Hamburg. Die in Hamburg gegründete Compagnie präsentiert die Uraufführung „Floating Spaces“ auf Kampnagel. Vorstellungen nahezu ausverkauft.

Langsam kriecht der Nebel über den Boden. Aus ihm schälen sich nach und nach einige komplett in Schwarz gehüllte Tänzerinnen und Tänzer. Aus den Lautsprechern knackt und knistert es. Schnelle Arm- und Handbewegungen führen zu Lauten, die an Flügelschläge erinnern. Es wirkt wie eine Fantasielandschaft.

„Floating Spaces“ nennt das Hamburger Kammerballett seine neue Produktion, die pünktlich zum Jahrestag seiner Gründung auf Kampnagel zur Uraufführung gelangt. Das Kammerballett, dessen Ensemble aus Tänzerinnen und Tänzern besteht, die aus der Ukraine vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind, hat sich in Hamburg etabliert. Drei Vorstellungen auf Kampnagel sind bereits ausverkauft. Am Sonnabend (16 Uhr) gibt es noch eine Zusatzvorstellung.

Kammerballett auf Kampnagel mit zwei Neumeier-Tänzern

Das siebenköpfige Ensemble – an diesem Abend verstärkt durch die erfahrenen Neumeier-Tänzer Alexandre Riabko und Nicolas Gläsmann – ist unter der künstlerischen Leitung seines Initiators Edvin Revazov, Erster Solist des Hamburg Balletts John Neumeier, ein ganzes Stück gereift und kontrastiert abstrakte Ballett-Bewegungen mit zeitgenössischem Tanz von zumeist expressivem Charakter.

Hamburger Kammerballett: Das siebenköpfige Ensemble wird verstärkt durch die erfahrenen Neumeier-Tänzer Alexandre Riabko und Nicolas Gläsmann.
Hamburger Kammerballett: Das siebenköpfige Ensemble wird verstärkt durch die erfahrenen Neumeier-Tänzer Alexandre Riabko und Nicolas Gläsmann. © Christina Gotz via thirtysixshots | Christina Gotz via thirtysixshots

Die Tanzenden tragen nun graue Gewänder, die an Soldaten erinnern, und weiße Gesichtsmasken. Mitten unter ihnen ist mit Kateryna Andrenko eine Tänzerin ganz in Weiß. Die maskierten Gesichter geben einen Hinweis auf das Erzählte. Revazov und sein Ensemble erforschen in „Floating Spaces“ nach Art des japanischen „No-Faces“ gewissermaßen den Geist in seiner ursprünglichen Form, der zunächst das reine zerbrechliche Ich beschreibt und später die Welt mit all ihren Erfahrungswelten spiegelt.

Hamburger Kammerballett: Am tiefsten berühren zwei innige Pas de Deux

Die von dem Pianisten Michal Bialk und dem E-Gitarristen Tomasz Gos live gespielte Musik interpretiert dazu die Olivaer Orgel-Tabulatur aus dem 17. Jahrhundert neu. Mit ihren verzerrten E-Gitarren-Riffs erinnert sie mitunter an Pink Floyd. Und das passt hervorragend zu dem düsteren Tanz-Tableau. Mal schwingt das Ensemble synchron in aparten Slides- und Monkey-Figuren über den Boden, dann wieder scheint es sich im Stand kraftvoll in den Grund zu bohren. Es gibt wohltuende Wechsel zwischen eher expressiven Szenen und klassischen Pas de Trois und Pas de Deux mit anspruchsvollen Hebe- und Dreh-Figuren.

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Am tiefsten berühren zwei innige Pas de Deux, bei denen zunächst Veronika Hordina und schließlich Kateryna Andrenko sich kunstvoll mit Alexandre Riabko verschränken, der mit großer Sicherheit und starkem Ausdruck seine hohe Kunst beweist. Die Gesichter sind nun nicht mehr verhüllt, es kommt auch zu Berührungen. Ein offenes, aber versöhnliches Ende, das die Tanzenden in eine Zukunft schreiten lässt.

Hamburger Kammerballett: „Floating Spaces“ weitere Vorstellungen 16. bis 17.2., 19 Uhr (Restkarten), Zusatzvorstellung 17.2., 16 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 22-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de