Hamburg. Der Hamburger Bestsellerautor erzählt seinem Sohn gern Taxi-Geschichten. Daraus ist ein kunterbunter Band geworden.

Wer schaut schon einem Taxi unter die Motorhaube? Keiner. Ein großes Versäumnis, wie sich herausstellt, denn dort liegt der „Motormann“. Inmitten von Schrauben, gemütlich in einem kleinen Bett, er liest ein Buch über Autos und macht eifrig Motorengeräusche. „BRRRUMMM-BRRRUMMM“, aber auch „BRUKK-BRUKK-BRUUUKK“. Wie ein Taxi halt so klingt.

Der Motormann ist nur eine von vielen außergewöhnlichen Figuren in Saša Stanišić’ erstem Kinderbuch, das im Hamburger Mairisch Verlag erschienen ist: „Hey, hey, hey, Taxi“ ist ein Vorlesebuch, übermütig und bunt und wohltuend nicht-niedlich illustriert von Katja Spitzer, das Eltern und Kinder ab vier Jahren in jedem der manchmal ganz kurzen Kapitel auf eine Reise mitnimmt – immer ist das eine kuriose Taxifahrt.

Die führt mal an die Elbe (mit „wuschigen“ Wellen, die nicht nur größer als alle Hafenkräne sind, sondern „größer als der größte Brokkoli der Welt“), mal ins Mittelalter, mal mitten durch einen Briefkastenpudding. Einmal sogar bis zum Mond, da ist das Taxi allerdings ein gelber Käse und riecht superlecker, und der Ich-Erzähler kriegt sofort „eine Riesenlust auf ein Käsebrot“.

Warum Saša Stanišić „Hey, hey, hey, Taxi“ geschrieben hat

Seine Ziele beim Schreiben dieses Buches, erzählt Saša Stanišić im Vorwort, das bei ihm „Vorort“ heißt, seien gewesen: „Erfreuen, gut verwirren, zum Miterzählen animieren.“ Und es ist vor allem dieses unschlagbar gute Verwirren, das „Hey, hey, hey, Taxi“ zu einem sofortigen Lieblingsbuch macht.

Saša Stanišić lebt in Hamburg.
Saša Stanišić lebt in Hamburg. © Roland Magunia/Hamburger Abendblatt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Der großformatige Band liest sich, als sei das Buch selbst ein Komplize des Kindes, dem man daraus vorträgt. Was bestimmt auch daran liegt, dass Stanišić’ kleiner Sohn Nikolai tüchtig miterzählen durfte. Für alle Ideenschlenker und Fantasie-Umwege war er das erste Publikum, denn so ist dieses Werk entstanden: „Beim Zähneputzen mit ihm, beim Wandern, vorm Einschlafen.“ Der Humor ist gerade richtig verdreht, die Logik folgt eigenen Regeln (oder auch mal gar keinen), da ist viel Raum für verstellte Stimmen, Geräusche, Zwischenfragen, und vor allem ist das Personal schrullig und liebenswert.

Stanišić hat auch das Hörbuch eingelesen

Es gibt zum Beispiel einen sehr kleinen Riesen, der „Riesling“ heißt, einen kleptomanen Zwerg, der den Namen „Fieberthermometer“ trägt, eine kurzhalsige Giraffe und einen strickenden, lispelnden Drachen. Es gibt auch Piraten und „Pududel“ mit „Sehrlautetrompete“ und überhaupt einen ganzen Haufen neu erfundener Wörter: „Schnallen Sie sich an, es wird jetzt blitzig!“ – „Wie wird es?“ – „Blitzig! Zackzackzacklig! Leopardürig!“ – „Meinen Sie schnell?“ – „Schnell? Nein. Schnell kann jeder. Stürmös! Das kann nur ich!“

Auch das ebenfalls bei Mairisch erschienene Hörbuch ist ein großer Spaß, eingesprochen mit hörbarer Lust und Verve vom Autor selbst. Der bleibt dabei nicht immer schnurgerade am gedruckten Text und empfiehlt diesen unverkrampften Umgang mit seinen Geschichten auch den Vorleserinnen und Vorlesern: „Ändere sie! Baue die Variablen Eurer Welt in diese meine.“

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Am Ende eines jeden Kapitels führt der Weg des Taxis zurück nach Hause, „zurück zu dir“. Was nach all den Abenteuern und dem Segelsetzen und den verrückten Begegnungen eine wunderbar tröstliche Aussicht ist. Er selbst sei eine Zeit lang viel gereist, erzählt Saša Stanišić, stets habe diese Reise mit dem Einsteigen in ein Taxi begonnen, und immer sei er, nach den Lesereisen, Buchmessen, Preisverleihungen, irgendwann wieder aus einem solchen heraus gekommen.

Stanišić bekamt für "Herkunft" 2019 den Deutschen Buchpreis

„Herkunft“ heißt sein wahrscheinlich größter Bucherfolg, für den er 2019 auch den Deutschen Buchpreis bekam – und letztlich ist „Herkunft“ vielleicht auch nur ein Synonym für „Kindheit“, einen Raum, der Welt und Zeit zugleich ist, zu dem Saša Stanišić auch als Erwachsener den Schlüssel offensichtlich nicht verloren hat.

Was das Fazit eines ziemlich unbestechlichen Erstklässlers übrigens bestätigt: „Das Taxi-Buch ist komisch, aber ganz schön doll lustig-komisch, und guck doch mal, wie schnell ich blinzeln kann!“