Bayreuth. Weniger Besucher, Masken und kein festlicher Premieren-Empfang: Die Bayreuther Festspiele gingen in kleinerer Form über die Bühne, aber nicht mit weniger Leidenschaft. Nun geht die Spielzeit zu Ende.
Große Oper in Bayreuth ist auch in Zeiten der Corona-Pandemie möglich. Das haben die Richard Wagner-Festspiele in diesem Jahr eindrucksvoll bewiesen. Nach der Zwangspause vergangenen Sommer war in die oberfränkische Stadt Festspielflair zurückgekehrt. Das Virus stand auf dem Grünen Hügel nicht im Mittelpunkt, für Gesprächsstoff sorgten unter anderem zwei Neuinszenierungen, die Auftritte zweier bestens bekannter Dirigenten und einige Personalien. Am Mittwoch ist nun Schluss im Festspielhaus. Zeit für einen Rück- und Ausblick.
Corona-Festspiele
Kurz vor dem Ende dieser coronabedingt ungewöhnlichen Spielzeit bilanziert die Festspielleitung: "Alle Tickets sind bislang verkauft worden." Kein Wunder - Karten für die Richard-Wagner-Festspiele sind begehrt und im Jahr 2021 durften statt 2000 nur rund 900 Wagnerianer in das Festspielhaus. Maskentragen, Abstandhalten und Corona-Tests nahm das Publikum gerne in Kauf.
Fazit der Chefin
Festspielleiterin Katharina Wagner (43), Urenkelin des Komponisten, ist alles in allem zufrieden: "Das umfangreiche künstlerische Angebot, bestehend aus der Kinderoper und dem Diskurs-Ring 20.21 mit der Uraufführung "Rheingold - Immer noch Loge" am Teich, der von Hermann Nitsch bebilderten "Walküre", dem virtuellen Drachenkampf von Jay Scheib und der Installation von Frau Shiota waren vielbeachtet und stießen auf eine breites, positives Echo." Sie verwies besonders auf die umjubelte Neuproduktion "Der fliegende Holländer", die Wiederaufnahmen von "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Tannhäuser" sowie auf das Konzert mit Dirigent Christian Thielemann.
Neuinszenierungen
Zwei Neuproduktionen boten Stoff für kontroverse Diskussion unter den Wagnerianern. Während nach der Premiere der Oper "Der fliegende Holländer" begeisterter Applaus aufbrandete, gab es für die "Walküre" reichlich Buh-Rufe. Letztere Oper setzte der österreichische Aktionskünstler Hermann Nitsch in Szene, und zwar mit reichlich Farbe. Für Teile des Bayreuther Publikums war diese "Walküre" offensichtlich etwas zu bunt. Auch der musikalische Leiter Pietari Inkinen und Wotan-Sänger Tomasz Konieczny überzeugten die Zuschauer nicht restlos. Vielleicht ein Ansporn für die kommende Saison.
Beim "Holländer" dagegen hatte es großen Jubel gegeben, insbesondere für Dirigentin Oksana Lyniv - die erste Frau, die in 145 Jahren Bayreuther Festspielgeschichte je am Dirigentenpult stand, feierte ein gelungenes Debüt. Ebenso die Sopranistin Asmik Grigorian.
Rückkehr zweier bekannter Namen
Dass die Festspielfamilie in schwierigen (Corona-)Zeiten zusammen hält, zeigte sich bei den Auftritten der Dirigenten Christian Thielemann und Andris Nelsons. Thielemann war bis Anfang 2021 Musikdirektor, welche Rolle er künftig einnehmen könnte, ist unklar. Nelsons hatte die Festspiele 2016 mit einer kurzfristigen Absage in die Bredouille gebracht. Nun standen beide wieder am Pult: "Hier ist alles so von Corona dominiert, dass wir diese Entscheidungen bewusst zurückgestellt haben", sagte Thielemann. "Ich fand es richtig, dass man sagt: Persönliche Befindlichkeiten sind nicht wichtig, wir müssen sehen, dass der Betrieb wieder in Gang kommt und die Festspiele gut zu Ende gehen können."
Politprominenz
Das übliche Defilée der Prominenten auf dem Roten Teppich vor dem Festspielhaus fiel in diesem Jahr aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ sich die Premiere allerdings nicht entgehen und reiste mit ihrem Mann Joachim Sauer nach Bayreuth. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kam mit Gattin zur Opernaufführung. Mitte August hätte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Festspiele besuchen und sich eine "Thannhäuser"-Inszenierung ansehen wollen. Wegen der zugespitzten Lage in Afghanistan sagte er seinen Besuch jedoch ab. Als letzter amtierender Bundespräsident war nach Angaben der Stadt Bayreuth 2013 Joachim Gauck zu Gast gewesen.
Ausblick
Die Spielzeit 2022 steht im Zeichen des vierteiligen Mammutwerks "Der Ring des Nibelungen". Die Neuproduktion von Regisseur Valentin Schwarz hätte 2020 auf die Bühne kommen sollen, konnte aber wegen der Corona-Umstände nicht realisiert werden. Neuer Termin ist 2022 und eine erste Umbesetzung gibt es auch schon: Günther Groissböck, der als Wotan in der "Walküre" und dem "Rheingold" sowie als Wanderer in "Siegfried", eingeplant war, hatte im Juli kurzfristig abgesagt. Inzwischen konnte Katharina Wagner teilweise Ersatz verkünden: John Lundgren springt für zwei der drei Rollen ein. Offen war noch der Wotan im "Rheingold". Die umstrittene Neuinszenierung der "Walküre" jedenfalls gab in diesem Jahr einen Vorgeschmack auf den "Ring" und das Festspieljahr 2022.
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