Hamburg. Premiere im Winterhuder Fährhaus für „Alles was Sie wollen“ – mit Herbert Herrmann und Nora von Collande. Die Kritik zur Aufführung.

Worüber schreiben die meisten Autoren? Über die Menschen aus ihrem Umfeld. Wer sich mit einem Autor einlässt, weiß, dass er sich eines Tages mehr oder weniger verschleiert in einer Roman- oder Bühnenfigur wiederfinden könnte. Dieses Spiel hat sich das Autorenduo Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière – berühmt geworden mit dem Welterfolg „Der Vorname“ – zu Nutze gemacht. Vielleicht haben die beiden auch ein wenig sich selbst beschrieben. 

Die Inszenierung „Alles was Sie wollen“ an der Komödie Winterhuder Fährhaus ist in mehrfacher Hinsicht ein Glücksfall. Zum einen glänzen Theaterveteran Herbert Herrmann und seine Ehefrau Nora von Collande als eingespieltes Duo auf der Bühne. Herrmann verantwortet auch die souveräne Regie. Seine Partnerin hat sich um die sportlich-eleganten Kostüme gekümmert.

Herbert Herrmann – auch mit 80 Jahren beneidenswert dynamisch

In der Rolle der Lucie lebt sie in einer bourgeoisen Pariser Wohnung zwischen Art-Deco-Möbeln und Malerei an den Wänden. Aber etwas stimmt nicht. Sie ist fahrig, neurotisch, verbirgt sich hinter etlichen Türschlössern. Tatsächlich hat sie als Theaterautorin der größte Fluch ihrer Zunft ereilt: blockiert zu sein. Nicht mehr schreiben zu können. 

Doch irgendwann führt eine leckende Badewanne trotzdem den etwas ungelenken Nachbarn Thomas, beneidenswert dynamisch gespielt von dem inzwischen 80-jährigen Herbert Herrmann, durch ihre Tür. Er rollt einen Teppich an Freundlichkeit und Charme aus, über den sie nur mit Giftigkeit schreiten mag. „Sie stören mich“, sagt sie deutlich. Er wird trotzdem wiederkommen und wieder und wieder und für sie kochen. Schnell durchschaut er ihr Faible für Ironie. Dinge so zu äußern, dass sie wie ihr Gegenteil klingen. Sie verbringen Zeit miteinander und freunden sich an, auch wenn er ein noch trauernder Witwer ist und ihr schauspielender Ehemann wegen Dreh-Reisen durch Abwesenheit glänzt.

Eine herrliche Komödie über das Komödienschreiben

Es ist eine große Freude, zu erleben, wie sich Herrmann und von Collande die pointierten Sätze zuwerfen. Und weil Lucie für ihre Theaterstücke nur aus ihrem eigenen Leben schöpfen kann, hilft ihr Thomas – bis er realisiert, dass er damit auch selbst zum Teil des Textes wird. „Ich arbeite mit meinem Leben“, sagt sie. Und da gehöre er jetzt nun mal dazu.

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Das Stück ist eine herrliche Komödie über das Komödienschreiben. Gewinnt aber über der Frage, ob manche Menschen besser schreiben als lieben können, zusätzliche Tiefe. Der Vorhang wird zunächst zur Leinwand für projizierte Standbilder, irgendwann wird er selbst zu einem Teil des Stückes. Das ist alles sehr klug gebaut, mit angenehm unaufdringlicher Sicherheit und viel Gespür für Tempo, Witz und Stil umgesetzt. Zum Vergnügen der Premierenbesucher. 

Alles was Sie wollen“ weitere Vorstellungen bis 15. Mai, Komödie Winterhuder Fährhaus, Hudtwalckerstraße 13, Karten unter T. 48 06 80 80 oder im Internet.