Hamburg. Der Tarif für die Ausleihe der roten Fahrräder ändert sich – und wird auch für Familien attraktiver. Zwei Neuerungen stehen im Fokus.
Sie sind äußerst beliebt und sollen zur Mobilitätswende in Hamburg beitragen: 3600 Stadträder stehen in der Hansestadt zur Ausleihe bereit. Jetzt haben Deutsche Bahn und Hamburger Verkehrsbehörde neue Tarifkonditionen für die Ausleihe beschlossen.
In der StadtRAD-Werkstatt in Bahrenfeld wurden die Neuerungen vorgestellt – zwei Änderungen stehen dabei im Mittelpunkt: Ab Dienstag, 13. Juni wird der Tagestarif von 15 Euro auf 9 Euro gesenkt und Nutzer sollen von nun an bis zu vier Räder gleichzeitig anmieten können. Das soll es vor allem Familien und Freundesgruppen erleichtern, einfach und gemeinsam loszuradeln. Die neuen Konditionen gelten auch bei StadtRAD Lüneburg. Darüber hinaus plane man einen weiteren Ausbau des Stationsnetzes und durch die Zusammenführung mit DB Connect können Nutzer auch über die Call-a-Bike-App Fahrräder ausleihen.
Verkehr Hamburg: Was sich jetzt beim Tagespreis ändert
Vor allem die Senkung des Tagestarifes sollen in der Sommersaison eine „bedarfsorientierte Alternative zum eigenen Pkw darstellen“, sagt Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende. In der Tat ist der neue Tarif eine echte Kampfansage zu etablierten Fahrradverleih-Anbieter, die für gewöhnlich mit 15 bis 20 Euro pro Tag zu Buche schlagen.
Die Kosten der Preissenkung bei StadtRAD trägt dabei nicht die Stadt, sondern werden vollständig vom Betreiberunternehmen Deutsche Bahn Connect übernommen. Außerdem hoffe man, durch das preiswerte Angebot die Nutzerzahl weiter zu erhöhen und damit gegenzufinanzieren. Die Preissenkung sei ein Signal für unsere zukunftsorientierte Politik, die sich den Herausforderungen des Klimawandels stellt und eine lebenswerte Stadt für alle schaffen will, konstatiert Tjarks.
Wie StadtRAD den Streaming-Anbieter Netflix nacheifert
Der Grünen-Politiker nannte die neuen Tarife „einen wichtigen Schritt für eine nachhaltige und soziale Mobilitätswende“. Die Stadträder schafften eine „bedarfsorientierte Alternative zum eigenen Pkw“, so der Verkehrssenator. „Besonders attraktiv finde ich die neue ,Netflix-Option‘: Mit einem Account können bis zu vier Fahrräder gleichzeitig ausgeliehen werden.
So ist das Modell für Familien und Freundesgruppen noch schneller und bequemer nutzbar.“ So soll das StadtRAD nicht nur für die „letzte Meile“ zwischen Bahnhof und Zuhause attraktiv sein, sondern auch als ganztägige Option für Touren, Arbeitswege und Tourismus. Als Konkurrent zu E-Scootern, die vor allem für kürzere Strecken genutzt werden, betrachte man sich hingegen nicht, so Jürgen Gudd, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Connect.
Stau bei Fahrrad-Reparatur – zwei Auszubildende gesucht
Der Ausbau der StadtRAD-Flotte erfordert dabei auch eine Verbesserung der Reparatur- und Wartungsprozesse. Insgesamt 3600 Räder und 40 Lastenpedelecs stehen bislang an 300 Stationen zur Verfügung. Auch mit mehreren Sprintern und einem kompetenten Werkstatt-Team kommt man mit den Reparaturen kaum hinterher, schildert ein Werkstatt-Mitarbeiter. Obwohl er für eine Reparatur im Schnitt nur 45 Minuten benötige, renne man den Serviceanfragen hinterher.
Teilweise stünden beschädigte Räder mehrere Tage an den Stationen. Auf diesem Umstand möchte man reagieren und es biete daher nun auch zwei neue Ausbildungsplätze zum Zweiradmechatroniker an, um die Flotte fit zu halten, sagt StadtRAD-Konzernbevollmächtigte Ute Plambeck.
Boom scheint vorbei: StadtRAD wird seltener genutzt
Die beschlossenen Veränderungen sind dringend notwendig, denn die Hamburger nutzen das Radsharing-Angebot immer seltener. Insgesamt 1,7 Millionen Fahrten wurden im vergangenen Jahr gezählt, das sind etwa 230.000 Fahrten weniger als im Vorjahr. Selbst im Coronajahr 2020 waren es noch rund 2,1 Millionen Fahrten. Dennoch spricht Plambeck von einem Erfolgskonzept: Mit StadtRAD Hamburg verfolge man bereits seit 2009 konsequent und erfolgreich den Weg der nachhaltigen Mobilität, insgesamt 237.000 registrierte Nutzer zählt die StadtRAD Hamburg App, bei Call a Bike sind es bundesweit sogar rund eine Million.
Sind Stadträder zu schwer und klobig?
Kompromisse müssen Kunden aber nach wie vor bei der Flottenvielfalt eingehen, denn das StadtRAD-Angebot beschränkt sich auf zwei Modelle: das Fahrrad und das Lasten-Pedelec. Wer beim Radfahren gerne schnell und wendig unterwegs sein möchte, den schrecken die klobigen und schweren Räder wohl bislang noch von einer alltäglichen Verwendung ab.
Diesen Radfahreren muss Jürgen Gudd vorerst eine Absage erteilen, denn die Räder bräuchten eine Straßenzulassung, eine gewisse technische Grundausstattung und im öffentlichen Raum sei eine hohe Robustheit unersetzlich. Auf eine E-Bike-Variante, die sowohl RideSharing-Anbieter, als auch Langzeitvermieter bereits anbieten, warten Nutzer ebenfalls vergeblich.
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Auch wolle man am stationsgebundenen Verleih festhalten. Während es bei anderen privaten Anbietern schon lange möglich ist, die Räder an einem beliebigen Ort anzumieten und wieder abzustellen, muss man als StadtRAD-Nutzer erst nach einer der 300 Stationen suchen. Auch wenn eine sog. Freeflow-Option technisch umsetzbar wäre, habe man schon seit längeren von dieser Variante Abstand genommen.
Gerade in anderen Großstädten wie Köln habe man schlechte Erfahrungen damit gemacht, denn frei abgestellte Fahrräder blockierten Bürgersteige und seien anfälliger für Vandalismus. Stattdessen setzte man auf einen kontinuierlichen Ausbau des Netzes: in den nächsten zwei Jahren sollen mehr als 50 neue Stationen eröffnet werden und damit ein breites Angebot für die Hamburger geschaffen werden.