Hamburg. Das Trio des israelischen Jazz-Bassisten spielt ein energetisches Konzert im Großen Saal – mit nur einem einzigen Minuspunkt.
Wie der erste Eindruck doch täuschen kann: Als das Trio des israelischen Bassisten Avishai Cohen (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Trompeter) am Mittwochabend im Großen Saal der Elbphilharmonie loslegt, da gönnt sich der Chef erst mal einen Auftritt im Vordergrund.
Die Besen von Schlagzeugerin Roni Kaspi tippen die Becken nur sanft an, Pianist Elchin Shirinov belässt es bei dezenten Versatzstücken – und Cohen zupft selbstvergessen (so scheint es jedenfalls) seine Melodien. Wessen Trio das ist, daran lässt dieses Opener nun wirklich keinen Zweifel.
Avishai Cohen in der Elbphilharmonie
Aber: Schon mit der zweiten Nummer wendet sich das Blatt, und aus den drei Musikern wird ein Kreativpool, der sich gemeinsam in immer neue Höhen aufschwingt. Plötzlich spricht vor allem das Schlagzeug eine ganz eigene rhythmische Sprache, erzeugt eine nervöse Unterspannung, wird von der erst 20-jährigen Roni Kaspi geradezu perkussiv gespielt. Später dann wirft sie sich in ein furioses Solo, das ihr Chef grinsend mit den Worten kommentiert „Irgendwie habe ich wohl ein Talent dafür, gute Schlagzeuger zu finden“.
Allerdings zeigt sich zwei Stücke später auch, dass mehr nicht immer besser ist. Erneut zieht Kaspi alle Register, doch jetzt deckt sie Bass und Piano mit ihrer Mischung aus Wucht und Lautstärke schlicht zu. Statt Musik gibt es Artistik – aber das bleibt der einzige Minuspunkt an diesem umjubelten Abend.
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Und dass noch nicht alles perfekt läuft, ist natürlich auch verständlich, wenn man weiß, dass das Avishai Cohen Trio seit dem letzten Lockdown gerade mal vier Konzerte gespielt hat und in der Elbphilharmonie ausschließlich brandneues Material präsentiert, mit dem es erst in gut sechs Wochen ins Studio geht. Da ist noch Zeit für Feinschliff.
Elbphilharmonie-Publikum ist begeistert
Den allerdings braucht Elchin Shirinov nicht mehr. Vor fünf Jahren verteilte der aserbaidschanische Pianist auf der Jazzahead-Messe in Bremen selbst gebrannte CDs an Journalisten, bemüht, ein wenig Aufmerksamkeit für sein damals schon ungemein lyrisches Klavierspiel zu generieren.
Heute ist er fester Bestandteil der internationalen Jazzszene und hat mit Avishai Cohen einen Partner gefunden, der im Verlauf dieses Konzerts immer wieder zur Seite tritt, um Shirinov in perlenden Melodiebögen schwelgen zu lassen.
Große Begeisterung im Publikum, zwei erklatschte Zugaben – bei einer singt der Bassist sogar – und einmal mehr die Erkenntnis, dass keine noch so gute Studioeinspielung das Energielevel einer Liveshow wie dieser erreichen kann.