbst ein Bunker-Festival zu veranstalten, das sich zwischen Resonanzraum im zweiten Stock und eben der Georg Elser Halle bewegt. Besonderen Wert legen von Waldenfels und von der Lancken auf die Einbindung der lokalen Szene. „Alle Hamburger-Schule-Bands zum Beispiel, die diese Kapazität brauchen, werden wir einladen‟, erklärt der Betreiber.
Georg Elser Halle: Morgens wird aus der Konzertlocation eine Schulsporthalle
Doch egal ob internationale oder Hamburger Acts: Wenn in der Nacht die letzten Töne verklungen sind, muss direkt geputzt werden. Denn am Morgen wird aus dem Musikclub eine Schulsporthalle. „Multipurpose‟ lautet das Zauberwort. Der Clou: Mit beleuchteten Linien im Boden lässt sich jedes beliebige Spielfeld anzeigen. Und wenn der Ort dann später zum Beispiel mal für ein Firmen-Event gebucht wird, lassen sich Logos oder Filme über zwei ebenerdige Monitore einblenden. „Für mich liegt die Magie darin, dass das hier eine Halle für alle ist‟, sagt Malte von der Lancken. Und tatsächlich hat das Struensee Gymnasium aus der nahen Wohlwillstraße die Bühne bereits bei seiner Zeugnisübergabe eingeweiht.
Ob nun Zirkeltraining, Indoor-Flohmarkt oder Livemusik: Der Weg zur Georg Elser Halle führt über den sogenannten Bergpfad um den Bunker herum. Menschen mit Handicap können einen Aufzug nutzen. Mit seiner Highground Gardens Event GmbH fühlt sich von Waldenfels zugehörig zum Gesamtkonzept Grüner Bunker mit Hotel, Gastronomie und Dachgarten inklusive des grünen Beteiligungsprojektes Hilldegarden: „Wir möchten integraler Bestandteil des Viertels und der Stadt sein.‟ Also mehr Begegnungsraum statt ausschließlich Touristenattraktion.
Grüner Bunker in der Feldstraße: Aufmerksamkeit für Nazi-Vergangenheit
Seiner Ansicht nach hat der Grüne Bunker gerade in diesen politisch angespannten Zeiten einen besonders positiven Effekt: „Wir sehen jetzt, was für eine Aufmerksamkeit dieses Mahnmal auf einmal bekommt.‟ Jeder der mehreren Tausend Gäste, die derzeit täglich den Bunker besuchen, würden darüber nachdenken, warum das Gebäude entstanden ist. Und tatsächlich stehen zahlreiche Menschen auf der Ebene Null beim Eingang zur Georg Elser Halle vor den Schautafeln, die über die nationalsozialistische Vergangenheit informieren.
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Der Name der Spielstätte selbst erinnert an den Widerstandskämpfer und Hitler-Attentäter, der im April 1945 in Dachau ermordet wurde. Die Eröffnungsrede am Sonnabend wird der Veranstalter und Elser-Experte Helmut Butzmann halten, der mit seiner Gedenkarbeit auch zu der Namensgebung anregte. Wenn also die Halle bald auf internationalen Tourplakaten und Tickets steht, wird der Name Georg Elser weiter verbreitet werden. Malte von der Lancken erhält jetzt bereits Feedback von Bands und Mitarbeitenden aus der Musikbranche, dass sie sich aufgrund des Bookings verstärkt mit der Geschichte des aktiven Nazi-Gegners befasst hätten. Eine gute Rückkopplung.
Georg Elser Halle – Opening Soundcheck: Sa 20.7., 18.00, Tickets zu 22,70 im Vvk. unter www.georgelserhalle.de