Hamburg. Der war doch gerade erst hier? Richtig. Jetzt gab der Brite aber sein richtiges Konzert. Mit jeder Menge „Fuck-ups“, oder was?
Im Hochkulturhaus an der Elbe, da war er erst vor knapp zwei Wochen, hat sich dieser englische Sangesmann insgesamt dann doch ganz wohlgefühlt. War wohl auch so eine Art „Öfter mal was Neues“: James Arthur kam jedenfalls gut klar mit den Orchestertönen im Hintergrund. Er ist ein Mann des Schönklangs, eh klar. In der so sympathisch miefig-abgerockten Sporthalle, welcher Kontrast zur Elbphilharmonie, war er am Freitagabend aber doch viel eher auf vertrautem Terrain.
Der 35-jährige 37-Millionen-Spotify-Künstler ist in Deutschland besonders populär; das Konzert in voller Hütte war aber aus anderen Gründen ein besonderes. Zum Beispiel deswegen: Sein neues Album „Bitter Sweet Love“ erschien genau an diesem Tag. Gab zwar schon sechs Songs, man nannte sie mal Singles, in den vergangenen Monaten zu hören, behaupte aber bloß niemand, die Währung Album wäre nicht mehr gültig!
Der stolze Künstler fragte jedenfalls gegen Ende hin einfach mal, ob jemand schon „Bitter Sweet Love“ habe. Er bekam dieselbe Antwort wie auf alle seine Worte von der Bühne: Gaaaaanz viel Jubel. Jede Wette, dass dessen Übersetzung in Sprache nicht auf „Ja“ lautete. Zumindest wenn es um den physischen Besitz jenes Albums geht. James-Arthur-Fans gehören, siehe oben, klar zur Generation Streaming.
James Arthur in Hamburg: Ertrinken in der Liebe der Fans?
Mit dem titelgebenden Stück ging Arthur James energisch in den Abend rein. Musik für Liebende: „It don‘t matter when I‘m drowning in your pleasure“, singt James. Vielleicht ertrinkt er als Entertainer in der Liebe seiner Fans, könnte dann wohl Schlimmeres geben. Das gilt für den gesamten Mainstream-Popentwurf des Musikers, dessen Sound Soul, Pop, Rock vermengt. Und zwar so, dass es den Zeitgeist maximal unverfälscht wiedergibt. Langweilig?
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Aber nein. Taylor Swift ist ja auch nicht langweilig. Und James, ein Abkömmling der seit Jahren so unerbittlich sprudelnden Casting-Show-Welt, hat halt einfach eine wirklich gute Stimme. Die steuerte in der Sporthalle zunächst vornehmlich durch neue Stücke, das Goldkehlchen sang dabei aber natürlich über dieselben am Herzen siedelnden Themen wie vorher auch.
Die Hamburger warnte Arthur an diesem Tourauftakt übrigens gleich mal vor; es werde viele „Fuck-ups“ geben, schließlich habe man viele der Songs noch nie vorher live gespielt. Aber, so James Arthur, „ihr seid sicher genau das richtige Publikum dafür“. Juhu, genau, Jubel!
Sollten sich James Arthur und seine Band tatsächlich mal verspielt haben, fiel es nicht auf. Stücke wie „Empty Space“ brachten das Kunststück fertig, gleichzeitig druckvoll zu sein, und Handylicht-Material. „Comeback Kid“ machte übrigens besonders Spaß, wie überhaupt Arthurs Uptempostücke tatsächlich die sind in seinem Repertoire, die man bei all den Schwelg-Delirien („Naked“) besser nicht unterschätzen sollte. 90er-Jahre-Britpop plus Stimme, das ist 2024 die Erfolgsformel für Zuhörerinnen und Zuhörer, erstere sind bei James-Arthur-Konzerten in der Überzahl.
James Arthur in Hamburg: Früher nannte man das Powerballade
Uptempostücke also; ein mittlerweile seit mehr als einen Jahrzehnt auf der Bühne stehender Musiker wie Arthur weiß jedoch, wann er das Tempo herausnehmen muss. Beim neuen, hübschen „From the Jump“ gab es das Lichter-Schwenkearm-Doppel. Für einen Crowdpleaser wie „Train Wreck“ früher mal die Bezeichnung Powerballade.
James Arthur ist, um sein Werk auf den Punkt zu bringen, eine wandelnde Valentinstag-Jukebox. Herzen und Schmerzen, aufs Bittersüßeste vereint, mit viel Gefühl und Schmelz. Christina Perris „A Thousand Years“ coverte er einst für dieses Kommerzfest der Liebe. Wurde durch TikTok dann ein Hit, die Hamburger feierten es. Und konnten bei „Impossible“, Arthurs erstem Hit, jede Zeile mitsingen. Schöne Sache, so was immer, wenn einer, für den die große Showbizkarriere nicht vorgezeichnet ist, gegen manche Widerstände zum Star wird.