Hamburg. Das Wachstumschancengesetz sorgt nicht nur auf Bundesebene für Stress. Auch auf Länderebene sieht der Finanzsenator Klärungsbedarf.
Trotz der Blockadehaltung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch, soll das Wachstumschancengesetz noch in diesem Monat von der Bundesregierung beschlossen werden. Das sagt zumindest Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Nur „noch ein bisschen schöner“ soll es gemacht werden, wie Scholz am Mittwoch auf dem Unternehmertag in Düsseldorf sagte.
Doch selbst wenn das klappen sollte, muss das Gesetz noch durch den Bundesrat und damit von den Ländern beschlossen werden. Und genau da könnte es nach Meinung von Hamburgs Finanzsenator und Scholz-Parteifreund Andreas Dressel Probleme geben.
Wachstumschancengesetz: Hamburg drohen Steuerverluste in Millionenhöhe
Sollte der Gesetzesentwurf, der Steuererleichterungen in Milliardenhöhe für Unternehmen vorsieht, nämlich in seiner jetzigen Form verabschiedet und ebenfalls vom Bundestag beschlossen werden, gingen den Ländern hohe Steuereinnahmen verloren. 548 Millionen Euro bis zum Jahr 2028 allein für Hamburg, rechnet der Finanzsenator auf Twitter vor. „Ich kann dem Bundesfinanzminister nur raten, das Vorhaben besser abzustimmen als in der Bundesregierung. Sonst läuft er bei den Ländern genauso auf Grund wie im Kabinett“, sagte Dressel dem Abendblatt.
Zwar ist auch der Finanzsenator der Meinung, dass „die deutsche Wirtschaft in der jetzigen konjunkturellen Lage einen steuerlichen Impuls benötigt“. Doch müsse „über die Frage, wer die Rechnung bezahlt, dringend gesprochen werden“. Das habe Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit den Ländern bisher nicht getan. Angesichts der finanziellen Belastungen von Länder und Kommunen wie etwa durch Tarifsteigerungen, Energiekosten, Integration und Klimaschutz benötigten diese, Dressel zufolge, aber eine geeignete Kompensation für die teuren Steuergesetze des Bundes.
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Hintergrund ist, dass fast zwei Drittel der Steuereinnahmen, die durch das Wachstumschancengesetz verloren gingen, auf das Konto von Ländern und Gemeinden entfielen. Der Bund würde dagegen lediglich auf ein Drittel der Einnahmen verzichten müssen. Sollte es deshalb keine Kompensation für die Steuereinnahmen geben, würde dies „den Konsolidierungsdruck für die kommenden Haushalte drastisch verschärfen“, sagt Dressel.
Wachstumschancengesetz: Hamburg fürchtet hohe Steuerverluste
Die Frage, wie Hamburg mit den fehlenden Einnahmen umgehen werde und ob womöglich Leistungen oder Vorhaben der Stadt gefährdet seien, gibt der Finanzsenator keine Antwort. Dafür sei es zu früh. Über das Thema werden die Länder jedoch womöglich bei der kommenden Finanzministerkonferenz in der 1. Septemberhälfte beraten.
Scholz’ Äußerungen vorangegangen war die Blockade von Familienministerin Lisa Paus beim Wachstumschancengesetz. Die Grünen-Politikerin hatte nämlich – anders als von Finanzminister Lindner geplant – eine Verabschiedung des Gesetzesentwurfs, mit dem die Wirtschaft um jährlich rund 6,5 Milliarden Euro entlastet werden soll, durch das Kabinett am Mittwoch verhindert. Paus fordert mehr Geld für die Kindergrundsicherung. Sie soll es Familien ermöglichen, leichter an staatliche Leistungen zu kommen.