Hamburg. Der britische Superstar kommt mit neuen Songs, Gerhard Polt mit schlechter Laune und Katja Riemann mit aktuellen Fluchtschicksalen.
„Who We Used To Be“, heißt das neue Album von James Blunt. Der Sänger war vor seiner Karriere Armeeoffizier in der Zeit, als der schottische Erfolgsautor John Niven noch Talentsucher bei einer großen Plattenfirma war. Und Katja Riemann steht nicht nur vor der Kamera, sondern engagiert sich auch für Geflüchtete. Menschen ändern sich, so wie auch die Kultur von Musik bis Film nicht stehen bleibt. Zeiten im Wandel sind diese Woche bestimmend an zahlreichen unterhaltsamen bis aufwühlenden Abenden in Hamburg.
James Blunt singt „You‘re Beautiful“ und neue Songs in der Barclays Arena
Englands zärtlichste Stimme ist wieder in der Stadt, aber vielleicht war James Blunt auch überhaupt nicht weg: Bei seinem Konzert vor zwei Jahren in der Barclays Arena scherzte der Sänger und Songschreiber nach pandemiebedingten Verschiebungen und seinem berühmten Geisterkonzert 2020 in der Elbphilharmonie: „Wir sollten vor zwei Jahren hier sein. Wir haben auf euch gewartet, also wo zum Geier habt ihr gesteckt? Wir standen die ganze Zeit auf der Bühne.“ Jetzt sind weitere zwei Jahre vergangen und Blunt und seine Band können am 22. März die Schlafsäcke im Backstagebereich der Barclays Arena einrollen und zurück auf die Bretter. Davor warten 10.000 Fans auf Pop-Balladen wie auf seinen Hit „You’re Beautiful“ und auf die Songs des neuen Albums „Who We Used To Be“. Schön. tl
James Blunt Fr 22.3., 20.00, Barclays Arena (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 64,15 im Vorverkauf; www.jamesblunt.com
Gerhard Polt und die Well-Brüder brauchen keine AfD, sie haben ja die CSU
Vor einigen Monaten noch stand Gerhard Polt gemeinsam mit den Well-Brüdern und den Toten Hosen auf der Bühne im Stadtpark und unkte: „Bevor Campino zum FC Bayern geht, geht er zu den Ärzten.“ Nun verschlägt es den Kabarettisten und das Well-Trio ohne die Düsselpiraten in den Norden zu zwei Gastspielen im Sankt Pauli Theater. Der grantige Moralist Polt, der es wie kein anderer versteht, die konservative Pseudo-Idylle des Spießbürgertums zu demaskieren, macht bekanntermaßen auch vor Söder und der lokalen Politikelite keinen Halt. Und so zeichnet er scharfzüngig und originell in reinstem Oberbayerisch die Abgründe der „Bayern an sich“ auf. Den passenden Soundtrack liefern die Brüder Michael, Christoph und Karl Well, die auf der Bühne zwischen Ziehharmonika, Tuba und Harfe schuhplattlern, jodeln und gstanzln: „Wir brauchen keine AfD, wir haben ja die CSU.“ Für jeden, der Gefallen an schwarzem Humor und erstklassiger, süddeutscher Humorkunst findet, wird es eine Mordsgaudi. hppe
Gerhard Polt und die Well-Brüder aus ‘m Biermoos Di 19.3., Mi 20.3., 19.30, St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29–30, Karten ab 19,- im Vorverkauf; www.st-pauli-theater.de
Katja Riemann liest „Zeiten der Zäune. Orte der Flucht“ auf Kampnagel
Als erfolgreiche Schauspielerin ist Katja Riemann aus Film und Fernsehen bekannt. Aber die 60-Jährige engagiert sich auch seit Jahren für Menschenrechte und eine offenere, tolerante Gesellschaft. Riemann ist Unicef-Botschafterin und unterstützt NGOs wie Plan International und Amnesty International. Mit ihrem zweiten Sachbuch gibt Riemann nun Einblicke in ihre humanitäre Arbeit und die tiefgreifenden Erlebnisse, die sie auf ihren Reisen zu Fluchtorten wie Lesbos oder Jordanien gesammelt hat. In „Zeit der Zähne. Orte der Flucht“ berichtet sie von Ärzten, die nachts an der bosnisch-kroatischen Grenze Hilfe leisten, von Geflüchteten, die auf ihre Weiterreise warten und von Traumatologen, die im Nordirak Hoffnungsträger sind. Im Gespräch mit dem afghanischen Journalisten Khesrau Behroz präsentiert und liest Riemann ihr Buch am 21. März auf Kampnagel. hppe
Katja Riemann: „Zeiten der Zäune. Orte der Flucht“ Do 21.3. , 19.00, Kampnagel (Bus 172), Jarrestraße 20, Karten zu 18,- im Vorverkauf; www.kampnagel.de
Filmdoku über Europas Elektroschrott und seinen langen Weg nach Ghana
Was passiert mit alten Röhrenfernsehern, defekten Kühlschränken und aussortierten Stereoanlagen? Im besten Fall werden entsorgte Elektrogeräte recycelt und finden ihren Weg zurück in den Wertstoffkreislauf. Läuft es schlecht, werden sie über illegale Wege nach Afrika verschifft und landen häufig auf einer riesigen Mülldeponie in Ghana. Im Dokumentarfilm „Welcome to Sodom“ blicken die Filmemacher Florian Weigensamer und Christian Krönes auf einen der verseuchtesten Orte der Welt, an dem mehr als 40.000 Menschen leben und arbeiten. Begleitend zur Ausstellung „Man and Mining“, die derzeit im Hamburger Museum der Arbeit zu sehen ist, zeigt das Abaton-Kino „Welcome to Sodom“ am 17. März. Anschließend wird Regisseur Christian Krönes mit Mario Bäumer (Kurator von „Men and Mining“) über seinen Film sprechen. hppe
„Welcome to Sodom“ So 17.3., 15.00, Abaton (Bus 4, 5), Allende-Platz 3, Karten zu 10,- im Vorverkauf; www.abaton.de
John Niven liest aus seinen erschütternden Memoiren im Kiezclub
Mit „Kill Your Friends“ (2008), „Straight White Male“ (2013) oder „Die F*ck-it-Liste“ (2020) schrieb der schottische Autor John Niven so großartige wie bitterböse Abrechnungen mit dem Popkultur- und Politikbetrieb. Sein gerade erschienenes Buch „O Brother“ (btb Verlag) ist noch erschütternder, aber berührender: In dieser autobiografischen, rückblickenden Spurensuche versucht Niven die Frage zu beantworten, warum sein Bruder Gary vor 14 Jahren seinem Leben ein Ende setzte. Während John sich trotz der Ablehnung einer gewissen Band namens Coldplay als Plattenfirmen-Talentsucher etablierte und später zum Literatur-Star aufstieg, geriet Gary auf die schiefe Bahn und in die Drogenabhängigkeit. Am 18. März liest John Niven im Nochtspeicher aus „O Brother“, Thorsten Nagelschmidt moderiert. tl
John Niven: „O Brother“ Mo 18.3., 20.00, Nochtspeicher (Bus 2, 111), Bernhard-Nocht-Straße 69a, Karten zu 19, 40 im Vorverkauf; www.nochtspeicher.de
„Bargheer in Hamburg“ zeigt das norddeutsche Frühwerk des Finkenwerder Künstlers
Das Bargheer Museum im Jenischpark zeigt in wechselnden Ausstellungen Werke des 1901 in Finkenwerder geborenen Künstlers Eduard Bargheer (gestorben 1979). Aktuell werden dort Öle und Aquarelle des norddeutschen Frühwerks 1926 bis 1939 in der Ausstellung „Bargheer in Hamburg“ präsentiert. Der Maler, der sich in seinen Landschaften, Porträts und Stillleben zu anfangs an Paul Cézanne orientierte, entwickelte im Laufe der Jahre eine eigene, dynamische Handschrift, in der das Naturerleben durch ein spannungsvolles Verhältnis von Linie und Farbe stark zum Ausdruck kam. Ornamental, abstrahierend und später, unter den Bedrückungen der Nazi-Herrschaft, auch metaphorisch werden seine Bilder von Wind und Wetter an Elbe und Nordsee. Dies wird besonders deutlich bei den Arbeiten, die kurz vor Bargheers Flucht nach Italien entstanden, etwa bei dem Stillleben mit toter Meise aus dem Jahr 1939. vfe
„Bargheer in Hamburg“ bis 2.6., Bargheer Museum (S Klein Flottbek), Hochrad 75, Di–So 11.00–18.00, Eintritt 7,-/5,- (erm.); www.bargheer-museum.de
Geheimnisvoller Elektropop aus Kanada mit Darci im Uebel & Gefährlich
Ein schummrig, rot ausgeleuchteter Flur, eine leicht bekleidete Frau im Geldscheinregen auf einem Bett, eine rasante Quadfahrt durch die Nacht. Im Musikvideo zu seinem Song „Code Red“ schlüpft Sänger Darci mit geheimnisvoller Ästhetik in die Rolle des Superstars. Kann er machen, bislang hat sich der Kanadier schon eine treue Fangemeinde aufgebaut: Knapp drei Millionen Menschen hören Darci monatlich bei Spotify. Dabei gelingt es ihm, weitestgehend unerkannt zu bleiben und persönliche Informationen vor der Öffentlichkeit privat zu halten. So bleibt mehr Platz für das Wesentliche, für außergewöhnlichen Sound, der Hip-Hop, R‘n‘B und Elektro kombiniert. Aktuell ist Darci mit seinem Debütalbum „Escape Cycle“ auf Europatournee und präsentiert sein Repertoire am 23. März im Uebel & Gefährlich. hppe
Darci Sa 23.3., 19.00, Uebel und Gefährlich (U Feldstraße), Feldstraße 66, Karten ab 19,55 im Vorverkauf; www.uebelundgefaehrlich.com
„Hamburg zeigt Kunst“ am Ufer der Elbe im Cruise Center Altona
In andächtiger Stille von Gemälde zu Gemälde zu schlendern, das ist so angenehm wie üblich bei einem Besuch im Kunstmuseum. Etwas zackiger und trubeliger kann Kunst am 17. März auf 1500 Quadratmetern im Cruise Center Altona erlebt werden. Beim Kreativfestival „Hamburg zeigt Kunst“ präsentieren über 100 Künstlerinnen und Künstler Skulpturen, Fotografien, Gemälde sowie futuristisch angehauchte KI-Bilder und Objekte aus Naturmaterialien. Neben Livemusik und einem gastronomischen Angebot werden auch Workshops für Kinder, Street-Art und Performance-Kunst geboten. Die ausgestellten Arbeiten reflektieren auf vielfältige Art und Weise kulturelle, gesellschaftliche und ästhetische Aspekte und sollen zur Reflexion über die Rolle der Kunst im aktuellen Zeitalter anregen. hppe
„Hamburg zeigt Kunst“ So 17.3., 10.00–19.00, Cruise Center Altona (Bus 111), Van-der-Smissen-Straße 5, Eintritt 9,-; www.hamburg-zeigt-kunst.de
Zeit heilt alle Wunder mit Jens Heinrich Claasen im Schmidtchen
Dass Zeit alle Wunden heilt, sagt ein bekanntes Sprichwort. Jens Heinrich Claasen hält nicht viel davon. Denn das Vergehen der Zeit kommt ihm nicht zugute, viel mehr hat er das Gefühl, sie zerrinne zwischen seinen Fingern. Mit Mitte 40 sehnt sich der Kabarettist nach einer Partnerin, doch bei Mutti im Kinderzimmer mit Kuscheltieren im Bett gestaltet sich das Dating im 21. Jahrhundert schwieriger als anfänglich gedacht. Jens Heinrich Claasen blickt am 19. März im Schmidtchen mit Humor auf seine eigenen Unsicherheiten, Befürchtungen und Träume. In seinem neuen Bühnenprogramm nimmt er das Publikum mit auf die Reise gegen den Kampf der aufkommenden Torschlusspanik und der Sorge vor dem Älterwerden. hppe
Jens Heinrich Claasen Di 19.3., 19.30, Schmidtchen (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 21–22, Karten ab 21,- im Vorverkauf; www.tivoli.de