Hamburg. Der große Blonde feiert beim Konzert in der Barclays Arena, die „Heiße Ecke“ begeht ihr Weihnachts-Spezial und das MARKK geht zelten.
„Ich hab‘geträumt von Dir“, singt Matthias Reim, aber wen könnte er gemeint haben? Tex Brasket, den neuen Sänger der Punk-Veteranen Slime? Protest-Folk-Legende Joan Baez? Von Hannelore, die die Spätschicht im Kiez-Imbiss „Heiße Ecke“ abbummelt? Ob vor, während oder nach den Feiertagen: Hamburgs Bühnen, Ausstellungen und Kinos haben ein abwechslungsreiches Programm für alle, die es von der Couch vor die Tür schaffen.
Kultur-Tipps: Schlager-Rock-Pop-Party mit Matthias Reim in der Barclays Arena
„Ich habe immer Kollegen wie PUR bewundert und beneidet, weil die ihren Weg Schritt für Schritt gegangen sind, mit Einbrüchen und Schwierigkeiten, aber immer die Treppe weiter hoch“, erzählte Matthias Reim im Juni im Interview mit dem Abendblatt. Er selber musste nach seinem großen Hit „Verdammt, ich lieb‘ dich“ 1990 erst mal wieder raus aus der Chartsrakete. Aber spätestens seit dem Album „Unendlich“ (2013) ist er wieder voll in Form. „Ich bin ein Stehaufmännchen mit einer Geschichte“, und die hört man gern zusammen mit seinen Liedern am 29. Dezember in der Barclays Arena: „Ich hab’ mich so auf Dich gefreut“, „Ich hab‘ geträumt von dir“, „Mein Leben ist Rock ‘n’ Roll“. Auf jeden! tl
Matthias Reim Fr 29.12., 20.00, Barclays Arena (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 56,90 im Vorverkauf, matthiasreim.de
Letzte Chance! „Kindeswohl“ nach Ian McEwan wird das letzte Mal im Schauspielhaus aufgeführt
Bald wird der Bauch glücklich gefüttert sein mit Plätzchen und Klößen, bald wird der Kopf voll von melodisch simplen Weihnachtsliedern und alle Jahre wiederkehrenden Gesprächen mit der Familie sein: Wer nach den Feiertagen Sehnsucht verspürt nach etwas, das die Synapsen fordert und einen Kickstart raus aus der weihnachtlichen Besinnlichkeit verpasst, ist wohl am zweiten Weihnachtsfeiertag im Schauspielhaus richtig. Zum letzten Mal wird „Kindeswohl“ nach dem Roman von Ian McEwan im größten deutschen Sprechtheater aufgeführt. Premiere feierte das Stück unter der Regie von Intendantin Karin Beier im September 2021. Nun wird die Londoner Richterin Fiona Maye, gespielt von Julia Wieninger, final vor Hamburger Publikum darüber entscheiden müssen, ob der 17-jährige Adam eine Bluttransfusion erhält – obwohl seine Eltern diese als streng gläubige Zeugen Jehovas strikt ablehnen. gef
„Kindeswohl“ Di 26.12., 19.30, Schauspielhaus (S/U/Bus Hauptbahnhof), Kirchenallee 39, Karten 10–47,-/9,- (erm.); schauspielhaus.de
Film über das Leben von Joan Baez im Zeise Kino – mit Q&A moderiert von Neil Young
Die US-amerikanische Folksängerin Joan Baez, zuletzt in Hamburg 2019 im Mehr! Theater zu erleben, ist mit ihrer außergewöhnlichen Stimme in der 60er-Jahren weltweit bekannt geworden. Doch im Mittelpunkt ihres intensiven Lebens steht nicht nur die Musik. In Zeiten des Vietnamkriegs und der Rassentrennung engagierte sie sich politisch, wesentlich beeinflusst durch Bürgerrechtler Martin Luther King. 1969 spielte sie auf dem Woodstock-Festival. Und mit niemand anderen als Bob Dylan führte sie eine Liebesbeziehung, die jedoch schmerzlich für sie endete. Kein Wunder, dass dies alles nicht spurlos vorbeigeht: In dem Porträt-Film „Joan Baez – I Am A Noise“ zieht die mittlerweile 82-Jährige schonungslos eine Bilanz ihres Lebens auf und abseits der Bühne. Die Doku ist auf der Basis von Privatvideos, Tagebüchern, sowie Therapie- und Musikaufnahmen entstanden – zudem wurde sie bei ihrer letzten Tour von der Kamera begleitet. Am 28. Dezember ist der Film im Zeise-Kino zu sehen. Anschließend gibt es ein digitales Frage&Antwort, moderiert von Rock-Legende Neil Young. gef
„Joan Baez – I Am A Noise“ Do 28.12., 17.00, Zeise Kino (S/Bus Bhf Altona), Friedensallee 7–9, Karten ab 12,-; zeise.de
Ab ins MARKK und in die Jurte – Sonderausstellung über neues nomadisches Design
In der kürzlich eröffneten Ausstellung „Jurte jetzt!“ dreht sich alles um das Leben in den zentralasiatischen Rundzelten. An ihnen lassen sich sowohl traditionelle handwerkliche Fertigkeiten ablesen, die es zu bewahren gilt, als auch aktuelle Themen wie Wohnen, Mobilität und Nachhaltigkeit behandeln. Denn Jurten stehen damals wie heute für den nomadischen Lebensstil. Ausgangspunkt für die Schau sind zwei Jurten aus den Sammlungen des MARKK: ein von der kirgisischen Textilmeisterin Turdu Kydyrbaeva in den 1980er-Jahren geschaffenes Exemplar und eine kasachische Jurte, die 1906 erworben wurde. Die zeitgenössische Künstlerin Altynai Osmoeva, die kirgisische Textilkunst sowie Strukturen und Bedeutung der Jurte in ihrer Arbeit aufgreift, setzt die Exponate in Bezug zur Jetzt-Zeit. Außerdem werden die Zukunftsentwürfe einer Jurten-Architektur des Forschungs- und Designbüros Rural Urban Framework präsentiert, die neuen Lebensbedürfnisse in den wachsenden Außenbezirken der mongolischen Metropole Ulaanbataar gerecht werden sollen. vfe
„Jurte jetzt! Nomadisches Design neu gelebt“ bis 3.11.2024, MARKK (U Hallerstraße), Rothenbaumchaussee 64, Di–So 10.00–18.00, Do 10.00–21.00, 24., 25. und 31.12. geschlossen, Eintritt 9,50/5,- (erm.); markk-hamburg.de
Slime in der Fabrik: Neuer Sänger, neues Album, alte Punkrock-Wut
Noch ein wenig Punk gefällig, bevor es Heiligabend allzu heilig wird? Die stilprägende Hamburger Band Slime macht wieder Bambule am 23. Dezember in der Fabrik. „Neuer Sänger, neues Album, alte Wut!“, so heißt es in der Konzertankündigung. Ursprünglich 1979 gegründet, dann mehrmals aufgelöst, und nun mit neuem Gesangstalent wieder auf der Bühne: Nachdem sich Sänger Dirk Jora im Jahr 2020 endgültig von der linkspolitischen Band verabschiedet hatte, haben die restlichen vier Bandmitglieder den obdachlosen Straßenmusiker Tex Brasket entdeckt. Der bringt nun seine Geschichte, seine Texte und vor allem seine markante Stimme mit in die Truppe. In der Hansestadt rocken sie den Abschluss ihrer Tour. gef
Slime Sa 23.12., 20.00, Fabrik, (S Altona), Barnerstraße 36, Karten zu 35,50 im Vorverkauf; fabrik.de
Kultur-Tipps: „Eileen“, der richtige Film für den späten Heiligabend im Kino
Unter der Mitwirkung der Autorin Odessa Moshfeghaus erzählt „Eileen“, als Buch 2017 erschienen, die Geschichte einer Schreiberin in einer Haftanstalt, deren Leben durch die Ankunft der neuen Gefängnispsychologin eine unerwartete Wendung nimmt. Zusammen erforschen sie den komplexen Fall eines Insassen, der abseits der gängigen Normen verläuft, und ahnen dabei nicht, dass dies zu Weihnachten ihr ganzes Leben verändern wird. Mit Thomassen Mckenzie und Anne Hathaway in den Hauptrollen, verspricht dieser romantische Thriller ein Weihnachtsfest voller unerwarteter Wendungen. Die Regie wurde von Scott Rudin geführt, der viele Filme von Wes Anderson und den Coen-Brüdern produzierte. hpsos
„Eileen“ So 24.12., 21.15, Abaton (Bus 4, 5), Allende-Platz 3, Karten 11,-; abaton.de
Weihnachten in der Heißen Ecke: Das St. Pauli Musical feiert feucht-fröhlich
Willkommen in der „Heißen Ecke“, wo der pulsierende Wahnsinn der Reeperbahn in einer dreistündigen Show voller derber Schnacks, herzerwärmender Geschichten und wunderbarer Songs präsentiert wird. Das St.-Pauli-Musical ist seit 2003 ein Dauerbrenner im Schmidts Tivoli, nun ist eine saisonale Weihnachtsfassung mit festlicher Stimmung, neuen Szenen und Weihnachtsliedern zum Mitsingen zu erleben. Neun Darstellerinnen und Darsteller schlüpfen in 50 Rollen und entführen das Publikum mit Herz, Schnauze und Humor in die Welt der Reeperbahn. Da kommen Kieztouristen und alteingesessene Sankt Paulianer gleichermaßen auf ihre Kosten.
„Weihnachten in der Heißen Ecke“ bis 26.12., Schmidts Tivoli (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 27–28, Karten ab 49,90 Euro; tivoli.de
Kultur-Tipps: Wenn eine Nacht-Tankstelle im St. Pauli Theater zum Therapieplatz wird
Noch ein Kiezbühnen-Klassiker ist ein paar Meter neben dem Tivoli die „Nacht-Tankstelle“ im St. Pauli Theater: Das Stück spielt jetzt im 14. Jahr und hat seine ursprüngliche Frische behalten. Die Kulisse ist eine Tankstelle um die Ecke, der Treffpunkt für Nachtschwärmer, Punks, beschäftigungslose Seeleute und Akademiker. Weihnachten vereint sie alle in ihrer Traurigkeit zu einem besonderen Abend, in dem Gefühle ungeschützt offenbart werden. Alte Rituale helfen, das Jahr Revue passieren zu lassen, und schaffen eine berührende Verbindung zwischen den unterschiedlichsten Charakteren, darunter eine aus dem Augustinum entlaufene Seniorin, ihre polnische Altenpflegerin, der Betrunkene von der Weihnachtsmann-Vermittlung, die Prostituierte, die Investment-Bankerin und sogar ein Eisbär. hpsos
„Nacht-Tankstelle“, 27.12.–31.12., jeweils 19.30 Uhr, St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29–30, Karten ab 20,10; st-pauli-theater.de