Hamburg. Konzerte des Popstars haben tatsächlich messbare Schwingungen ausgelöst. Kann das bei uns auch passieren? Eine Seismologin weiß es.
Bei Taylor Swifts Über-Hit „Shake it off“ besteht nicht nur Ohrwurm- und Gute-Laune-Potenzial: Der schon zehn Jahre alte Song kann noch ganz andere Beben auslösen. Während eines Swift-Konzerts im Lumen Field Stadium in Seattle im Sommer 2023 konnten Wissenschaftler seismische Aktivitäten feststellen, die sie mit einer Magnitude, also Stärke, von 2,3 bezifferten.
Unter dem Namen „Swift-Quake“ (dt. „Swift-Beben“) hat das kuriose Phänomen sogar einen englischsprachigen Wikipedia-Artikel. Ob es am 23. und 24. Juli, wenn Taylor Swift im Rahmen ihrer internationalen „The Eras“-Tour in Hamburg gastiert, ebenfalls zu einem solchen Swift-Quake kommen kann? Müssen sich die Bewohner Bahrenfelds, Stellingens und Umgebung gar in Acht nehmen? Das Abendblatt hat eine Seismologin der Universität Hamburg befragt.
Taylor Swift kommt: Wird Hamburg bei der Eras Tour messbar Welle machen?
Zunächst stellt Celine Hadziioannou, Professorin für Seismologie, also Erdbebenkunde, am Institut für Geophysik der Universität Hamburg, klar: Das, was bei Swifts Konzert in Seattle passiert ist, „das war kein Erdbeben, auch wenn es in vielen Medien so benannt wird“. Erdbeben gebe es nämlich nur dann, wenn sich tektonische Platten verschieben, wenn Teile der Erdkruste oder unterirdisches Gestein brechen.
Das findet bei einem Taylor-Swift-Konzert natürlich nicht statt. „Allerdings wird Energie in Form von seismischen Wellen freigesetzt, das sind sozusagen Vibrationen im Boden.“ Und die lassen sich messen. Ein Nicht-Erdbeben mit einer Magnitude von 2,3 zu beschreiben sei hingegen ein bisschen unwissenschaftlich.
Einstürzende Neubauten bei Taylor Swift? Seismologin gibt Entwarnung
Mit welchen Auswirkungen müssen die Hamburger denn nun rechnen, wenn Taylor Swift Ende Juli ihre beiden Mega-Shows im Volksparkstadion gibt? Seismologin Hadziioannou gibt klar Entwarnung: „Gefahr besteht nicht. Es sind keine Schäden aufgrund von Bodenerschütterungen zu erwarten“, sagt sie.
Ausgehend von der in Seattle gemessenen Stärke der seismischen Aktivitäten während Swifts Sause könnten die Schwingungen in Hamburg allerdings auch für Menschen abseits des Stadions spürbar werden, sagt die Expertin. Wer in relativer Nähe zum Volksparkstadion wohne, werde womöglich leichte Vibrationen wahrnehmen. In einem größeren Radius werden die Erschütterungen ihrer Einschätzung nach nicht zu spüren sein.
Irische Wissenschaftlerin misst, wie „weltbewegend“ Swift wirklich ist
Rund um das Hamburger Stadion ist die Stadt vergleichsweise wenig besiedelt. Ganz anders sieht es in Dublin aus, wo viele Menschen dicht an der baldigen Swift-Spielstätte wohnen, berichtet Hadziioannou. Ihre irische Kollegin Eleanor Dunn sei deshalb gerade im Auftrag der Wissenschaft in der Nachbarschaft des Dubliner Aviva Stadiums unterwegs und versuche Anwohner zu überzeugen, Messgeräte in ihrem Garten oder Keller zu platzieren. Damit wolle die Wissenschaftlerin genau festhalten, wie „weltbewegend“ Swifts Konzerte wirklich sind. Die Messergebnisse hält Dunn online auf Instagram (@swift_quake) und Tiktok (@swift.quake.dublin) fest.
Taylor bricht zwar so manchen Rekord und mag auch die Begrifflichkeit „Swift-Quake“ geprägt haben. Ganz neu ist das Phänomen aber nicht. „Von Seismologen auf der ganzen Welt wird beobachtet, dass die Umgebung bei Großveranstaltungen wie Konzerten oder Sport-Events manchmal ein bisschen mitschwingt“, sagt Hadziioannou.
„Die Entstehung der Schwingungen bei Großveranstaltungen ist noch nicht bis ins letzte Detail erforscht. Kollegen von mir gehen davon aus, dass sie vor allem von springenden und tanzenden Leuten stammen. Aber auch die Schallwellen von einem Konzert können sich in den Boden einkoppeln und seismische Wellen erzeugen.“
„Swift-Quake“-Messungen im Volksparkstadion sind denkbar
„Spannend finde ich ja, dass man anhand der bisherigen Messungen von Taylor-Swift-Konzerten einzelne Songs erkennen kann, am Rhythmus zum Beispiel“, sagt sie. Das lasse sich von Diagrammen ablesen, die sie in der Presse gesehen habe.
Die Wissenschaftlerin erforscht explizit auch seismische Wellen, die nicht durch Erdbeben verursacht werden, sondern aus natürlichen und menschengemachten Quellen stammen – von Stürmen, Pumpen oder Windanlagen beispielsweise. Und im weitesten Sinne ist Swift ja auch eine menschengemachte Wellenquelle.
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Das nötige Instrumentarium, um zu messen, wie sehr Taylor Hamburg in Schwung bringt, gibt es schon. Auf dem Campus des Hamburger Forschungszentrums DESY befindet sich ein hochempfindliches seismisches Netzwerk, das „WAVE“-Netz. Normalerweise kommt es zum Einsatz, um vor besonders sensiblen Experimenten zu überprüfen, ob die aktuellen Schwingungen gering genug sind.
Da sich der DESY-Campus nicht weit vom Volksparkstadion entfernt befindet, wäre eine seismologische Messung während des Konzerts denkbar. Während der Swift-Show im Lumen Field Stadium wurde die Magnitude von 2,3 mit Bewegungssensoren gemessen, die außen am Stadion befestigt waren.
Taylor Swift in Hamburg: Eras Tour lässt die Stadt vibrieren
Da Hamburg aufgrund seiner Lage auf dem Erdenrund (glücklicherweise!) nun wirklich keine Erdbebenregion ist, liegt der Schluss nahe, dass die Swift-Schwingungen die Stadt erschüttern könnten, wie es seit Jahrhunderten nicht mehr der Fall war. Oder, Professorin Hadziioannou? Da muss die Seismologin lachen. Die Ozeane, Wind und Wetter, sagt sie, die verursachen ja auch Schwingungen. Und echten Naturgewalten, denen kann selbst Taylor Swift nichts entgegensetzen.