Hamburg. Das Metropolis zeigt in “Die Mücke“ Hamburg in schwarz-weiß. Was an dem Film über die Hansestadt besonders fasziniert.
1954, knapp ein Jahrzehnt nach Ende des Zweiten Weltkriegs, war die Bundesrepublik Weltmeister geworden. Fußball-Weltmeister, versteht sich, nicht Kino-Weltmeister. Es gab zwar ein paar ganz ordentliche Leinwand-Werke, aber meistens grätschte damals doch der reichlich simple Heimatfilm dazwischen („Der Förster vom Silberwald“).
Etwas aus der Reihe fällt „Die Mücke“. Der Film, inszeniert vom österreichischen Hollywood-Heimkehrer Walter Reisch, kann mit einer beachtlichen Besetzung aufwarten: Margot Hielscher, Gustav Knuth, Hilde Krahl, Bernhard Wicki und andere. Er spielt überwiegend in Hamburg und zeigt faszinierende schwarz-weiße Bilder der Hansestadt aus dieser Zeit: die Binnenalster, St. Pauli, immer noch sichtbare Kriegsschäden, die alten Autos und Menschen, deren Verhalten einen manchmal verwundert.
"Die Mücke" zeigt Hamburg historisch
Die Handlung ist eine Mischung aus Spionage-Thriller und Beziehungsdrama. Karrari (Knuth) hat während des Spanischen Bürgerkriegs als Waffenhändler gearbeitet. Als Vilma (Krahl) als Spionin hingerichtet werde soll, rettet er ihr das Leben. Nach Kriegsende lebt sie in Hamburg unter ärmlichen Verhältnissen und führt dubiose Aufträge einer „Excellenz“ aus. Ihr Tarnname ist „Die Mücke“. Karrari trifft Vilma im Hotel Vier Jahreszeiten und verlangt von ihr, seine Frau (Hielscher) zu überwachen, wenn er auf Dienstreisen ist. Aber die muss sich schon eines schmierigen Verehrers erwehren (Wicki).
1955 ist der Film im Wettbewerb in Cannes angetreten und war für eine Goldene Palme nominiert. Jetzt ist er im Deutschen Filminstitut und Filmmuseum (DFF) in Frankfurt aufwendig restauriert worden und wird in einigen Vorstellungen vom Hamburger Metropolis Kino gezeigt. „Ich finde die Frauenfiguren spannend und auch unerwartet für die Zeit“, sagt Filmrestauratorin Louise Burkart, die zum Team gehörte. In Frankfurt wird viel Nachkriegskino digitalisiert, in diesem Fall hat das DFF mit der Produktionsfirma Beta-Film zusammengearbeitet.
Drei Versionen vom Werk noch vorhanden
Von diesem Werk gab es noch drei Versionen. Eine kam aus der Cineteca di Bologna, der Hochburg der europäischen Film-Restauration, Beta Film verschaffte dem DFF Zugang zu seinen Materialien, darunter eine für das Fernsehen gedachte Sendekopie, und auch das Filmarchiv des Bundes konnte helfen. Alle drei Kopien zeigten übrigens unterschiedliche Schlussversionen. Das Material aus Bologna wies zwar einige Kürzungen auf, war aber qualitativ das Beste. Die Kürzungen füllte Burkart mit Szenen aus dem Bundesarchiv auf.
Das Material war in einem schwierigen Zustand und litt unter dem Essig-Syndrom. Auf älterem Filmmaterial bilden sich Essigkristalle bis das Acetatmaterial völlig zerfallen ist, ein Vorgang von etwa 80 Jahren. „Das war bei diesem Film schon sehr weit fortgeschritten“, erinnert sich die Restauratorin. „Man musste kein Experte sein, um das zu entdecken. Auch als die Filmdose noch geschlossen war, hat sie den Raum sehr schnell parfümiert.“ Deshalb ist das Bild in einigen Szenen etwas wackelig, das Material war schon vorher stark gewellt.
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Rund ein halbes Jahr dauert es, so einen Film zu restaurieren. Nebenbei erstellte Burkart eine barrierefreie Fassung des Films für Menschen mit Hör- und Sehbeeinträchtigungen. 20 bis 25 Filme bearbeiten sie und ihre Kollegen pro Jahr. Die Kosten dafür betragen 50.000 bis 100.000 Euro. „Die Mücke“ war zum ersten Mal beim „Filmerbe digital“-Festival im Januar in der restaurierten Fassung zu sehen. „Ich freue mich sehr, dass der Film jetzt in Hamburg gezeigt wird, weil er ja auch dort gedreht wurde“, so Burkart. „Aber wir bemühen uns auch weiter, dass der Film in den Kinos gezeigt wird. Wir möchten, dass diese Filme durch unsere Arbeit ein zweites Leben bekommen. Das Ziel ist nicht die Archivierung, sondern die Verfügbarmachung für das Publikum.“
„Die Mücke“ Fr 1.4., 17 Uhr; So 3.4., 19.45 Uhr (mit Louise Burkart), Di 5.4., 16 Uhr, Metropolis; www.metropoliskino.de