Hamburg. Die beiden größten Hamburger Clubs stehen in der Kritik: Sie sollen Verschwörungstheorien eine Bühne geben – nicht nur mit Plakaten.
Eine Veranstaltung in der Großen Freiheit 36 unter Polizeischutz: Das hat es seit dem Reeperbahn Festival 2009 nicht mehr gegeben. Am Donnerstagnachmittag wurde die Straße aber nicht etwa für ein Geheimkonzert von Deichkind gesperrt, sondern für eine als Pressekonferenz deklarierte Referatsreihe des umstrittenen „Bündnisses für Aufklärung“ von Corona-Maßnahmen-kritischen Ärzten, Anwälten und Psychotherapeuten.
Sie befeuert die aktuelle Diskussion um die Haltung der Großen Freiheit 36 und des wie sie zur Kieler „Traum GmbH“ gehörenden Docks.
Nach "Wandzeitungen": Boykott von Kiez-Clubs
Ein am Mittwoch veröffentlichter, von nahezu allen Hamburger Konzertagenturen unterschriebener Offener Brief, der die Einstellung der Zusammenarbeit ankündigte, sorgte für ein kontrovers diskutiertes, überwiegend zustimmendes Echo in den Medien und Sozialen Netzwerken.
Kritisiert werden die seit Sommer 2020 an den Clubfassaden von Docks und Großer Freiheit angeschlagenen „Wandzeitungen“ von Urhebern, die teilweise der verschwörungsideologischen Szene zugerechnet werden. Zuletzt war dort unter anderem zu lesen: „Corona – ein globaler Staatsstreich“. Am Docks wurden diese Plakate mittlerweile wieder entfernt. Bislang haben die adressierten Clubs nicht mit Mitteilungen auf den Offenen Brief reagiert, auch Anfragen des Abendblatts blieben unbeantwortet.
Kultursenator Brosda beobachtet Entwicklung mit Besorgnis
Von der Seite der Konzertagenturen heißt es, man habe die Situation seit Monaten beobachtet und vergeblich das Gespräch gesucht. Auch viele Künstlerinnen und Künstler hätten ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht. Es habe nun ein gemeinsames Zeichen gesetzt werden müssen.
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Kultursenator Carsten Brosda (SPD) beobachtet die Entwicklung mit Besorgnis: „Um es mit dem Songschreiber und Musiker Danny Dziuk zu sagen: ,Man darf in diesem Land beinah alles sagen. Nur muss man aber dann auch das Echo ertragen.‘ Insofern kann ich das Echo der Veranstalter gut verstehen und freue mich, dass sie so eindeutig Haltung in einer schwierigen Krise zeigen. Eine Musikstadt Hamburg ohne Docks und Große Freiheit 36 kann und mag ich mir trotzdem nicht vorstellen. Insofern hoffe ich, dass bei allem verständlichen Frust, auch hier die Vernunft siegt und diese Orte zwar Mythen bleiben, aber nicht mehr Verschwörungsmythen Vorschub leisten.“