Hamburg. Kinder- und Jugendtheater stellt vielversprechende Spielzeit vor. Dabei: ein düsterer Klassiker und eine Kinoadaption von Fatih Akin.

Das Junge Schauspielhaus ist angekommen. Also, „so richtig angekommen“, freut sich Klaus Schumacher, der mit seinem Ensemble genau genommen ja schon seit drei Jahren am nicht mehr ganz neuen Standort am Wiesendamm residiert. Auch das Publikum hat sich daran gewöhnt, dass in Barmbek hochkarätiges Kinder- und Jugendtheater stattfindet: Die stabilen Auslastungszahlen von mehr als 90 Prozent in der zu Ende gehenden Saison sprechen für sich. Außerhalb war die Anerkennung ebenfalls sichtbar: Mit vier verschiedenen Inszenierungen war das Junge Schauspielhaus auf vier verschiedene renommierte Festivals eingeladen. Der Erfolg geht in die Breite.

Beschwerden darüber, dass man bisweilen schwer Karten bekommt, weil Vorstellungen wie „Subjekt Woyzeck“ (ab 14 Jahren) so schnell ausgebucht sind, muss man einerseits als Kompliment verstehen – andererseits hat das Haus nun pragmatisch darauf reagiert: Bereits jetzt ist der Vorverkauf bis in den Dezember freigeschaltet. Das erleichtert die Planung sowohl für Lehrer und Lehrerinnen, die vormittags oder abends mit Schulklassen kommen möchten, als auch für reguläres Publikum.

Junges Schauspielhaus: Theaterfassung von Fatih Akins „Aus dem Nichts“ für Jugendliche ab 14 Jahren

Und früh zu buchen könnte sich lohnen, denn das Programm der kommenden Spielzeit ist vielversprechend: Den Auftakt macht Otfried Preußlers „Krabat“ in einer düsteren Fassung von Dramaturgin Stanislava Jević und Regisseur Mathias Spaan, die sich explizit erst an eine Zuschauerschaft ab 12 Jahren richtet. Derzeit laufen die Proben am Wiesendamm. Die Premiere am 21. September wird nicht nur der Spielzeitauftakt für das Junge Schauspielhaus, sondern auch das Debüt für gleich drei neue Ensemblemitglieder: Anastasia Lara Heller aus Berlin sowie Parsa Yaghoubi Pour und Payam Yazdani, die beide in Hamburg groß geworden sind. Jara Bihler, Severin Mauchle und Nico-Alexander Wilhelm verlassen das Theater zum Ende der Spielzeit. 

Mit frischer Besetzung wird im Herbst eine Erfolgsproduktion in den Spielplan zurückgeholt, die das Junge Schauspielhaus seit sieben Jahren nicht gespielt hat: „Tiere im Hotel“ für Zuschauerinnen und Zuschauer ab fünf Jahren. Das Publikum ist nachgewachsen.

Junges Schauspielhaus: Akin ist am Probenprozess nicht beteiligt

Die Adaption von Fatih Akins Kinofilm „Aus dem Nichts“ richtet sich ab Mitte Januar an Jugendliche ab 14 Jahren: „Was es bedeutet, sich über andere zu erheben“, sagt Klaus Schumacher, stehe im Zentrum dieses Thrillers über einen NSU-Anschlag auf die türkischstämmige Community. Regisseur Schumacher schreibt gemeinsam mit Stanislava Jević eine neue Theaterfassung aus dem Stoff; Akin selbst hat seine Zustimmung gegeben, ist am Probenprozess jedoch nicht beteiligt.

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Eine weitere Neufassung beruht auf dem berühmtesten Werk der Schwedin Selma Lagerlöf: „Nils Holgersson rettet Europa“ von Lena Reißner (Regie: Till Doğan Ertener, ab 10 Jahren) läuft ab Februar 2025 im Studio Wiesendamm. Im April folgt „eine interaktive Kapitalismuskritik für Menschen ab acht Jahren“ unter dem schönen Titel „Bonni und Kleid“, bevor Brigitte Dethier sich mit „Bambi“ beschäftigt – nicht nach der berühmten Disney-Version, sondern nach deren Vorlage, dem naturphilosophischen Roman des Österreichers Felix Salten.

Junges Schauspielhaus: „Am Geld darf es in einer Stadt wie Hamburg nicht scheitern“

Etablierte Formate wie der „SchauSpielRaum“ für Laienensembles und das Familienangebot „Bloomy Sunday“ werden fortgeführt, die neue Lesereihe „Hörensagen“ stellt Jugendbücher zum Thema Flucht und Migration vor. Besonders wichtig aber ist dem Leiter des Jungen Schauspielhauses der Hinweis auf die „Klassenkasse“: eine durch Spenden ermöglichte Perspektive für jene Schulklassen, deren Theaterbesuch eine ansonsten unüberwindbare finanzielle Herausforderung wäre. „Am Geld darf es in einer Stadt wie Hamburg nicht scheitern, das müssen wir als Erwachsenengesellschaft leisten.“ Drei- bis viermal im Monat, überschlägt Klaus Schumacher, werde die „Klassenkasse“ derzeit in Anspruch genommen.