Hamburg. Fettes Brot war gestern. Im Uebel & Gefährlich waren trotzdem viele Fans des legendären Trios – und natürlich auch die Brote-Brudis.
In der Großstadt ist nicht immer alles rosarot. Da führt der Weg zum Konzert auch mal vorbei an gepanzerten Fahrzeugen und Hundertschaften der Polizei. FC St. Pauli gegen Hansa Rostock. Die Atmosphäre passt zu König Boris‘ neuem Album „Disneyland After Dark“. Geschichten aus dem Urbanen. Also schnell vor Spielabpfiff hinein in den Bunker an der Feldstraße und hinauf ins Uebel & Gefährlich.
„Fettes Brot is History“ steht auf dem Pulli eines mittelalten Typen. Klar, wenn König Boris nach dem Aus seines Trios seine zweite Soloplatte präsentiert, sind viele Fans am Start. Auch seine Brote-Brudis Doktor Renz und Björn Beton sind im Publikum. Ehrensache.
König Boris und die zweite Soloplatte: So was von am Start
„Schönen Gutnaaabend, Hamburg“, ruft König Boris unter Jubel von der Bühne. Schwarze Mütze, schwarze Jacke, schwarze Brille. Fetter Bass, satte Stimme, durchsetzt von herrlichem Hamburger Twang. Boris wird zum König der Straße und beginnt mit seiner Corner-Studie „Unten an der Ecke“. Die Zeile „hier ist es schön und scheiße gleichzeitig“ wird im Saal bereits mitgesungen. Geschmeidig federt er dazu auf und ab, ist präsent, so was von am Start.
Zwar sei er sehr aktiv auf Social Media und versuche das halt immer wieder mit dem Coolsein, erzählt König Boris. Doch von einem Klischee-Hip-Hopper mit Bling und Koks ist er meilenweit entfernt, wie er in seiner Persiflage „Elefantenhaus“ ausführt. Vielmehr hat sein Auftritt streckenweise fast etwas von Stand-up-Comedy. Etwa, wenn der redefreudige Rapper von einem Beziehungsstreit im Möbelhaus erzählt und von seinem Hass auf die staubfreien Musterwohnungen. Mit „Ikea“ hat er dann auch eine erste Brote-Nummer im Repertoire seines knackigen anderthalbstündigen Sets.
Abwechslungsreich ist der Abend. Etwa mit Gastsänger Patrick Siegfried Zimmer, der dem melancholischen „Stadtratte“ einen elegischen Klang verleiht. Keyboarder Taco van Hettinga, DJ exel.Pauli sowie Arne Diedrichson an Bass und Keyboard laden den Sound konstant energetisch auf. Um über das Dasein in der Metropole zu rappen, hat sich König Boris vom munteren Brote-Vibe verabschiedet. Fiebriger, auch dunkler sind die Rhythmen. Etwa bei „Alle wach“, in dem er die Eindrücke einer Kieznacht im Stakkato-Rap mit Breakbeats mixt.
König Boris im Uebel & Gefährlich: Brote-Hit „The Grosser“ als Zugabe
König Boris ist ein guter Storyteller. Schnell blitzen die Assoziationen auf und fügen sich zu einem vielschichtig vibrierenden Ganzen. Dennoch kommt die Party nicht zu kurz. Das impulsive „Hey“ in seiner Hamburg-Hymne „Beste“ ruft das Publikum beherzt mit. Und bei seinem empowernden Disco-Song „Der König tanzt“ kommt dann der Entertainer noch einmal vollends zum Vorschein: Eine kurze Animation – und schon ist die Menge ein Meer schwenkender Arme. „Zu Hause angekommen“ ist da das logische Fazit.
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Als allerletzte Zugabe gibt es dann noch eine schöne Überraschung: Als eine Art Piano-Ballade ertönt der Brote-Hit „The Grosser“ von 2001. Im Video dazu war König Boris einst als Autoscooter-King zu sehen. Im Club nun Handylichter und Nostalgie. Ein Kreis schließt sich. Und weiter geht‘s, hinaus in die Nacht. So ist das in der Großstadt.