Hamburg. Die TV-Frau und Ex-Rapper Bürger Lars Dietrich spielen Kollegen in Folke Brabands Komödie um Schein und Sein.

In ihrem stylischen Hightech-Apartment hat Sarah (Sabine Fürst) alles im Griff und fast alles vorbereitet für den Familienbesuch. Ihr reicher Vater hat sich angesagt, mit seiner dritten Ehefrau aus der Karibik. Nur eines, vielmehr einer fehlt, den der Vater unbedingt kennenlernen will: Sarahs Verlobter.

Dieses „Familienmitglied“ hat die erfolgreiche, beruflich voll ein- und privat etwas angespannte Single-Frau, Anfang 40, bei der Agentur „Rent a Friend“ bestellt. Dumm nur, dass statt des gewünschten attraktiven George-Clooney-Typs Mitte 50 ein junger Hipster namens Gabriel mit umgedrehter Basecap erscheint, der eigentlich den „Spaßonkel“ für Kinder eines Ehepaares geben soll. Mit dieser Verwechslung nimmt die Geschichte von Autor und Regisseur Folke Braband in der Komödie Winterhuder Fährhaus zur großen Freude des Hamburger Premieren-Publikums ihren Lauf.

Theater Hamburg: „Rent a Friend“ in Winterhude, eine Komödie um Schein und Sein

Auf der Bühne wird fortan nicht nur ein falsches Spiel gespielt, sondern Theater im Theater. Indem etwa Gabriel, vom früheren Rapper, TV-Comedian und -Moderator Bürger Lars Dietrich durchaus gelenkig und geschmeidig verkörpert, erst mal seine ausgeleierten Skater-Klamotten gegen einen zu knapp sitzenden Anzug tauscht und mit Brille ausstaffiert wird. Fortan gibt er einen international operierenden Schönheitschirurgen mit der Vita eines Supermanns, verhaspelt sich bewusst und improvisiert, was nur geht.

Die Devise Mehr Schein als Sein – beim erfahrenen Berliner Boulevard-Theatermacher Braband zieht sie sich durch sein Anfang 2022 im Schlosspark Theater uraufgeführtes Stück. Im Zeitalter der Selbstinszenierung und -optimierung ein löblicher Ansatz. Folke Braband, mit seinen Arbeiten mehrmals für die bundesweiten Privattheatertage in Hamburg nominiert, vertraut jetzt in den Männerrollen zwei Schauspielern, mit denen er in Winterhude bereits in zwei anderen Inszenierungen Erfolg hatte: mit Dietrich in „Monsieur Pierre geht online“ und mit Torsten Münchow in der populären Männerstrip-Komödie „Ladies Night“.

Komödie Winterhude: Torsten Münchow als „Big Daddy“, Caroline Beil als Ex-Schönheitskönigin

Der gestandene Fernseh- und Bühnendarsteller, seit drei Jahren regelmäßig im NDR-„Großstadtrevier“ im Dienst, legt in dieser Komödie als Vater der Möchtegern-Braut erst mal einen großen Auftritt hin. Frei nach dem Motto „Big Daddy is watching you“ inspiziert Münchow in der Rolle eines Platzhirschen das Terrain der Tochter mitsamt (Miet-)Lover und lässt schön überheblich alles an sich abprallen: „Nur Hunde geben Pfötchen“, sagt der Vater.

Als seine dritte Ehefrau Juanita, eine ehemalige Schönheitskönigin, wirkt Caroline Beil in ihrer Rolle zunächst nur wie schmückendes Beiwerk. Lässt spanische Vokabeln fallen und radebrecht irgendetwas auf Deutsch. Doch das Blatt wendet sich, wenn Beil nach der Pause mit Kodderschnauze plötzlich als Regina zu berlinern beginnt und mit dem Schönheitschirurgen alias Gabriel alias Dietrich mal unter vier Augen spricht, gewissermaßen unter Kollegen.

Komödie Winterhude: Gebürtige Hamburgerin Beil erntet mit ihrem Rollen-Outing die meisten Lacher

Die gebürtige Hamburgerin Caroline Beil, die schon als Kind in den Kammerspielen und im Thalia Theater spielte sowie später als TV-Moderatorin („Blitz“/Sat.1) bekannt wurde, erntet mit ihrem Rollen-Outing hier die meisten Lacher. Mit der überraschenden Volte bereits zu Beginn des zweiten Aktes ist vieles vorhersehbar. Ganz nach der Devise: Mehr Schein als Sein.

Wie der Vater-Tochter-Konflikt ausgeht und wer was und wem bei diesem inszenierten Familientreffen beichtet? Der Regisseur Braband setzt in „Rent a Friend“ zu sehr auf den Autor Braband und seine am Ende flacher werdenden Dialoge. Etwas zu groß wirkt der Bruch bei den nachdenklichen, zwischenmenschlichen Momenten.

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Immerhin kann Sabine Fürst in ihrer Rolle als resolute Business-Frau, die auch noch einen millionenschweren Deal abwickeln muss, in Gänze überzeugen. Obwohl auch ihre Suche nach einem Mietmodell à la George Clooney etwas zu klischeehaft wirkt, weil offenbar einem Minderwertigkeitskomplex entsprungen. Doch wie sagt Torsten Münchow in seiner Vater- und Aufschneiderrolle: „Ein Zwerg wird nicht zum Riesen, wenn er auf einem Berg steht.“

„Rent a Friend“ bis 12.11. (außer Mo), jew. 19.30 (So 18.00), Komödie Winterhude, Hudtwalckerstr. 13, Karten ab 25,- unter T. 040/48 06 80 80; www.komoedie-hamburg.de