Hamburg. Der georgische Künstler Merabi Danelia sorgt mit seiner temporären und solidarischen Installation an Schwanenwik für Aufsehen.

Die ersten Jogger staunten nicht schlecht, einige Spaziergänger rieben sich am Sonnabendmorgen verwundert die Augen, als sie die Alsterwiese Schwanenwik passierten. Auf der glänzte es bei Sonnenschein ungewohnt golden. Und als am sommerlich warmen Sonntag fast wie in Vor-Corona-Zeiten Sonnenanbeter dicht nebeneinander auf dem Grün lagen, stachen die sechs kubischen Schränke umso mehr heraus.

Zwar ist auch an der Außenalster nicht alles Gold, was glänzt. Die fast zwölf Meter lange temporäre Installation von Merabi Danelia zog jedoch am Wochenende reichlich Blicke auf sich. Und sie ist nicht etwa eine spontane illegale Intervention eines Kunstverrückten, sondern soll auch für andere – Künstler und Kunstinteressierte – Sinn machen.

Exponate auf Hamburger Alsterwiese Schwanenwik

„Kunst im Archiv“ nennt der Student der Hochschule für bildende Künste (HfbK) sein Werk, für das er eigenhändig sechs Metallspinde doppelt bis dreifach lackiert hat. „Kunst ist Gold wert, das möchte ich mit dieser Aktion zeigen“, sagt Merabi Danelia. Seit 2016 studiert der Georgier an der HfBK mit Schwerpunkt Malerei und Zeichnen, seinen Bachelor-Abschluss hat er bereits und ist inzwischen Meisterschüler beim renommierten Künstler Anselm Reyle.

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In der Vorwoche waren die Schränke beim Transport von Berlin nach Hamburg zwischenzeitlich verschwunden, dann tauchten sie in einem Frachtlager in Billwerder beschädigt wieder auf. Doch Danelia besserte die Spinde in seinem Atelier an der HfbK mit dem Treibhammer aus. In der Nacht von Freitag auf Sonnabend errichtete der 30-Jährige die Exponate mit der Crew seiner Galerie Stobbe-Paidere-Monot auf der Alsterwiese Schwanenwik. Der Galerist Martin Stobbe hatte die Genehmigung, die Rasenfläche an der Grenze der Stadtteile Uhlenhorst und Hohenfelde zu gestalten beim Bezirksamt Hamburg-Nord beantragt und bekommen.

Werke von Künstlern schlummern noch in Archiven

„Ich möchte, dass die Kunst zu den Menschen kommt“, betont Danelia. Zum einen will er mit seiner Aktion darauf hinweisen, dass die Werke von Künstlerinnen und Künstlern sämtlicher Sparten noch immer in den „Archiven“ schlummern, bevor sie wieder in Galerien und Museen präsentiert werden können. Zum anderen hat Danelia die kubischen Spinde mit der Akribie eines Archivators in einer Reihe ausgerichtet. Jedes der sechs Elemente hat verschlossene Fächer. Was dahintersteckt?

Nun, nichts außer schweren Gewichten – die Metallschränke sollen schließlich Wind und Wetter trotzen. Dennoch lohnt es sich, näher an die Gold-Spinde zu treten, am besten mit einem Smartphone: An den Schließfachtüren klebt jeweils eine Folie einer typischen Arbeit eines Kunstschaffenden, versehen mit QR-Code. Dieser leitet Interessierte direkt auf die jeweilige Webseite, lässt deren „Kunst im Archiv“ so sichtbar werden. 20 Kunstschaffende hat Merabi Danelia für den Anfang bereits beisammen, gut 50 sollen es bis zum Ende der Aktion am 14. Mai noch werden.

Danelia stellte keine eigenen Werke auf Alsterwiese aus

Der Maler selbst, bekannt für meist drei mal zwei Meter große urgewaltige „schwarze Bilder“, hat darauf verzichtet, auf eigene Werke hinzuweisen. Galerist Stobbe sagt schmunzelnd: „Die Bescheidenheit ist nur ein Teil von Merabi, ihn kennzeichnet auch eine gewisse Eitelkeit.“ Ein echter Künstler eben – jedoch einer, der nicht nur an sich denkt.

„Kunst im Archiv“ temporäre Installation, bis 14.5., (je nach Ausgangsbeschränkung) 5.00 – 21.00, Alsterwiese/Höhe Schwanenwik 20