Hamburg. Das Musical-Märchen „Encanto“ erzählt von der exotischen Welt in einem Dorf in Kolumbien und einem Mädchen, das zur Retterin wird.

Disneys Animationsfilme zaubern uns alljährlich in fremde Welten. Mal sind sie uns irgendwie vertraut, weil wir sie schon als Märchen gelesen haben („Schneewittchen“, „Dornröschen“, „Alice im Wunderland“). Mal sind sie einfach nur exotisch: von der tapferen (realen) Indianerfrau Pocahontas bis zum mutigen Mädchen Mulan im mittelalterlichen China. Dabei erschließt der Konzern immer wieder neue, große Märkte – auch mit seinem 60. Spielfilm „Encanto“, der auf Südamerika zielt und den Spagat schafft, nicht nur in eine sehr exotische, sondern auch in eine sehr märchenhafte Welt einzutauchen, in der uns wirklich nichts vertraut scheint.

Willkommen also in der magischen Welt der Madrigals, die mitten im kolumbianischen Dschungel, im Dorf Encanto, ein Haus besitzen, in dem sich für jedes seiner Mitglieder an einem Tag bei einem Initiationsritus eine magische Tür öffnet und eine bestimmte Gabe empfangen wird. Dank einer Kerze, die die Familien-Älteste, Abuela, vor 50 Jahren bei ihrer dramatischen Flucht aus ihrer Heimat erhielt und deren Dauerleuchten im Giebel des Hauses sie seitdem bewacht. Es geht schließlich um die Wahrung der Familienehre.

Encanto: Tollpatsch Mirabel kommt hinter ein dunkles Geheimnis

Umso schlimmer, dass sich bei der Initiation der quirligen Mirabel vor Jahren die Tür nicht öffnete – die ungeschickte Brillenträgerin blieb also ohne Gabe im Gegensatz zu ihrer bärenstarken Cousine Luisa, die zehn Esel auf einmal tragen kann, oder ihrer Schwester Pepa, über deren Kopf stets eine Wolke schwebt, weil sie die Fähigkeit besitzt, das Wetter zu beeinflussen.

Dafür kann Mirabel die Wahrheit erkennen. Und als sie in einer Vision die Zerstörung des Hauses Madrigal sieht – inklusive ausgeblasener Kerze –, will natürlich niemand der so toll-magischen Tanten, Cousinen und Schwestern dem vermeintlichen Tollpatsch glauben. Bis sich für diese dann doch eine Tür öffnet – und Mirabel dort in einer zerklüfteten Felsenlandschaft hinter das dunkle Geheimnis des Hauses kommt.

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Encanto ist ein peppiges Latino-Musical mit feurigen Rhythmen

So weit, so fremd dieses magische Madrigal-Märchen – und dabei doch so faszinierend. Weil die Regisseure Byron Howard und Jared Bush daraus ein peppiges Latino-Musical machen, mit einer großen Bandbreite von Flamenco, Tango bis Latino-Pop, deren feurige Rhythmen zum Wippen im Kinosessel einladen, während die Songtexte nach guter Musical-Art Einblicke in die Charaktere verschaffen. Dazu tanzen die Kacheln, rollen die Maiskolben und klappern die Treppenstufen, dass es eine wahre Freude ist – es ist eben ein beseeltes Haus.

Mit dem Aufdecken des Geheimnisses bekommt diese heile Welt dann ein paar sehr wohltuende Kratzer, denn durch den Verlust ihrer Magie werden die Familienmitglieder zu fehlbaren Menschen – und Mirabel ihre Retterin. „Du bist mehr als deine Gabe“, singt dann selbst Abuela – und nimmt die Außenseiterin in die Gemeinschaft auf. Die Botschaft wird jeder gern hören, der sich je als Ausgestoßener gefühlt hat. Und schon rückt die ferne kolumbianische Welt ganz nah – in einem der spannendsten Disney-Animationsfilme seit langer Zeit.

„Encanto“ 103 Minuten, ohne Altersbeschränkung, läuft im Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek