Hamburg. Das Festival „Hauptsache Frei“ bietet bis 4.9. unter anderem „zufallsbasierte Spaziergänge in der Stadt“. Was dahinter steckt.

Das Ritual erinnert an die Ziehung eines Hauptgewinns: Gefaltete rosa Papierstreifen werden einer Box entnommen, die darauf formulierten Worte dem Publikum vorgelesen – „Solidarität“, „Vernetzung“ und „künstlerische Erfahrungen in den Alltag integrieren“. Es sind Wünsche von Akteuren der Freien Szene im Bereich Darstellende Kunst, schriftlich festgehalten im Herbst 2020.

Sie nun zur Eröffnung des Festivals „Hauptsache Frei #7“ lautstark in die Welt zu schicken, ist eine originelle Idee jenseits der typischen Eröffnungsreden. Die gab es natürlich auch am ersten Abend in der „Wiese“, dem neuen theatralen Produktions- und Bildungszentrum in Barmbek.

„Zugänge schaffen“: Festival setzt Barrierearmut um

Nach dem Corona-bedingten Ausfall im vergangenen Jahr standen dem neuen Leitungsteam unfreiwillig zwei Jahre Vorbereitungszeit für zwei Wochen Programmgestaltung zur Verfügung. Die siebte Ausgabe des Festivals der Darstellenden Künste Hamburgs hatte also ausreichend Zeit zu wachsen.

Und so stellte das künstlerische Leitungsteam aus Jens Dietrich und Christine Grosche gemeinsam mit drei Kuratoren ein dichtes und pralles Angebot vor, das 2021 unter der Überschrift „Zugänge schaffen“ steht. Gleich am ersten Abend wurde die Barrierearmut umgesetzt: Sehbehinderte konnten eine Bühnenbegehung vorab und während der Vorstellung eine Audio-Deskription nutzen. Maximal 70 Personen waren als Publikum erlaubt.

Künstler-Duo imitiert weibliche (Anti)Heldinnen

Den Anfang der insgesamt 13 Live-Performances machte das Künstler-Duo Carolin Jüngst und Lisa Rykena mit „She Legend“ – am ehesten mit „Legende über Weiblichkeit“ zu übersetzen. Denn die beiden Tänzerinnen und Choreografinnen nehmen sich weibliche (Anti)Heldinnen insbesondere aus dem Comic-Kosmos vor, die sie imitieren und genüsslich karikieren.

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In kurzen Hosen, gepolsterten Jacken und Turnschuhen setzen sie sich optisch gegen fantasierte Superweiber ab; genau das erzeugt aber Komik, wenn sie deren heroische Gesten kopieren: Mit verzerrtem Gesicht wirft die eine ihre Beine ziellos in die Höhe und gebärdet sich wie eine ferngesteuerte Kampfmaschine, die andere setzt ihren langen Zopf wie den Rotor eines Hubschraubers ein.

Festival ist Gewinn für Freie Szene Hamburgs

Dank der großen Vielfalt an Formaten – Konzerte, Workshops, Hörspiele, Vorträge, Gesprächsrunden, Live-Streams und „zufallsbasierte Spaziergänge durch die Stadt“ – liefert das diesjährige Festival tatsächlich einen Gewinn für die Darstellende Kunst-Szene Hamburgs.

„Hauptsache Frei #7“, bis 4.9., Karten zu 5-12 Euro unter www.hauptsachefrei.de