Hamburg. Hamburgs Regierungsfraktionen warnen vor Missbrauch von Ortungsgeräten wie Airtags und fordern: „Strafbarkeitslücke schließen“.

Sie sollen eigentlich dabei helfen, verlorene Gegenstände wie Schlüssel, Rucksäcke und Koffer wiederzufinden: digitale Ortungsgeräte wie Apples „Airtags“ und Samsungs „SmartTags“, die nur etwa so groß sind wie eine Zwei-Euro-Münze und deshalb leicht in Gegenständen zu verstauen sind. Airtags lassen sich über den Funkstandard Bluetooth und mittels der Ultrabreitbandtechnik in einer geringen Entfernung aufspüren – und mithilfe der „Wo ist?“-App zumindest prinzipiell weltweit, indem ein Netzwerk aus Apple-Geräten bei der Suche hilft.

Solche Tracker können allerdings auch zu kriminellen Zwecken eingesetzt werden. Es gebe eine bedenkliche Strafbarkeitslücke, kritisieren nun Hamburgs Regierungsfraktionen. Der Bund müsse handeln, fordern SPD und Grüne in einem gemeinsamen Antrag, über den die Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 30. August nach der Sommerpause abstimmen soll.

Gesetz gegen Stalking: „Bluetooth-Tracker nicht ausreichend berücksichtigt“

„Vor zwei Jahren wurde das Anti-Stalking-Gesetz verschärft, das die Ahndung von Stalking und Cyberstalking erleichtert. Die neu auf den Markt gekommenen Bluetooth-Tracker werden hierbei allerdings bislang nicht ausreichend berücksichtigt“, sagt Mareike Engels von den Grünen. „Dabei kommt es immer wieder zu missbräuchlicher Nutzung dieser Geräte, etwa wenn Stalker oder Stalkerinnen ihren Opfern unbemerkt Airtags unterschieben, um ihren Aufenthaltsort zu verfolgen, oder um derzeitige oder frühere Partner zu überwachen und zu kontrollieren.“

Besonders betroffen seien Frauen. Opferschutzverbände wiesen mit Nachdruck auf das Gefahrenpotenzial der neuen Tracker hin, sagt Engels. „Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, damit unbemerktes Tracken konsequent bestraft, potenzielle Täter und Täterinnen abgeschreckt und Opfer geschützt werden können.“

Schutz vor Stalking: Hersteller haben zwar reagiert – doch Risiken bleiben

Zwar haben Hersteller von Bluetooth-Trackern inzwischen reagiert: iPhones sollen fremde AirTags in den Sachen ihrer Besitzer erkennen und diese benachrichtigen. Auch auf Smartphones mit Googles Betriebssystem Android kann eine entsprechende Software installiert werden. „Aber diese Lösungen stehen in der Kritik, weil die Warnmeldungen oft erst nach Stunden erscheinen“, schreiben Grüne und SPD in ihrem Antrag. „Zudem setzen diese Schutzmaßnahmen voraus, dass potenzielle Opfer ein Smartphone besitzen, die Gefahr erkennen und aktive Gegenmaßnahmen ergreifen.“

Im juristischen Sinn stelle die Verfolgung mittels Tracker bisher keinen Eingriff in die Freiheit der persönlichen Lebensgestaltung im Sinne des neuen Paragrafen 238 im Strafgesetzbuch dar, weil der Fall eines untergeschobenen Gerätes nicht berücksichtigt worden sei“, erklären Grüne und SPD in ihrem Antrag.

Auch der Ansatz der informationellen Selbstbestimmung greife nicht, weil keine Infiltration eines technischen Gerätes des Opfers erfolge. Der Hamburger Senat solle sich über den Bundesrat „oder auf andere geeignete Weise auf Bundesebene“ dafür einsetzen, dass Strafbarkeitslücken bei ungewollter digitaler Verfolgung geschlossen werden, fordern die Regierungsfraktionen.