Hamburg. Bisher stand der Abriss für den Hamburger Senat fest. Nun gibt es neue Diskussion: „New York reißt die Brooklyn Bridge auch nicht ab.“
Er ist dafür bekannt, dass er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält. Nun hat der grüne Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan sich auch beim Thema Köhlbrandbrücke gegen die bisherige Senatslinie gestellt. Im Gespräch mit dem Abendblatt plädierte Kerstan dafür, noch einmal zu prüfen, ob das Bauwerk nicht doch erhalten werden könne.
Hintergrund: Kürzlich hatte die „Zeit“ berichtet, dass das zentrale Gutachten aus dem Jahr 2008 gar nicht den Abriss des Bauwerks gefordert habe, wie es jahrelang hieß. Vielmehr könne der markante Bau, der vielen mittlerweile als eines der Hamburger Wahrzeichen gilt, auch erhalten werden.
Hafen Hamburg: Senator Jens Kerstan will Köhlbrandbrücke als Wahrzeichen erhalten
„Wenn das Gutachten den Abriss gar nicht fordert, sollte man durchaus noch einmal prüfen, ob ein Erhalt der Köhlbrandbrücke nicht doch möglich ist“, sagte Kerstan dem Abendblatt. „Das ist jedenfalls meine Privatmeinung.
So ein Wahrzeichen sollte man nicht einfach abreißen. New York und San Francisco reißen Brooklyn Bridge und Golden Gate Bridge ja auch nicht ab, weil sie zu alt sind.“ Zudem seien Abriss und Neubau von Brücke oder Tunnel extrem teuer, auch deswegen müsse man darüber in Zeiten sehr knapper Kassen noch einmal nachdenken.
Köhlbrandbrücke: „Prüfen, ob der Erhalt nicht doch möglich ist!“
SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher bekräftigte dagegen am Wochenende die Pläne für einen Ersatz der Brücke – und forderte den Bund auf, die Hälfte der dafür anfallenden Kosten zu übernehmen.
„Wir haben 2020 eine Vereinbarung mit dem damaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) unterzeichnet, dass es bei der neuen Köhlbrandquerung zu einer Kostenteilung kommt“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Ich erwarte, dass der Bund zu der Zusage steht, die Köhlbrandquerung als ein gemeinsames Projekt des Bundes und der Stadt Hamburg zu sehen.“
Hafen Hamburg: Köhlbrandbrücke verbindet westlichen Hafen mit Wilhelmsburg
Die Brücke verbindet seit 1974 die westlichen Hafenbereiche mit denen auf der Elbinsel Wilhelmsburg. Zugleich ist sie Anbindung des Hafens an die Autobahnen nach Flensburg, Kiel, Hannover und Bremen. Die Ampel-Koalition mit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich laut dpa kürzlich nicht grundsätzlich auf eine Beteiligung festlegen wollen.
Die Köhlbrandquerung liege „in der Baulast der Freien und Hansestadt Hamburg“, habe es geheißen. Voraussetzung dafür, dass über eine Bundesförderung entschieden werden könne, sei das Vorliegen prüfbarer Projektplanungen mit Kostenberechnung. Entsprechende Unterlagen lägen dem Bundesverkehrsministerium noch nicht vor, berichtet dpa.
Es ist aber nicht nur die immer wieder vom Senat betonte Baufälligkeit der Brücke, die aus Sicht des Hafens für den Abriss spricht. Sie behindert auch den Schiffsverkehr, da die modernsten Containerschiffe immer größer und größer werden.
„Schon heute können viele Containerschiffe die Köhlbrandbrücke nicht mehr unterqueren und kommen so nicht zum Containerterminal Altenwerder, dem modernsten Terminal im Hamburger Hafen“, schreibt die Stadt auf der Internetseite über das Bauwerk.
A26 Ost: Kerstan stellt mit der SPD vereinbarten Bau der neuen Autobahn infrage
Hamburgs grüner Umweltsenator Kerstan stellt derweil auch ein weiteres Infrastrukturprojekt mit Bezug zum Hafen infrage – obwohl es im rot-grünen Koalitionsvertrag verankert ist. Auch der Bau der A26 Ost als zweite Köhlbrandquerung sei aus seiner Sicht nicht mehr zu rechtfertigen, sagte Kerstan dem Abendblatt.
„Man muss sich irgendwann mal ehrlich die Karten legen. Man darf nicht extrem teure, klima- und umweltschädliche Infrastrukturen für Hafen und Verkehre bauen, die man vielleicht in dieser Form gar nicht mehr brauchen wird“, so der Umweltsenator.
„Insbesondere finde ich für die Zukunft des Hafens besorgniserregend, dass mit der A26 Ost eine Autobahn kurz vor Baubeginn steht, deren Nutzen für die Hafenwirtschaft begrenzt ist, während bei der existenziell wichtigen Köhlbrandquerung vieles noch unklar zu sein scheint.“