Hamburg. Die Auswertung beschlagnahmter Handys und Computer dauert ein Jahr und länger. Wer am Ende die Kosten dafür trägt.

Wenn es um Kinderpornografie geht, sind es schnell riesige Datenmengen, die von oder für die Polizei analysiert werden müssen. Doch nicht nur in diesem Bereich sind sichergestellte Daten wichtiger Bestandteil der Ermittlungen. „Es gibt heute kaum noch Verfahren, bei denen nicht Datenträger sichergestellt werden“, sagt Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Entsprechend überlastet ist der Apparat.

„Wir haben aktuell kaum noch ein Verfahren, wo es nicht zu der Sicherstellung von Computern, Handys, Laptops, USB-Sticks oder anderen Geräten mit Datenträgern kommt“, sagt Reinecke. Laut Reinecke dauert die Auswertung eines Handys um die 18 Monate, die Auswertung eine Computers etwa ein Jahr. Zuständig ist die Kriminaltechnik im LKA, die eigene Spezialisten für die Auswertung von Datenträgern hat. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen, können die Ermittlungen abgeschlossen und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden.

Polizei Hamburg: Manchmal Hunderttausende Fotos und Videos pro Fall

Geht es um Kinderpornografie, wird oft ein externes Unternehmen eingeschaltet. Die Polizei wäre sonst gar nicht in der Lage, die Masse der anfallenden Daten zu analysieren. „Gerade im Bereich der Kinderpornografie handelt es sich bei vielen Tätern um Sammler, die Hunderttausende Fotos und Videos, oft gut in einem verschachtelten Ordnersystem versteckt oder verschlüsselt, horten“, so ein Beamter.

In solchen Fällen gehen die sichergestellten Datenträger oft an Fast-Detect mit Sitz in Unterhaching bei München. Dort ist man auf die forensische Auswertung von Datenträgern mit großer Speicherkapazität spezialisiert. Hier werden auch gerichtsfeste Gutachten erstellt. „Man bekommt eine komplette Auswertung, in der unter anderem genau aufgeschlüsselt ist, wie viele relevante Bilder in welcher Kategorie auf einem Datenträger sind und wie sie abgelegt wurden“, so der Beamte.

Kosten der Auswertung muss Täter bei Verurteilung tragen

Da die Auswertung als Gutachten läuft, hat diese Vorgehensweise noch einen besonderen Effekt. Die Kosten für die Auswertung werden, kommt es zu einer Verurteilung, dem Beschuldigten in Rechnung gestellt. Dabei können laut Angaben eines Beamten Summen im fünfstelligen Bereich zusammenkommen, für die man auch einen Kleinwagen kaufen könnte. Und auch hier dauern die Auswertungen solcher Datenträger in der Regel Monate.

Das Problem: Gerade bei Kinderpornografie geraten auch immer wieder Personen ins Visier der Ermittlungsbehörden, die als Kinder oder Jugendliche eher unbedarft verbotene Pornografie auf dem Handy haben.

Kinderporno-Meldungen häufig aus den USA

Die Meldungen darüber kommen oft aus den USA. Das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC), das mit großen Unternehmen wie Google oder Facebook zusammenarbeitet, meldet die Funde oder vermeintliche Funde von Kinderpornografie. Die Erkenntnisse stammen aus der elektronischen Durchsuchung von Anwendungen wie E-Mails oder Chats ihrer Kunden.

So dürfte ein Teil der 63 Kinder und 145 Jugendlichen, gegen die im vergangenen Jahr in Hamburg ein Verfahren wegen des Besitzes oder der Verbreitung von Kinderpornografie durchgeführt wurde und die knapp 29 Prozent aller Tatverdächtigen ausmachten, über dieses System gemeldet worden sein. Und auch die Oma, die unbedarft ihren Enkel nackig am Strand fotografierte und das Bild in der Familien-Chatgruppe freudig an die Mutti weiterleitete, kann so schnell Beschuldigte in einem Verfahren wegen Kinderpornografie werden.

Polizei Hamburg: Kinderporno-Auswertung für Beamte belastend

Das Problem: Es ist ein Verbrechenstatbestand. Polizei und Staatsanwaltschaft haben keine Möglichkeit darüber „hinwegzusehen“. „Was hier im Gesetz fehlt, ist der minderschwere Fall, der es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht anders vorzugehen, als gegen den kriminellen Pädophilen“, so Reinecke.

Zumindest werden laut Liddy Oechtering, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, in solchen Fällen, wenn es sich lediglich um einzelne Bilder handelt, nicht zwangsläufig Datenträger zur Auswertung an die Privatfirma gegeben. Jugendlichen würden bei einer Verurteilung in der Regel auch nicht die Verfahrenskosten in Rechnung gestellt. Laut Oechtering sei der Gesetzgeber gerade dabei, das Gesetz zu überarbeiten.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer kennt die Probleme. Dabei geht es nicht nur um die langen Bearbeitungszeiten, sondern auch um die Belastung für Beamte, die sich beispielsweise Kinderpornografie anschauen müssen. Er hofft, dass künstliche Intelligenz zukünftig die Auswertung von Daten leichter macht.