Hamburg. Klimabeirat: Kein Land schlechter bei Solarstrom. Jetzt soll der Ausbau beschleunigt werden. Welche Rolle Balkonkraftwerke spielen.
Zwar betonen SPD und Grüne bei jeder passenden Gelegenheit, wie energisch man sich in Hamburg für den Klimaschutz einsetze. Die Realität aber sieht oft anders aus als die politischen Visionen in Sonntagsreden. Beim für Energiewende und Klimaschutz so wichtigen Ausbau der Solarenergie etwa liegt Hamburg im Vergleich der Bundesländer derzeit auf dem letzten Platz. Nirgends wurden im vergangenen Jahr weniger Photovoltaikanlagen installiert als in Hamburg. Darauf hat jetzt der Klimabeirat des Senats in einer neuen Empfehlung hingewiesen – und konkrete Vorschläge zur Beschleunigung des Ausbaus vorgelegt.
Bei den im vergangenen Jahr zugebauten Anlagen kommt Hamburg laut Klimabeirat gerade einmal auf eine installierte Maximalleistung (Kilowattpeak, kWp) von 44 kWp pro Einwohner. Zum Vergleich: Berlin liegt bei 61, Bremen bei 110, Schleswig-Holstein bei 797 und Bayern bei 1393. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“, um die „nachgewiesenen Potenziale“ bei Photovoltaik (PV) auch in Hamburg zu heben, sagte Prof. Daniela Jacob, die Vorsitzende des Klimabeirats.
Photovoltaik: Hamburg soll endlich eine Strategie entwickeln
„Die Dächer sind da, die Wirtschaftlichkeit ist gegeben, der Senat hat Zugriff auf den Netzbetreiber und mit der Saga auf ein großes kommunales Wohnungsunternehmen“, sagte Prof. Hans Schäfers, der in dem Expertengremium für das Thema Erneuerbare Energien zuständig ist. „Ein PV-Gipfel des Senats wäre jetzt das richtige Aufbruchssignal, damit wir in Hamburg mit mehr Mieterstrom, innovativen PV-Projekten und einem smarten Stromnetzmanagement zum solaren Aushängeschild Norddeutschlands werden.“
Der Beirat hat in seiner Empfehlung eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht, wie der PV-Ausbau auch im so deutlich hinterherhinkenden Hamburg endlich Fahrt aufnehmen soll. So müsse der Senat erst einmal eine echte PV-Strategie entwickeln und verbindliche Ausbauziele bis 2030 festlegen. Zudem solle es schnell einen PV-Gipfel geben, bei dem auch Start-ups durch eine „Solar-Akzelerator-Initiative“ für das Geschäftsfeld PV begeistert werden sollen.
Saga Hamburg: Unternehmen soll auf Photovoltaik verpflichtet werden
Zudem müsse die Stadt als Vorbild energisch vorangehen und etwa auch die stadteigene Wohnungsgesellschaft Saga viel stärker zum PV-Ausbau verpflichten. Weitere Vorschläge: eine Arbeitsgruppe zum Thema Fachkräftemangel, ein „PV-Bündnis“ mit der Wohnungswirtschaft und mehr Beratung zum Thema Mieterstrom durch PV. Zudem solle der Senat prüfen, ob die Förderung für PVT-Anlagen (kombinierte Erzeugung von Wärme und Strom) deutlich ausgebaut werden könne.
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Dass die Bürger in Hamburg beim Thema Photovoltaikausbau zuletzt womöglich engagierter unterwegs waren als die Politik, zeigt die zuletzt sehr große Nachfrage nach sogenannten Balkonkraftwerken, durch die auch Mieter auf dem eigenen Balkon durch kleine Anlagen Strom erzeugen können.
Balkonkraftwerke: Hamburger Bürger bei Photovoltaik engagierter als die Politik
Zuletzt warteten Tausende Haushalte in Hamburg auf die Genehmigung ihrer fertig installierten und von Technikprofis abgenommenen Photovoltaikanlagen. Stromnetz Hamburg als Inhaber und Betreiber der Netze aber kam mit den Genehmigungen nicht hinterher.
Zwar seien die kleinen Anlagen für die notwendige Energiewende sicher nicht der wichtigste Baustein, heißt es von Klimaschützern. Das Interesse daran zeige aber, dass die Menschen durchaus mitzögen – sei es aus Klimabewusstsein oder um Geld zu sparen. Diese Energie müsse man nutzen.