Hamburg. Der Londoner Rapper und seine tolle Band ließen 4000 Fans etwas zu kurz auf wirklich schönen Klangteppichen dahinschweben.
Ah, mal ein neues Gesicht im Stadtpark: Am Donnerstag feiert Loyle Carner seine Premiere in Winterhude, ein 29 Jahre junger britischer Rapper aus London, der mit seiner vierköpfigen Liveband und smoothen Klangteppichen, deutlich hörbar von Jazz inspiriert, an seine Oldschool-Landsmänner von Us3 erinnert. Und der nach dem Dauerregen am Mittag abends akustisch angenehme Heiterkeit verbreitet.
Aktiv an den Mics ist Loyle Carner (bürgerlich Benjamin Coyle-Larner) seit mehr als zwölf Jahren, aber es dauerte bis 2017, bis sein erstes Album „Yesterday’s Gone“ erschien. Damit und mit den Nachfolgern „Not Waving, But Drowning“ 2019 und „Hugo“ 2022 hat sich der leidenschaftliche Koch und Fußballfan (Liverpool und über den Stiefvater auch Manchester United) in der Top-Liga der britischen Hip-Hop-Szene etabliert.
Loyle Carner im Stadtpark: Lässiger kann Hip-Hop nicht sein
Seine reflektierten, introvertierten Texte und die schon mit dem WDR Funkhausorchester oder beim Montreaux Jazz Festival bewiesene Musikalität seiner Tracks sind, und das hört man auch beim ersten Song „Hate“ im Stadtpark, in der Ära von Autotune-Gebrabbel und synthetischen Hastig-Beats eigentlich völlig aus der Mode.
Trotzdem hat er auch in Hamburg, wo er bereits beim Dockville Festival 2016, Spektrum Festival 2017, im Mojo, in der Freiheit und beim Reeperbahn Festival 2022 im Operettenhaus auftrat, bei seiner einzigen Headliner-Show in Deutschland ein großes, diverses Publikum versammelt: 4000 Fans sind im ausverkauften Stadtpark, und das für seine Lieder, und nicht, weil Carner für Parfümlinien von Yves Saint Laurent modelte.
Konzert Hamburg: Viel Szenenapplaus für die tolle Vorband
Schon beim Vorprogramm The Silhouettes Project, wie Carner ebenfalls aus London und wie vor wenigen Tagen in Glastonbury auf der Bühne, ist die Stimmung im Rund klasse mit viel Szenenapplaus und spontanen Chören. Und Carner segelt mit „Plastic“, „Ain’t Nothing Changed“ und „Angel“ lässig auf der Welle des Basses, im Wind der Keyboards und in der Strömung der Beats direkt in die Herzen. „Wie geht‘s?“, fragt er auf Deutsch. Gut geht es der Menge, obwohl es wieder anfängt, kurz zu regnen. „Für mich als Süd-Londoner ist das ein sonniger Tag“, scherzt Carner vorne an der Grasnarbe.
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Mit 16 war er schon als Austauschschüler in Hamburg, wie er vor dem Bühnenbild, das sein kleiner Sohn (ist im Tourbus mit dabei) gemalt hat, erzählt. Und Carner hat sich in dieses Land und diese Stadt verliebt. Das nimmt man ihn ab. Stressfrei und schön chillig geht es mit dem fantastischen „Nobody Knows (Ladas Road)“, „Still“, „Loose Ends“ und „A Lasting Place“ in den einsetzenden Sonnenuntergang und nach 70 deutlich zu kurzen Minuten zum letzten Song „Ottolenghi“. Aber im St.-Pauli-Trikot kehrt Carner noch mal zurück für ein Gedicht.
Guter Mann. Den sollte das Elbjazz Festival unbedingt für 2025 buchen.