Hamburg. Der britische Gitarrist spielte sich durch 50 Jahre Rockgeschichte. Ein legendäres Album stand dabei im Mittelpunkt.
Egal, ob man jetzt die progressive Phase mit Sänger Peter Gabriel oder die kommerziellere Ära mit Sänger Phil Collins bevorzugt: Genesis hat wirklich eine Menge bewegt, erreicht und inspiriert. 1967 gegründet, beendete Genesis allerdings im März 2022 offiziell in London mit einem finalen Konzert alle Live-Aktivitäten. Phil Collins machte es gesundheitlich nicht mehr mit, was auch Peter Gabriel erkannt haben dürfte, der in der O2 Arena im Publikum saß.
Aber was heißt schon Ende der Live-Aktivitäten. Irgendwo ist immer noch etwas zu erleben für Genesis-Fans oder besser gesagt von Bewunderern der jeweiligen Einzelkönner, die das Werk der britischen Band über die Jahre mitgeprägt haben. Steve Hackett zum Beispiel, von 1971 bis 1977 Gitarrist bei Genesis, wurde zwar nicht so prominent wie Gabriel und Collins, Mike Rutherford oder Tony Banks, aber bereicherte diese Phase um mal virtuoses, mal sphärisches Spiel. Was er kann, zeigt er auch am Donnerstag im Hamburger Stadtpark.
Steve Hackett im Stadtpark: Mit Genesis in den Sonnenuntergang
Zusammen mit seiner zum Großteil seit Jahren bewährten fünfköpfigen Band mit Sänger Nad Sylvan, Bassist Jonas Reingold, Schlagzeuger Craig Blundell, Keyboarder Roger King und Multiinstrumentalist Rob Townsend geht es zuerst in das Hier und Jetzt: Der Abend startet rockig, orientalisch und bluesig mit „People Of The Smoke“, „Circo Inferno“ und „These Passing Clouds“ von Hacketts 26. Solo-Album „The Circus And The Nightwhale“, das im Februar dieses Jahres erschienen ist. Auch „The Devil’s Cathedral“ ist mit drei Jahren noch ein junges Lied. Gutes Zeug, kraftvoll und variabel und begleitet von Hacketts feinem Spiel, das stilistisch einen Bogen von Gary Moore (Hackett besitzt eine Fernandes-Gitarre aus Moores Nachlass) zu Brian May schlägt. Dafür gibt es verdienten Applaus aus dem Rund und ein „Moin, Moin!“ zurück von Hackett.
Aber nicht wenige der für Stadtpark-Konzerte übersichtlichen 1700 Fans in den Stuhlreihen freuen sich auch sehr über ein Bass-Solo zwischen Bach (Prelude Nr. 1) und Hendrix („Voodoo Child“). Und natürlich nach 20 Minuten Pause über jene Songs, die vor 50 Jahren veröffentlicht wurden: In der zweiten Konzerthälfte präsentieren Hackett und Band neun Lieder vom Genesis-Doppelalbum „The Lamb Lies Down on Broadway“. Nach dem Titellied, „Fly On A Windshield“ und „Broadway Melody Of 1974“ weicht das Ensemble von der Reihenfolge des wie eine surreale Geschichte aufgebauten Konzeptalbums ab – mit „Hairless Heart“, „Carpet Crawlers“ und „The Chamber Of 32 Doors“.
Steve Hackett im Stadtpark: Fans singen, tanzen und dirigieren mit
Schon dass sich Hackett, der über die Jahre Genesis immer wieder mit Live- und Studioplatten unter der Marke „Genesis Revisited“ zurückschaute, überhaupt diesem Album widmet, ist bemerkenswert. Schließlich hatte er seinerzeit als Gitarrist auf „The Lamb Lies Down On Broadway“ nicht wirklich viel zu tun, und stritt sich bis zu seinem Ausstieg oft mit den anderen Genesis-Mitgliedern über seine reduzierte Rolle. Aber der Gesamtqualität des Werks kann auch er sich nicht verschließen.
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Nicht generell, aber vereinzelt tanzen, singen und dirigieren Fans die Songs verträumt im Stehen mit. Nach „It“ geht es mit Genesis-Songs vom Album „Selling England By The Pound“ (1973) wie „Dancing With The Moonlit Knight“, „The Cinema Show“ und „Firth Of Firth“ weiter zum obligatorischen Finale mit „Los Endos“. Mehr als zwei Stunden Spielzeit, bestes Wetter, kein Gedränge, eine gelungene Zeitreise und Standing Ovations: ein Stadtpark-Abend, wie er sein soll.