Hamburg. „Ich bin Lena“ von Oleksandr Seredin feierte im Lichthof Theater Premerie. Ein Stück über Sehnsucht und Selbstverwirklichung.
Blick in eine Art Galerie. Mit Ketten verbundene Betonkuben sind auf der Bühne platziert. An ihnen haften Rettungsringe. House-Musik erklingt. Noch ist unklar, was in dieser modernen Kunstausstellung eigentlich zu sehen ist. Eine junge Frau begegnet einem Mann. Sie unterhalten sich. Die Frau ist unbeschäftigte Schauspielerin, Hypochonderin – ehemalige Nymphomanin – und von Lebensmüdigkeit geplagt. Sie deutet eine Einwanderergeschichte an.
Der Mann ist der Enkelsohn von Olena, einer ukrainischen Schauspielerin, die Mitte des 20. Jahrhunderts in Hamburg lebte und das „O“ aus ihrem Namen verloren hat. In Deutschland wurde sie „verrückt und frei“. Der ukrainische Theatermacher Oleksandr Seredin hat für die Premiere von „Ich bin Lena“ im Lichthof Theater sowohl den Text verfasst als auch Regie geführt. Es ist eine sehr persönliche Geschichte, die er mit einem fünfköpfigen Ensemble umsetzt, das hochengagiert – auf Deutsch – aufspielt.
Theater Hamburg: „Ich bin Lena“ – ein Stück, das von Sehnsüchten erzählt
Der Abend entfaltet einen lebendigen performativen Sog, auch wenn die Geschichte des von Seredin mit dem Untertitel „Ein deutsch-ukrainisch-philosophisches Festvergnügen“ versehenen Stücks sehr merkwürdig bleibt. Denn jene Lena Bürgergeld starb im Theater, doch ihr Geist ist seither rastlos und sucht sich immer neue Körper, um in ihnen weiterzuspielen. Und so kommt es, dass die junge lebensüberdrüssige Schauspielerin die Verstorbene am Ende in der Ausstellung verkörpern darf.
Davor liegen jedoch noch einige wüste Wendungen. Der Enkel streitet mit seiner Schwester. Die wiederum erobert immer neue Bodybuilder für ihre Liebesspiele. Sobald einer Schwäche zeigt, wird er abserviert. Es gibt heftigen Streit, sogar Gewalt, Zitate des Exilanten Thomas Mann und Bezüge zu den Bond-Girls.
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„Es ist unmöglich hier, einen Platz zum Leben zu finden – auch nach dem Tod nicht“, spricht Lena Bürgergeld aus dem Off zu ihrem Enkel. Und das ist eigentlich der Kern dieses deutsch-ukrainischen Dramas. Denn es erzählt von Sehnsüchten nach Freiheit, Sex und Selbstverwirklichung genauso wie von Entwurzelung und einem Gefühl der Fremdheit. Für den Theatermacher Seredin, 1991 in Charkow geboren und mehrere Jahre Hausregisseur am dortigen Puschkin Theater, ist es auch der eindrucksvolle Versuch, die schwierige Situation in der Ukraine schreibend zu bewältigen. Asti
„Ich bin Lena“ 25.5., 20.15 Uhr, Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15B, Karten unterwww.lichthof-theater.de