Hamburg. „Respect“ erzählt die Geschichte von Sängerin Aretha Franklin. In der Hauptrolle brilliert Jennifer Hudson.

Die große Sängerin Aretha Franklin, die auch „Queen of Soul“ genannt wurde, starb am 16. August 2018 in Detroit, Michigan. Wenige Monate danach wurde auf dem Filmfestival „Doc NYC“ die Dokumentation „Aretha Franklin: Amazing Grace“ gezeigt – für viele Kritiker eine kleine Sensation. Regisseur Sidney Pollack hatte sie 1972 in der New Temple Missionary Baptist Church in Los Angeles gedreht, wo Franklin ein Gospel-Konzert gab – allerdings war die Tonspur nicht lippensynchron, weshalb das Material jahrzehntelang unter Verschluss gehalten wurde.

Erst mit digitalen Verfahren war es möglich, den Fehler zu beheben. So ist es heute wieder möglich, die Aura einer Stimme zu erleben, die ihr Publikum seinerzeit in ungläubiges Staunen versetzte – obgleich sie ihm doch bestens bekannt war. Denn Aretha Franklin befand sich bereits auf dem Zenit ihres Ruhms, als sie das Konzert gab, ihr Welthit „Respect“ war 1967 veröffentlicht worden. Das Album „Amazing Grace“ sollte mit mehr als zwei Millionen verkauften Exem­plaren zum weltweit erfolgreichsten Gospel-Album aller Zeiten werden.

Es geht auch um Konflikte zwischen Vater und Tochter

Naheliegend, dass auch Liesl Tommys Biopic auf dieses anrührende Konzert zusteuert, mit dem sich Franklin vom Alkohol befreite und wieder ihren religiösen Wurzeln zuwandte. Erzählt werden die ersten Jahrzehnte dieses ungewöhnlichen, ruhelosen Lebens einer Frau, der von Anfang an immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt wurden.

Ein Abend in den 1950er-Jahren in Detroit, wo die junge Aretha (Skye Dakota Turner), von allen nur Ree genannt, zusammen mit vier Geschwistern im Haus des Baptistenpredigers Clarence LaVaughn Franklin (Forest Whitaker) aufwächst: Sie liegt schon im Bett und trägt ihr Nachthemd, aber der Vater will das Talent des Kindes seinen Gästen präsentieren. Keine fünf Minuten später hat Ree das gut gefüllte Wohnzimmer im Griff – und der Zuschauer verstanden, dass es hier nicht nur um die Geschichte eines herausragenden Talents geht, sondern auch um die konfliktbeladene Beziehung zwischen Tochter und Vater.

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Vier Alben veröffentlicht, aber kein Hit dabei

Forest Whitaker leiht diesem Vater eine ruppige, autoritäre Präsenz. Er hat klare Vorstellungen davon, dass sich die Tochter in den Dienst des Glaubens zu stellen hat, und zwar ausschließlich. Den Verlockungen der populären Musik steht er genauso ablehnend gegenüber wie Arethas Männerbekanntschaften. Beides bündelt sich in der Person des Musikproduzenten Ted White (Marlon Wayans), den die inzwischen erwachsene Aretha (Jennifer Hudson) ausgerechnet auf einer Party ihres Vaters kennenlernt. Der Vater fordert Ted dringend auf, sich von der Familie fernzuhalten – später wird er ihn sogar mit einer Pistole bedrohen.

In den folgenden Jahren bekommt Aretha einen Vertrag bei Columbia Records und veröffentlicht vier Alben, doch ein Hit ist nicht dabei, der sie populär machen könnte. Dann ein dramatisches Ereignis: Als Aretha zu Ehren der erfolgreichen Sängerin Dinah Washington (Mary J. Blige) ein Lied aus deren Repertoire vortragen will, wirft die Freundin den Bartisch um und erklärt, man könne dergleichen mit den Songs einer Königin nicht machen. In der Garderobe fordert sie anschließend Aretha auf, den Mut zu einem eigenen Stil zu finden.

Respect: Wie Aretha Franklin ihren Stil fand

Wie Aretha Franklin diesen Stil fand und um welchen Preis, erzählt dieser Film eindrücklich: Ted White entpuppte sich als impulsiver und gewalttätiger Gefährte, von dem sie sich schließlich trennen musste – um dann mit ihrem Album „Amazing Grace“ eine Art Heimkehr in die väterliche Gunst zu erleben. Dass diese Geschichte nicht ganz ohne Selbstfindungskitsch auskommt und so manches biografische Detail übermäßig vereinfacht, wird durch die liebevolle, authentische Ausstattung und die großartige schauspielerische Leistung Jennifer Hudsons ausgeglichen: Wer sich vom Soul packen lässt, wird hier jedenfalls begeisternde 146 Minuten erleben.

Zugleich ist „Respect“ ein spannender Ausflug in die Geschichte der USA mitsamt Rassismus-Problematik: Aretha Franklin war nicht nur mit Martin Luther King befreundet, sie sang auch auf seiner Beerdigung, nachdem er am 4. April 1968 bei einem Attentat in Memphis erschossen worden war.

„Respect“ 146 Minuten, ab 12 Jahren, läuft im Abaton, Astor FilmLounge, Cinemaxx Dammtor, Savoy, Studio-Kino, UCI Mundsburg/Othmarschen/Wandsbek