Hamburg. Das Opernstudio der Staatsoper gab zum Ende der Saison, die keine sein konnte, ein erstes „Oper im Park“-Konzert. Und es war speziell.

„Bitte beachtet das geltende Tanzverbot“, flötete eine Stimme vom Band, bevor es losging. Grundsätzlich komplett richtig, ein gewisses Virus würde sich über ausdauernden Engtanz folgenreich freuen. Andererseits: Wir waren unter blauem, sehr freiem Himmel. Von den knapp 460 Plätzen wurden gerade mal etwa 100 luftig belegt.

Wagte man es dennoch, sich auch nur kurz ohne Maske im Gesicht vom Stuhl zu erheben, kam sofort Ordnungspersonal angeschossen, das mit bestimmtem Unterton auf diesen Regelbruch hinwies.

Und weder das Durchschnittsalter des Publikums noch die Setlist ließen wilde Ausraster, Stagediving-Sprünge über die Zierblumen hinweg oder andere infektionsriskante Freizeitvergnügungen befürchten.

Von den knapp 460 Plätzen wurden gerade mal etwa 100 luftig belegt.
Von den knapp 460 Plätzen wurden gerade mal etwa 100 luftig belegt. © HA | Roland Magunia

Kräftige Beschallung durch die Tontechnik

Viel Mozart, noch etwas mehr Bizet, italienische Belcanto-Dolci und einige dankbare Raritäten haben die Mitglieder des Staatsopern-Opernstudios ins Handgepäck getan, für ihren ersten Betriebsausflug von der Dammtorstraße auf die arg brutalistische Beton-Bühne des Musikpavillons in Planten un Blomen.

Als Ein-Mann-Orchester für die Stars von morgen fungierte der Korrepetitor Robert Jacob als Dienstleister am niedlich klimpernden E-Piano. Die Tontechnik sorgte für kräftige Beschallung, so dass jede der ohnehin durchgängig tollen jungen Stimmen gleich noch größer klang.

Kinder plärren ins mühsam trainierte Piano

Natürlich ist so ein Termin, wieder am jetzt Machbaren entlang, noch mehr Halbes als Ganzes. Doch die Freude am Auftreten vor echten Menschen und nicht nur vor leblosen Kameras, der Spaß am Spiel, so ganz ohne Bühne und Kostüme, auch wenn es fast nur Opern-Portiönchen sind – all das war von Anfang an da, egal, wie sonderbar einem das für andere Genres arrangierte Drumherum auch anfangs vorkommen mochte.

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Und es wurde ziemlich schnell auch sehr unwichtig, dass der Rest der gut besuchten Park-Welt einfach ungerührt weitermachte in seinem Entspannungs-Programm. Mal plärrten niedliche Kinder hinter der Absperrung ins jahrelang mühsam trainierte Piano, in das Ende von Sujin Chois feinfühlig entzückender Arie aus Bizets „Perlenfischern“ mischte sich rüde eine Krankenwagen-Sirene ein, in völlig unpassender Tonart auch noch.

Nachwuchs singt in immer neuen Rollen

An den Getränkeständen links und rechts der Bühne wurde unterdessen sehr viel Zeit für besinnliches Nachdenken genutzt, während sich auf der Bühne die Nachwuchs-Kräfte des Opernhauses in immer wieder neue Rollen und Szenen hineinsangen.

Alle, die an diesem Freitag-Nachmittag da sind, sollten angemessen beschäftigt werden, doch nicht alle Komponisten hatten beim Schreiben ihre Stücke für solche Besetzungs-Notwendigkeiten vorgesorgt. Deswegen gab es aus dem „Don Giovanni“ nicht nur Hits wie das „La ci darem la mano“, sondern auch die Kirchhof-Szene, die so ansatzlos anfing, wie sie endete.

Von „Barbiere“ bis  „Roméo et Juliette“

Zum Einstimmen hatte der Tenor Collin André Schöning Rossinis „La Danza“ gebracht, sein Bass-Kollege David Minseok Kang machte mit der Basilio-Arie aus Rossinis „Barbiere“ bella figura.

Für Hubert Kowalzcyk war es eine Kostprobe aus Rubinsteins „Der Dämon“ (übrigens: Deutschland-Premiere 1880 in Hamburg), mit der er seine Qualitäten in gutes Licht stellte. Ida Adrian, inzwischen Ensemble-Mitglied, bezauberte kurz mit der Stephano-Arie aus Gounods „Roméo et Juliette“.

Hubert Kowalczyk (Bass) sang im Musik-Pavillon statt auf der Staatsopern-Bühne.
Hubert Kowalczyk (Bass) sang im Musik-Pavillon statt auf der Staatsopern-Bühne. © HA | Roland Magunia

Open-Air-Konzert mit Trinklied zum Finale

Schönstes Schmacht-Stückchen der Herzen war das Freundschafts-Duett aus den „Perlenfischern“, in dem Seungwoo Simon Yang und der britische Bariton Nicholas Mogg bestens harmonierten. Mogg hatte danach mit Brittens volksliedhafter Yeats-Vertonung „The Salley Gardens“ noch eine feine Solo-Runde zu absolvieren.

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Als botanisch inspirierte Aufführung im Park rundete Bernsteins „Make Our Garden Grow“ aus „Candide“ das Konzertchen ab; ein Stück, in dem immer wieder auf die beste aller möglichen Welten hoffnungsvoll Bezug genommen wird. Eine schöne Anspielung, in diesen so speziellen Zeiten. Und weil offenbar kein Open-Air-Klassik-Konzert ohne das Trinklied aus „La Traviata“ enden darf, endete auch dieses: genau damit.

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