Hamburg. Das Programm „concerti & capricen“ verband Ensemble- mit Solostücken. Geiger Ilya Gringolts spielte an ungewöhnlichen Orten im Saal.
Schon wie sie auf die Bühne im Kleinen Saal der Elbphilharmonie kommen, ist eine Verheißung. Jeder Musiker des Ensemble Resonanz geht mit forsch-selbstbewusstem Schritt zu seinem Notenpult und signalisiert: Hier passiert gleich was! Kleine Begrüßung vom – bald zum Konzerthaus Berlin wechselnden – Geschäftsführer Tobias Rempe: Ein zunächst als Film erdachtes Konzert-Konzept aus dem Corona-Jahr 2021 kann endlich live geboten werden: „concerti & capricen“. Dahinter steckt der Kontrast von Ensemble- und Solo-Musik, Concerti grossi vom legendären Arcangelo Corelli und Capricen für Violine solo von Tartini, Sciarrino und Paganini, gespielt von Geigen-Star Ilya Gringolts. Dirigent: Riccardo Minasi.
Atemberaubendes Ensemble Resonanz in der Elbphilharmonie: das reine Konzertglück
Gedimmtes Licht. Von ganz hinten schweben Töne in den Saal. Ein Affetuoso von Giuseppe Tartini, zart, anmutig, das öffnet Seele und Ohren. Nahtloser Übergang zum üppigen Ensemble-Klang, Corellis Weihnachts-Concerto grosso. Der Beiname kommt vom Schluss-Satz, einer Pastorale, in der die Klänge der römischen Pifferari – der Schalmei und Dudelsack spielenden Hirten aus den Abruzzen – imitiert werden. Kann man auch mal im Sommer hören.
Noch drei weitere Corelli-Concerti werden folgen, immer im Wechsel mit einem Solo-Geigen-Stück von Paganini oder Sciarrino. Das geht alles ohne Pause ineinander über, manchmal wünscht man sich ein bisschen mehr Zeit zum Verdauen zwischen den Stücken.
Elbphilharmonie: Violinkonzert von Leclair – ebenfalls atemberaubend virtuos
Aber so wird die Spannung gehalten, der Kontrast sorgt für Überraschung. Eben noch die laut-satten, schnarrenden Pifferari-Klänge vom Streicher-Ensemble, dann das leise Fiepen der suchenden Solovioline in der Caprice „un saluto“ von Salvatore Sciarrino. Da muss genau hingehört werden, kein Problem bei der Intensität, mit der Ilya Gringolts spielt. Jede Caprice spielt er ein Stück weiter vorne im Saal, die halsbrecherischen Läufe, Akkorde und Flageolet-Töne bei Paganini kommen von der Saalseite. Schließlich ist er auf der Bühne. Vor der Pause: ebenfalls atemberaubend virtuos ein Violinkonzert von Leclair.
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Genauso atemberaubend: die Frische und Klarheit, mit der das Ensemble Resonanz unter Riccardo Minasi Corellis Concerti spielt. Keine Spur von abgenudelter Barockmusik: Jeder Ton hat eine Bedeutung, jede Phrase spricht, jede Melodie erzählt, jeder Rhythmus trumpft auf. Spannender hört man das selten. Und das in Kombination mit den launischen Capricen. Ein Konzert, das glücklich macht.