Hamburg. Nach der Blockade am Flughafen Hamburg soll die Letzte Generation härter bestraft werden. Ein Kniff aus Corona-Zeiten könnte helfen.
Der Flughafen Hamburg hat nach den Aktionen der Letzten Generation am Donnerstag an diesem Freitag Strafantrag gegen die Aktivisten gestellt. Sie hatten den Zaun am Airport Helmut Schmidt aufgeflext und sich an einer Rollbahn festgeklebt. Der Flugverkehr war über Stunden unterbrochen, Tausende Fluggäste zum Ferienstart in Hamburg betroffen.
Der Flughafenverband ADV hat die Aktionen der Klimaaktivisten in Hamburg und Düsseldorf als einen gefährlichen Eingriff in den Flugverkehr gewertet. Das sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Die Gefahr bestehe nicht nur für Passagiere und Piloten, sondern vor allem für die Mitglieder der Letzten Generation selbst. Bei jedem solcher Vorfälle werde untersucht, wie man die Sicherheit weiter erhöhen könne, so die Sprecherin, ob es Passagiere seien, die durch eine Sicherheitskontrolle ohne Überprüfung gingen oder eben das Eindringen in den Sicherheitsbereich wie in Hamburg und Düsseldorf.
Flughafen Hamburg: Strafantrag gegen Letzte Generation
Auch die Pilotenvereinigung Cockpit sprach von einem gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr. Die Lufthansa bewertete das ebenso, wie ein Sprecher dem Abendblatt sagte. „Wir haben dazu eine klare Haltung“, sagte Cockpit-Sprecher Matthias Baier dem Abendblatt, „das beeinträchtigt die Sicherheit der Fliegerei und ist ein gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr.“ Es habe einen Sinn, dass um einen Flughafen ein Zaun gebaut sei. Wenn jemand mit dem Fahrrad über die Rollbahn fahre wie in Hamburg, sei das wie das Zerstören eines Zauns oder das Festkleben auf dem Asphalt nicht akzeptabel. „Im Zweifel kann das dramatisch enden.“
In Hamburg hat die Staatsanwaltschaft die Aktion am Flughafen bisher nicht als Gefährdung des Luftverkehrs eingeschätzt. Dafür lägen keine Anhaltspunkte vor, sagte Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering dem Abendblatt. Es bedürfe dazu einer „konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert“. Eine im Anflug befindliche Maschine habe rechtzeitig umgeleitet werden können.
Staatsanwaltschaft sieht keine Gefährdung des Luftverkehrs
Bislang geht die Staatsanwaltschaft von Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Widerstand aus. Dafür kämen bei einer Verurteilung Strafen zwischen einigen Monaten und bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafen infrage. Bei einem gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr und einer vorsätzlichen Zerstörung von Anlagen sind Strafen bis zu zehn Jahren möglich.
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Oppositionsführer Dennis Thering (CDU) fordert ein härteres Vorgehen der Justiz und hat gegen solche Aktionen das Instrument einer Allgemeinverfügung ins Gespräch gebracht, die aus der Corona-Pandemie bekannt ist. Thering sagte, damit könne man Bußgelder und Haft verhängen. Solch eine Allgemeinverfügung würde bestimmte Orte betreffen oder Blockadeaktionen wie das Festkleben. „Die Klima-Kriminellen der Letzten Generation terrorisieren im Namen des Klimaschutzes Hamburgerinnen und Hamburger.“
Flughafen Hamburg: CDU fordert Allgemeinverfügung gegen Klimakleber
Mit einer verwaltungsrechtlichen Allgemeinverfügung soll Hamburg nach der Vorstellung der CDU ähnlichen Aktionen pauschal einen Riegel vorschieben. Eine solche Verfügung gilt beispielsweise seit Freitag in Nürnberg, wo unangemeldete Festklebe-Aktionen verboten wurden. Darin wird für zweieinhalb Wochen angeordnet, „dass bei nicht angezeigten Versammlungen der Gruppe Letzte Generation oder ähnlichen Versammlungen zum Klimaprotest keine Fahrbahnen benutzt werden dürfen und sich teilnehmende Personen nicht ankleben, festketten, festbinden oder niederlassen dürfen“. Wer sich dem widersetze, müsse mit Geldbußen bis zu 3000 Euro rechnen, „als Veranstalter oder als Leiter“ sogar mit einem Jahr Freiheitsstrafe.
Thering kritisierte im Gespräch mit dem Abendblatt die ersten Reaktionen des Senats: „Bürgermeister Tschentscher und die Zweite Bürgermeisterin Fegebank sprachen gestern zwar über harte Strafen, aber das ist auch hier wieder nicht der Fall. Von diesen Kriminellen blieb laut Berichterstattung niemand in Gewahrsam. Die Letzte Generation sorgt für große finanzielle Schäden, verdirbt Familien den Urlaub und kommt damit davon.“
Letzte Generation als „terroristische Vereinigung“?
Sein Vorschlag einer Allgemeinverfügung könne ein probates Mittel gegen die Letzte Generation sein. „Wir haben bei Corona gesehen, dass das schnell möglich ist. Man kann eine Allgemeinverfügung zum Beispiel für einen Monat erlassen und dann bei Bedarf verlängern.“ Grundsätzlich spricht sich Thering für ein konsequenteres Vorgehen der Behörden gegen die Gruppe aus: „Es wird derzeit geprüft, ob die Letzte Generation eine terroristische Vereinigung ist. Vieles spricht dafür. Wenn das so ist, müssen Hausdurchsuchungen und Telekommunikationsüberwachung möglich sein.“
Gegen eine Allgemeinverfügung sprach sich die Wirtschaftsbehörde aus. Wer ohne Erlaubnis den Flughafen oder den Sicherheitsbereich betrete, sei in jedem Fall illegal unterwegs, so Sprecher Martin Helfrich. Eine gesonderte Allgemeinverfügung brauche es nicht. Doch die CDU will die Allgemeinverfügung nicht nur für den Flughafen, sondern gegen das Blockieren und Festkleben in der ganzen Stadt.
Behördensprecher Helfrich sagte, die Sicherheitsmaßnahmen am Hamburger Flughafen seien Anfang 2023 zuletzt überprüft und „angepasst“ worden. Das Gelände werde „in engem Takt“ von Polizeistreifen kontrolliert. Auch bei der Aktion der Letzten Generation habe die Alarmkette gewirkt. „Die Flugsicherheit auf den Start- und Landebahnen war aufgrund dieses raschen Eingreifens nicht beeinträchtigt.“ Dennoch seien die Vorfälle Anlass für die Sicherheitsbehörden, sich zu einer „erneuten Risikobewertung“ zusammenzusetzen.