Hamburg. Auf der Bühne stehen junge und alte Szene-Stars, um Dorau musikalisch zu gratulieren. „Happy birthday‟-Gesänge werden unterbunden.
„Ich brauch an Geburtstagen Ablenkung, ich möchte mich um Gäste kümmern. Dann habe ich was zu tun und komme nicht auf trübe Gedanken“, erklärt Andreas Dorau vor der Konzertsause zu seinem 60. im Knust. Und diese Aussage passt bestens zu dem Lebenswerk dieses sehr besonderen Hamburger Popmusikers. Seine Songs sind Disco mit Träne im Knopfloch. Weggetanzte Melancholie. Und menschenfreundliche Beobachtungen eines Künstlers, der seit seiner Schulzeit einfach eines machen möchte: Musik.
Dass sich seine Geburtstagsparty so allverbunden anfühlt, liegt nicht nur an der Gästeschar im ausverkauften Knust-Saal und im angrenzenden Café, wo viele das Konzert über Leinwände verfolgen. Auch auf der Bühne versammeln sich junge und alte Szene-Stars, um Andreas Dorau musikalisch zu gratulieren.
Musikalische Gratulationen für Andreas Dorau auf der Bühne
Den Auftakt macht der Jubilar jedoch solo. Ganz der propere Popper mit Seitenscheitel und weißem Oberteil. Zu einem einfachen Beat singt er „Ausruhen‟, seine Ode an Altenpflegeheime. Doch bevor er mit Band, Gästen und Glamour so richtig loslegt, gibt er die Bühne frei für die beeindruckende Berliner Musikerin Güner Künier, die verzerrte Gitarre und Synthesizer mit eindringlichem Gesang auf Englisch und Türkisch kombiniert.
Danach dann Vorhang auf für farbige Luftballons, goldene Lamettafäden und Doraus assoziativen Textreigen zwischen Miniaturgeschichten und Dada. Darunter auch zahlreiche Songs seines neuen Albums „Im Gebüsch‟ wie „Ich bin nicht ich‟, „Das ist nur Musik‟ und der nachbarschaftspatriotischen Kaffee-Kuchen-Hymne „Auf der Weidenalle‟.
Aufkommende „Happy birthday‟-Gesänge unterbindet Dorau
Was dabei auffällt: Doraus unnachahmliche Bühnenpräsenz. Ein geschmeidig tänzelnder Typ. Aufmerksam, mit Augenzwinkern. Und gefühlt klingt seine markante Stimme von Jahr zu Jahr höher.
Besonders bewegend: Bühnengast Brezel Göring singt gemeinsam mit Wollita, dem gehäkelten Alter Ego seiner gestorbenen Frau Françoise Cactus.
Aufkommende „Happy birthday‟-Gesänge wiederum unterbindet Dorau selbst schnellstens und holt dann lieber weitere Musikschaffende auf die Bühne: etwa Gunther Buskies und Carsten Friedrichs von Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen und den stets groovenden Carsten „Erobique‟ Meyer.
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Und auch wenn Dorau seine hierzulande bekannteste frühe Nummer „Fred vom Jupiter‟ nicht spielt, so gibt es zum großen Finale doch wesentlich tollere Hits zu hören: eine leicht experimentelle Version von „Stoned Faces Don‘t Lie‟, das minimalistisch sehnsuchtsvolle „Das Telefon sagt Du‟, das international erfolgreiche „Girls In Love‟ und den spröden Dancefloor-Kracher „So ist das nun mal‟. Die Menge singt und tanzt. Wie es sich für einen gelungenen Geburtstag gehört.