Hamburg. Start des ARD-Dreiteilers „Das Geheimnis des Totenwaldes“. Gespräch mit Schauspieler Matthias Brandt über das Grauen in der Göhrde.

Es war eine Mordserie, die im Sommer 1989 ganz Deutschland erschütterte: Im riesigen Waldgebiet der Göhrde bei Lüneburg wurden kurz nacheinander zwei Paare getötet, zudem verschwand eine Frau spurlos.

Der ARD-Dreiteiler „Das Geheimnis des Totenwaldes“ – heute ist Teil eins zu sehen – zeichnet die grausigen Ereignisse von damals in freier Form und dramaturgisch fesselnd nach. Matthias Brandt spielt den Hamburger Kripo-Chef Thomas Bethge, der sich – weil die verschwundene Frau seine Schwester ist – auf die Suche nach dem Serienmörder begibt. Zunächst hat er damit keinen Erfolg. Doch nach der Pensionierung macht er einen neuen Anlauf ... Das Abendblatt sprach mit ihm.

Darsteller traf sein Rollenvorbild, Ex-Leiter des LKA in Hamburg, persönlich

Herr Brandt, Sie haben gerade erst die Rolle des Kommissars Hanns von Meuffels im „Polizeiruf 110“ abgelegt. Hatten Sie schon wieder Lust auf eine Rolle als Ermittler?

Matthias Brandt: Die Parameter haben sich unterschieden. Wenn ich das Gefühl gehabt hätte, man will von mir eine Kopie einer anderen Darstellung, hätte mich die Rolle nicht interessiert. Im Moment ist es aber so, dass sehr viele Filme und Rollen sich im Kriminal- oder Polizeifilm-Metier abspielen. Es ist leider gerade sehr monothematisch. Ich hätte nichts dagegen, wenn sich das mal wieder etwas weiter auffächert.

Barbara Neder (Silke Bodenbender) flieht vor dem Mörder  –  eine Szene aus „Das Geheimnis des Totenwaldes“.
Barbara Neder (Silke Bodenbender) flieht vor dem Mörder – eine Szene aus „Das Geheimnis des Totenwaldes“. © dpa | Christiane Pausch

Sie haben Ihr Rollenvorbild in dem Film, den ehemaligen Leiter des Landeskriminalamtes Hamburg, Wolfgang Sielaff, vor Beginn der Dreharbeiten getroffen. Hat Ihnen das geholfen?

Wenn man mir die Rolle „Wolfgang Sielaff“ angeboten hätte, hätte ich das nicht gemacht. Andererseits ist ja völlig klar, dass der Film von einer realen Gegebenheit sehr inspiriert ist. Für mich als Schauspieler ist es spannend, mir alles an Informationen zu beschaffen, was damit zu tun hat.

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Es ist ohnehin einer der spannendsten Elemente meines Berufs, dass ich mich ständig in Berufe begebe, die nicht meine sind. Hier war es so besonders, weil man die Dimensionen dieses Vorfalls erahnen musste, um es adäquat zeigen zu können. Die Protagonisten haben Traumatisches erlebt.

Sie altern im Film gewaltig. Haben Sie so etwas vorher schon einmal gemacht?

Nein, und ich hatte davor auch Bammel. Wenn ich den 70-Jährigen spiele, musste ich morgens vier Stunden in die Maske. Man wird dabei komplett mit Silikon zugeklebt. Ich habe mich vorher gefragt, ob das Gesicht danach lebendig bleibt. Aber als ich gesehen habe, das funktioniert, war das für mich okay, und ich freue mich, dass das Handwerk noch gefragt ist und man so etwas nicht mit Computern machen muss.

Mann des Apparats und Opfer eines Verbrechens

Sie spielen einen Ermittler, der zum Opfer wird und sich doch nicht wehren kann?

Das empfand ich als interessanten Widerspruch. Danach suche ich immer in Figuren. Das sind ja immer die Kraftfelder, aus denen sich etwas entwickelt. Er war einerseits ein sehr erfolgreicher Mann des Apparats. Andererseits wird er als Hinterbliebener selbst Opfer eines Verbrechens. Da findet er sich in der gleichen Hilflosigkeit wieder wie alle anderen auch, denen so etwas widerfährt.

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang der Kontrast von Metropole und Provinz, vor dem dieser Film spielt?

Das ist manchmal durchaus quälend zu sehen, wie man sich da in Kompetenzstreitigkeiten aufreibt, statt einfach mal möglichst effektiv zu arbeiten. Dabei hat diese Machtaufteilung bei uns ja durchaus ihre Gründe. Andererseits erleben wir ja gerade die Kompliziertheiten, die der Föderalismus zustande bringt.

 Ihr Charakter im Film ist wortkarg. Ist das auch eine Generationenfrage?

Das war eine der ersten Fährten, auf die ich mich begeben habe. Ich kenne diese Generation ziemlich genau. Ihre Mitglieder zeichneten sich nicht unbedingt damit aus, dass sie ihr Innerstes nach außen gekehrt haben. Über die Länge der gesamten Geschichte betrachtet, ist das einfach ein wahnsinnig trauriger Mann. Ich wollte einen Mann zeigen, der sich uns nicht gleich offenbart. Und dann kommt es auf die Momente an, an denen ihm das nicht gelingt. Die Figur ist eigentlich abgeschlossen, aber ab und zu geht mal ein Fenster auf.

Sie leben nicht in Norddeutschland, mussten hier aber viel Zeit verbringen. Wie hat das geklappt?

Ich wohne etwas außerhalb von Berlin, bin hier aber sehr gern. Die Städte sind ja sehr nah aneinandergerückt. Auch außerhalb der Arbeit bin ich oft hier, gehe ins Theater und besuche Freunde. In den vergangenen Jahren habe ich mehr in München gearbeitet. Da habe ich aber deutlich mehr gefremdelt als hier. Ich bin ja doch mehr durch nordische Wurzeln geprägt.

„Die Geheimnisse des Totenwaldes“ 20.15 Uhr, ARD (Teil zwei 5.12., Teil drei 9.12., jeweils 20.15 Uhr), Dokumentarfilm
„Eiskalte Spur – Die wahre Geschichte des Totenwaldes
“ 9. 12., 21.45 Uhr, Podcast „Die Geheimnisse des Totenwaldes“ , Feature „Die Affäre“ unter www.ndr.de/radiokuns
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