Bayreuth / Hamburg. Dirigent Pietari Inkinen ist so heftig erkrankt, dass er nicht weiter proben kann. Sicher ist: Angela Merkel kommt.
Weiß man, wie das wird? Alle Sommer wieder stellen sich librettosichere Fans von Richard Wagner diese Frage, denn obwohl die Bayreuther Festspiele längst nicht mehr der einzig seligmachende Ort sind, an dem man gute, relevante oder zumindest kontroverse Inszenierungen sehen und hören kann – das Festspielhaus auf dem Grünen Hügel zieht die Aufmerksamkeit an wie das Rheingold den Ärger.
Nach der Corona-Zwangspause hat Intendantin Katharina Wagner die Premieren-Schlagzahl sogar noch erhöht: Am 25. Juli wird eine neue „Tristan und Isolde“-Inszenierung präsentiert.
Bayreuther Festspiele: Richard Wagners Ring soll wie eine Netflix-Serie werden
Wenige Tage später, am 31. Juli, sollte sich zeigen, ob die Personalentscheidungen für den neuen „Ring“-Zyklus richtig waren. Die Hausherrin hatte den Dirigenten Pietari Inkinen, Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie in Saarbrücken und Kaiserslautern, sowie den jungen Österreicher Valentin Schwarz für die Regie engagiert.
Keine großen Namen also, sondern Hoffnungsträger, die nun, mit viel unverschuldeter Verspätung, zum Zug kommen sollten. Fünf Premieren in einem Festspiel-Sommer, das ist rekordverdächtig.
Wegen Corona: Bayreuth ersetzt „Ring“-Dirigenten
Doch jetzt stört erneut Corona das Projekt empfindlich: Dirigent Pietari Inkinen ist so heftig an Corona erkrankt, dass er nicht weiter proben kann. Inkinen gebe die musikalische Leitung des vierteiligen Werks ab, teilte Festspielsprecher Hubertus Herrmann mit. „Eine schwerwiegende Corona-Erkrankung macht seine Teilnahme bei den wichtigen Bühnenproben mit Orchester unmöglich.“ Die Festspielleitung bedauere dies außerordentlich.
Immerhin: Ersatz ist schon da auf dem Grünen Hügel zu Bayreuth. Cornelius Meister, Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart, war eigentlich für die Eröffnungspremiere „Tristan und Isolde“ (25.7.) gebucht. Nun wird er unverhofft zum „Ring“-Dirigenten. Die Proben hatte er schon in den vergangenen Tagen übernommen, nachdem die Erkrankung seines Kollegen bekannt geworden war. „Wir sind Cornelius Meister überaus dankbar, das Dirigat der Neuproduktion "Der Ring des Nibelungen" zu übernehmen“, schreibt die Festivalleitung.
Meister übernimmt den "Ring" und gibt „Tristan und Isolde“ ab
Um sich voll auf den insgesamt rund 16-stündigen „Ring“ mit seinen vier Opern konzentrieren zu können, gibt der 42-Jährige die musikalische Leitung von „Tristan und Isolde“ ab. Markus Poschner, Chef des Bruckner-Orchesters Linz, wird übernehmen und die Festspiele am 25. Juli eröffnen.
Theoretisch Zeit hätte auch Christian Thielemann Zeit gehabt. Er ist ein alter Hase in Bayreuth und wagner-sattelfest, in dieser Saison hat er „nur“ den „Lohengrin“ zu dirigieren. Praktisch kompliziert wäre es allerdings geworden, weil Thielemann Ende Juli Konzert-Termine mit den Wiener Philharmonikern bei den Salzburger Festspielen hat, die wiederum wahrscheinlich nicht auf ihn verzichten möchten.
Klaus Florian Vogt singt Siegmund und Lohengrin
In den Casts für die Produktionen finden sich viele bewährte Größen: den Tristan stemmt Stephen Gould, seine Isolde ist Catherine Foster. In der Walküre singt Klaus Florian Vogt den Siegmund, neben Lise Davidsen als Sieglinde. Und natürlich ist Vogt auch in der Titelpartie des „Lohengrin“ als Schwanenritter präsent, neben Camilla Nylund als Elsa.
Als „Siegfried“-Siegfried ist der auf diese Rolle abonnierte Andreas Schager zu erleben, in der „Götterdämmerung“ wird er von Stephen Gould abgelöst.
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John Lundgren sagt „Holländer“ ab – wegen „schwerer persönlicher Probleme“
Die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv, im letzten Jahr als erste Dirigentin im Bayreuther Graben gefeiert, leitet auch jetzt die Vorstellungen vom „Fliegenden Holländer“. Nicht nur am Dirigentenpult, auch in der Sängerbesetzung musste prominent nachjustiert werden. John Lundgren („schwere persönliche Probleme“ laut Festspielleitung) gab die Partie des Holländers an Thomas J. Mayer ab.
Einige fliegende Wechsel also, bevor das Publikum sich zu den berüchtigt harten Holzsitzen begibt, doch eine bleibt sich und ihren Vorlieben treu: Angela Merkel, inzwischen Ex-Bundeskanzlerin und ebenso bekennende wie kundige Wagnerianerin, hat sich für die „Tristan“-Premiere angemeldet.